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Anfeindungen gegen Nationalspielerin Lohmann: Wer hetzt, hasst auch den Fußball
Nach dem Halbfinal-Aus ist Sydney Lohmann in den sozialen Medien heftigen Vorwürfen ausgesetzt. Dabei rechtfertigt kein Fehler solche Kommentare – das sollte endlich klar sein.

Stand:
657.291 Menschen waren bei der Fußball-Europameisterschaft in der Schweiz in den Stadien dabei – mehr als bei jeder bisherigen EM der Frauen. Auch die Einschaltquoten im TV waren beeindruckend. Das Turnier wird als großer Erfolg in die Geschichte des Frauenfußballs eingehen.
Doch mit der wachsenden Aufmerksamkeit und Beliebtheit verschlägt es zugleich immer mehr Menschen in die Stadien und Kommentarspalten der sozialen Medien, die dem Fußball der Frauen bislang weitestgehend ferngeblieben waren. Überwiegend Männer ziehen plötzlich über die Spielerinnen her und machen höhnische, teils beleidigende Kommentare.
Welche brutalen Ausmaße das annehmen kann, musste die deutsche Nationalspielerin Sydney Lohmann in den vergangenen Tagen erleben. Im Spiel gegen Spanien hatte ein Fehler von ihr zum gegnerischen Treffer geführt, der letztlich das EM-Aus der Deutschen besiegelte.
Insbesondere auf Instagram wurde sie dafür massiv angefeindet. Viele machten ihr heftige Vorwürfe, forderten sie auf, ihre „Schuhe aufzuhängen und ab in die Küche zu gehen“ und vereinzelt las man sogar die Aufforderung, sich das Leben zu nehmen. Die Fußballplattform „90 Min“ hatte zuerst darüber berichtet.

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Nichts rechtfertigt solche Kommentare. Kein misslungener Pass, kein Foul, kein verschossener Elfmeter dürfen dazu führen, dass eine Spielerin Hass und Hetze ausgesetzt ist. Solche Aussagen haben im Fußball und anderen Sportarten nichts zu suchen und es ist schlimm genug, dass man das immer und immer wieder betonen muss. Schließlich haben etliche Sportler und Sportlerinnen in der Vergangenheit deutlich gemacht, welch schwere psychische Auswirkungen das haben kann.
Natürlich mussten sich insbesondere Frauen im Fußball immer schon gegen Anfeindungen wehren, aber die sozialen Medien bringen eine neue Dimension mit sich. Völlig ungefiltert müssen sich Spielerinnen dort unmittelbar nach einem Match oder während eines Großturniers für ihr Verhalten auf dem Platz rechtfertigen, so auch Kathrin Hendrich nach ihrer Roten Karte gegen Frankreich.
Die Anonymität des Internets werde leider oft missbraucht, sagte auch Robin Gosens einmal, und dabei werde vergessen, dass hinter dem Fußballer ein Mensch mit Gefühlen stecke. Zumal die Anfeindungen sich oftmals nicht auf den virtuellen Raum beschränken, sondern darüber hinausgehen, wie man an den Stalking-Fällen im Tennis sieht.
Umso wichtiger ist es, dass Mitspielerinnen wie Laura Freigang und Fans sich nun hinter Lohmann stellen. Auf Instagram finden sich hunderte Kommentare, in denen Fans Solidarität bekunden, wertschätzende Worte finden und das Verhalten der Hater verurteilen.
Ihre Botschaft ist klar: „Für euch ist hier kein Platz, wer sich so verhält, hat im Fußball der Frauen nichts zu suchen.“ Sie verteidigen ihren Raum gegen diejenigen, die ihn für ihre Hetze missbrauchen – und das ist jetzt wichtiger denn je.
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