
© IMAGO/Tilo Wiedensohler
Alba Berlins neuer Center: David McCormack ist der Lichtblick in der Krise
Die Lage bei Alba Berlin ist weiter ernst, doch nicht alles ist schlecht. Center David McCormack hat sich innerhalb weniger Wochen unverzichtbar gemacht und begeistert mit seiner Energie.
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David McCormack ärgert sich. Der Center von Alba Berlin ist zwar beim Wurfversuch gefoult worden, geht aber den Bewegungsablauf noch einmal durch. Ball vor die Brust in beide Hände, Arme schwungvoll heben und hochsteigen. Die Szene aus dem Spiel gegen Žalgiris Kaunas am Dienstag sagt einiges über den 25 Jahre alten US-Amerikaner aus.
Auch wenn er nach seinen dreieinhalb Wochen in Berlin bereits viel Lob bekommt, geht McCormack sehr selbstkritisch mit seinen Leistungen um. Daran ändert auch sein persönlicher Bestwert von 19 Punkten nichts. „Wir haben zu viele Offensivrebounds zugelassen. Da muss ich mehr Verantwortung übernehmen“, sagt er am Dienstag nach der deutlichen Niederlage gegen die Litauer.
Die Situation bei Alba ist weiter sehr ernst. Wettbewerbsübergreifend stehen die Berliner nach 27 Spielen erst bei sieben Siegen. In der Bundesliga ist der elffache Deutsche Meister Tabellen-15., in der Euroleague vor dem Auswärtsspiel an diesem Freitag (20.15 Uhr, Magentasport) bei Titelkandidat Olympiakos Piräus Schlusslicht.
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Wähnten sich Spieler und Verantwortliche nach der knappen Niederlage gegen Partizan Belgrad vor einer Woche noch auf dem richtigen Weg, war die schwache Leistung gegen Kaunas ein erneuter Rückschlag.
Sucht man bei Alba nach etwas, was Hoffnung macht, nach einem Lichtblick, landet man schnell bei McCormack. Der Center wurde erst am 25. November von Olimpia Mailand verpflichtet, hat sich in sieben Spielen aber bereits zur klaren Nummer eins auf seiner Position entwickelt. Während das 2,08 Meter große Kraftpaket in Italien nur eine kleine Nebenrolle einnahm, zeigt er bei Alba sofort sein Potenzial.
In der Euroleague hat er für die Berliner im Schnitt 14,8 Punkte erzielt und 6,6 Rebounds geholt. Das sind absolute Topwerte. Mindestens ebenso wichtig ist aber sein emotionaler Beitrag. „Er ist ein wichtiges Puzzlestück für unser Team“, sagt Kapitän Martin Hermannsson. „Er ist athletisch, er ist aggressiv. Es wäre schön, wenn sich alle ein Beispiel an ihm nehmen würden.“
Dass sich McCormack bei Alba so schnell integriert hat, noch dazu in einem verunsicherten Team ohne Rhythmus, ist nicht selbstverständlich. Seit Oscar da Silva, der 2021 aus Ludwigsburg kam, hat keine Nachverpflichtung so unmittelbar eingeschlagen in Berlin.
„Für mich ist es egal, ob ich zum Tabellenersten oder dem Tabellenletzten komme, ich werde immer alles geben“, sagt McCormack. Es gehe um Einstellung und Einsatz. „Ich kontrolliere alles, was in meiner Macht liegt, und hoffe, dass meine Energie auf meine Teammates abfärbt.“
Fünftes Team in zweieinhalb Jahren
Natürlich läuft auch bei McCormack nicht alles rund. Die Abstimmung mit den Mitspielern ist noch nicht perfekt, es wird noch Wochen dauern, bis er alle Automatismen verstanden hat. Kontinuität kennt der in der Bronx geborene Basketballer in seiner Profilaufbahn bisher nicht.
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Nachdem er 2022 mit der University of Kansas die nationale College-Meisterschaft gewonnen hatte – mit 15 Punkten und 10 Rebounds im Finale gegen North Carolina –, ging es in Europa viel hin und her. Er begann bei Beşiktaş und wechselte dann zweimal innerhalb Istanbuls zu Darüşşafaka und Galatasaray. Im vergangenen Sommer holte ihn Mailand in die Euroleague, nach knapp vier Monaten zog er weiter zu Alba.
Dabei wirkt McCormack nicht wie der typische Wandervogel, der nur sich selbst im Kopf hat. Seine Ausstrahlung ist positiv, er ermuntert seine Mitspieler, äußert sich in den Medien selbstkritisch und bescheiden. „Mit seiner vorbildlichen Einstellung und Energie ist die Phase der Integration ins Team kürzer“, sagt Sportdirektor Himar Ojeda.
David fehlen im Vergleich mit Khalifa einige Zentimeter, aber er gibt uns viele andere Dinge.
Himar Ojeda, Albas Sportdirektor
Im Vergleich mit seinem Vorgänger Khalifa Koumadje, der erst suspendiert wurde und dann nach China wechselte, ist McCormack vielseitiger. Koumadje hatte mit seiner außergewöhnlichen Größe von 2,21 Metern eine „andere Dimension“, wie Ojeda sagt. Gegen ihn trauten sich viele Gegner erst gar nicht, zum Korb zu ziehen.
Trevion Williams steckt in einem Tief
Allerdings wirkte Koumadje außerhalb der Zone verloren und war daher nur in gewissen Phasen und gegen gewisse Gegner hilfreich. „David fehlen im Vergleich mit Khalifa einige Zentimeter, aber er gibt uns viele andere Dinge: Athletik, Energie, Geschwindigkeit und mehr Punkte in der Offensive“, sagt Ojeda.
Dass McCormack für Alba nach wenigen Wochen bereits elementar wichtig ist, hat auch noch mit einer anderen Personalie zu tun. Nach starkem Saisonstart steckt Trevion Williams in einem sportlichen und mentalen Loch. Das hat laut Ojeda aber nichts damit zu tun, dass Olympiakos Piräus Medienberichten zufolge an einer Verpflichtung des Big Man interessiert war, sondern an der enormen Erwartungshaltung.
Im Sommer kam Williams als Königstransfer nach Berlin und wurde wegen seiner vielseitigen Spielweise oft mit Luke Sikma verglichen. „Diese Verantwortung war zu viel für ihn und das hat ihn mental belastet“, sagte Ojeda. „Wir wollen versuchen, dass er sein Spiel langsam wiederfinden kann.“
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