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Aus im Viertelfinale der Heim-EM: Deutschland verliert dramatisch in der Verlängerung gegen Spanien
In Stuttgart wacht die deutsche Nationalelf erst nach dem Gegentor auf und gleicht in letzter Sekunde der regulären Spielzeit aus. Doch Spanien schlägt in der Verlängerung nochmal zu und gewinnt 2:1.
Stand:
Auf der Auswechselbank hielt es niemanden mehr auf seinem Platz. Die deutschen Spieler sprangen jubelnd auf und sprinteten quer über den Platz zu Florian Wirtz. Der 21-Jährige hatte gerade in letzter Minute den Ausgleichstreffer erzielt, der die Fußball-Nationalmannschaft in die Verlängerung rettete. Lange hatte es im Stuttgarter Neckarstadion nach einer knappen Niederlage gegen Spanien ausgesehen. Doch kurz vor Schluss brachte Wirtz die 52.000 Zuschauenden zwischenzeitlich zum Feiern.
Umso dramatischer war die Situation, als der erneute Führungstreffer der Spanier in der 119. Minute fiel. Das Tor von Mikel Merino zum 2:1 (0:0)-Endstand besiegelte das Aus der deutschen Mannschaft im Viertelfinale der Heim-EM. „Ich kämpfe mit den Tränen. Die Jungs haben in den letzten sechs Wochen echt viel reingeschmissen. Heute haben sie unverdient verloren“, bilanzierte Julian Nagelsmann.
Gegen Spanien wartete der Bundestrainer bei seiner Aufstellung erneut mit einer Überraschung auf. Er setzte zunächst auf Emre Can im defensiven Mittelfeld und nicht auf Robert Andrich. Während Leroy Sané und David Raum nach dem Achtelfinalsieg über Dänemark wieder von Beginn an ran durften, kehrte Jonathan Tah nach abgesessener Gelbsperre in die erste Elf zurück und ersetzte Nico Schlotterbeck. Auf der anderen Seite vertraute Trainer Luis de la Fuente derselben Elf, die sich im am vergangenen Sonntag gegen Georgien durchgesetzt hatte.
Das deutsche Team startete dabei extrem nervös in das Duell mit dem ausgemachten Angstgegner. In der Anfangsphase häuften sich die Ungenauigkeiten und in den Zweikämpfen fehlte das richtige Timing. Nach nur acht Minuten musste der Spanier Pedri verletzt ausgewechselt werden, nachdem Toni Kroos viel zu spät gekommen war und den 21-Jährigen am Knie erwischt hatte. Wenige Sekunden nach Anpfiff hatte der Spieler des FC Barcelona Manuel Neuer im Tor der deutschen Mannschaft mit einem Schuss von der Sechzehnerkante auf die Probe gestellt.
Während die Spanier den Gastgeber früh im Aufbau störten, lief dieser mitunter erst nach der Mittellinie an. Diese Taktik schlug in der ersten Viertelstunde zugunsten der Spanier aus, die sich immer wieder durch die Ketten spielten und viel Platz in der Mitte bekamen. Nach einem Ballverlust von Kapitän İlkay Gündoğan konnte Antonio Rüdiger den für Pedri eingewechselten Dani Olmo kurz vor dem eigenen Tor nur noch mit einem Foul stoppen.
So langsam schien sich das deutsche Team dann aber gefunden zu haben. Das lag auch an Kroos, der sich oftmals weit nach hinten fallen ließ, um mit seinem sicheren Aufbauspiel Ruhe in die deutsche Mannschaft zu bringen. Nach vorne waren nun ebenfalls gute Ansätze zu erkennen.
Die Spanier blieben bei Ballgewinnen aber gefährlich und verzeichneten durch Minute Fabián Ruiz einen weiteren Abschluss aus aussichtsreicher Position. Vor allem Can, dem Nagelsmann im Vorfeld noch einen Tempovorteil gegenüber Ruiz attestiert hatte, kam oftmals einen Schritt zu spät.
Deutschland hatte erst nach zwanzig Minuten die erste gute Gelegenheit. Nach einem Seitenwechsel konnte Joshua Kimmich von rechts flanken und fand Kai Havertz in der Mitte. Dieser brachte allerdings nicht genug Druck hinter seinen Kopfball. Havertz stand auch in der 35. Minute im Fokus, als er einen langen Ball von Rüdiger gut an- und mitnahm, dann aber erneut die nötige Kraft im Abschluss vermissen ließ.
Kurz vor der Halbzeit verlor der 25-Jährige einen Ball in der Vorwärtsbewegung, was Olmo ausnutzte und aus rund 25 Metern wuchtig abzog. Neuer wehrte den Aufsetzer gerade noch so zur Seite ab.
Deutsche Mannschaft wird erst nach dem Rückstand gefährlich
In der Pause reagierte Nagelsmann auf die schwache erste Hälfte seiner Mannschaft und brachte Robert Andrich für Can sowie Florian Wirtz für Sané. Die erste Chance nach dem Wiederanpfiff gehörte aber den Spaniern. Lamine Yamal setzte Kapitän Álvaro Morata gut in Szene, der sich im Strafraum gegen Tah aufdrehte, aus fünf Metern aber über das Tor schoss.
Wenige Minuten später passierte es dann: Wieder stimmte beim deutschen Team die Zuteilung im Rückraum nicht, sodass Olmo aus sechzehn Metern, nach einem Pass von Yamal, unbedrängt ins linke Eck einschieben konnte und Spanien in Führung brachte.
In der Folge bäumte sich die deutsche Mannschaft auf und spielte mit deutlich mehr Tempo nach vorne. Es dauerte aber, bis sie mal wieder zu einer Torchance kam: Nach einer Flanke in der 71. Minute legte der eingewechselte Niclas Füllkrug auf Andrich ab, der Leverkusener scheiterte am gut parierenden Unai Simón. Kurz darauf rettete der rechte Pfosten die spanische Mannschaft nach einem Abschluss Füllkrugs.
Von den Rängen erhielt das deutsche Team nun noch mehr Unterstützung als ohnehin schon und warf anschließend alles nach vorne. Als alles schon nach einer Niederlage aussah, schlug Florian Wirtz zu und erzielte nach Vorarbeit von Kimmich das 1:1, welches dem DFB-Team die Verlängerung sicherte.
Dort war es ein Duell auf Augenhöhe, in dem sich zunächst keine Mannschaft große Möglichkeiten herausspielen konnte. Kurz vor Ende der ersten Halbzeit schoss schließlich Mikel Oyarzabal am langen Pfosten vorbei, dann vergab Wirtz knapp.
Nach dem erneuten Seitenwechsel herrschte wieder Aufregung im Strafraum der Spanier, diesmal aufgrund eines Handspiels von Marc Cucurella nach einem Schuss von Jamal Musiala. Doch Schiedsrichter Anthony Taylor stand gut und entschied sich gegen einen Strafstoß.
Anschließend war es ein offener Schlagabtausch - mit dem besseren Ende für Spanien. Nach einer Flanke von Olmo schraubte sich Merino in die Höhe und köpfte unhaltbar zum 2:1-Endstand ein. „Ich bin kaputt, total kaputt. Aber ich bin auch so stolz, was für ein tolles Team wir haben, wir haben bis zum Schluss gekämpft. Dieser Sieg war für Pedri“, sagte Olmo, der anschließend zum Spieler des Spiels gewählt worden war.
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