
© Imago Images/Christian Moser
Triumph in der Champions League: Dem TTC Eastside gelingt das etwas andere Triple
Die Tischtennisspielerinnen vom TTC Eastside gewinnen im Jahr 2020 doch noch die Champions League – dank einer nervenstarken Nina Mittelham im Finale.
Stand:
Für Chips und Getränke hatte es doch noch gereicht. Diese organisierten die Tischtennisspielerinnen des TTC Eastside nach dem 3:2-Sieg im Finale der Champions League gegen Linz AG Froschberg sehr spät an einer Linzer Tankstelle und saßen anschließend bis Mittwochfrüh um drei Uhr im Hotelzimmer von Trainerin Irina Palina zusammen. Mehr war nicht möglich in Zeiten der Coronavirus-Pandemie.
„Eine richtige Feier war das nicht, aber es war schön und wird in Erinnerung bleiben“, erzählte Nina Mittelham am Vormittag danach. Sie war zu dieser Zeit im Auto unterwegs in Richtung ihres Heimatortes Willich in Nordrhein-Westfalen.
Auch die anderen Teammitglieder fuhren individuell aus Österreich nach Hause. Nach einem dramatischen Endspiel als Höhepunkt der in einer Turnierblase ohne Zuschauer ausgetragenen Champions League. Und mit gutem Ausgang für die Berlinerinnen.
Nina Mittelham wird zur Heldin des Abends
„Unsere Heldin“, hatte der TTC Eastside bei Facebook am Dienstagabend zu einem Foto von Nina Mittelham mit dem Pokal geschrieben. „So würde ich mich nicht bezeichnen, wir haben alle ein Spiel gewonnen, es war eine Teamleistung“, sagt Mittelham. Sie, Shan Xiaona und Britt Eerland steuerten je einen Punkt bei. Allerdings lastete der Druck nach der Niederlage von Shan gegen Liu Jia am Ende komplett auf Mittelham. Die dazu noch in ihrem ersten Einzel von Sofia Polcanova eine Lehrstunde erhalten hatte.
Mittelham verlor im Abschlusseinzel gegen Margarita Pesotska den ersten Satz 4:11. „Da wollte ich nur noch nach Hause. Ich dachte, das wird nichts“, erinnert sich die 24-Jährige. Statt zu verzweifeln, schaffte sie das einzig Richtige: „Ich habe den Kopf abgeschaltet.“ Mittelham fand ins Spiel, führte 2:1 nach Sätzen, und musste schließlich in den Tiebreak. Den gewann sie trotz einer verspielten 3:0-Führung und eines Fehlaufschlags mit 6:4. Sie riss die Arme hoch und sank auf den Hallenboden.
Davon hatte Alexander Teichmann nichts mitbekommen. Eastsides Präsident war wegen der aktuellen Coronavirus-Situation nicht vor Ort, er schaute per Livestream. Der Stream lief bis nach 23 Uhr fast drei Stunden stabil, fiel aber im fünften Satz aus. Während Teichmann versuchte, auf seinem Handy die Verbindung wieder herzustellen, ging eine Nachricht von Manager Andreas Hain aus der Halle ein: „Gewonnen“.
[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Eastside dominiert das deutsche Tischtennis, gehört auch in Europa zu den besten Adressen. Doch nach 2017 wollte es dort mit dem Titel nicht mehr klappen. In der vergangenen Saison hatten die Verantwortlichen den wohl besten Kader der Vereinsgeschichte zusammengestellt.
Dann kam Corona und die Champions League endete vor dem Halbfinale. Jetzt hat Eastside mit einer immer noch starken, aber nicht mehr ganz so außergewöhnlich gut besetzten Mannschaft, den Wettbewerb zum fünften Mal gewonnen.
Regelmäßige Corona-Tests gehörten zum Turnier, alle Beteiligten pendelten nur zwischen Hotel und Halle, auch bei der Siegerehrung wurden Masken getragen. Zudem hatten Teams aufgrund der Coronavirus-Lage abgesagt, darunter die polnische Spitzenmannschaft KTS Tarnobrzeg. Den Erfolg soll das nicht schmälern. Fünf Turnierspiele, fünf Siege, das belegt die Klasse der Berlinerinnen.
Versöhnlicher Abschluss eines schwierigen Jahres
Die Pandemie hat auch im Tischtennis von allen viel abverlangt. Erst die Pause ab Frühjahr, im Sommer ging es dann wieder los mit Turnieren und Ligen. Aber es gab häufig Absagen. „Teilweise weiß ich gar nicht, wofür ich eigentlich trainiere. Diese Ungewissheit ist ätzend“, sagt Mittelham. Der Triumph in Linz sei daher „definitiv ein versöhnlicher Abschluss des Jahres“.
Im Individualsport Tischtennis wird in erster Linie auf die Einzelerfolge geschaut, Mittelham hat national und international schon einige geholt, „aber als Team zu gewinnen, ist umso schöner“. Es war Mittelhams erster Champions-League-Sieg.
Aus dem „insgesamt sehr gedämpften Jahr“, wie Teichmann es nennt, hat Eastside mit drei Titeln sportlich das Optimum herausgeholt. Den deutschen Pokal im Januar, die Meisterschaft wurde dem Spitzenreiter nach dem Abbruch zuerkannt, jetzt kam die Champions League dazu. „Nun ist es kein Saison-, sondern ein Jahres-Triple geworden“, sagt Teichmann. Am Dienstagabend hat er sich darauf eine Flasche Sekt aufgemacht. Zumindest die Siegerehrung konnte er noch sehen. Der Livestream hatte sich kurz nach dem Matchball zurückgemeldet.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: