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Die Aigners auf der Stange: Barbara, Veronika, Johannes und Elisabeth (von links).

© Imago

Vier Aigner-Geschwister starten bei Paralympics: „Die Mama ist da ein bisschen nervös“

Johannes Aigner und drei seiner Schwestern gehen für Österreich an den Start. Der Bruder hat in Peking schon einen kompletten Medaillensatz zusammen.

Von Max Fluder

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

An der österreichischen Familie Aigner kommt man bei diesen Paralympics nicht vorbei. Vier Aigner-Geschwister fahren die Abfahrten in Yanquing hinunter. Der 16-jährige Johannes „Hansi“ Aigner hat bereits vier Medaillen in der Abfahrt geholt und ist damit einer der erfolgreichsten Athleten der Winter-Paralympics in China. Seine Schwestern – zwei als Athletinnen, eine als Guide – starten an diesem Wochenende. Hier sprechen Johannes Aigner und sein Guide, Matteo Fleischmann, 20, über Erfolg und Familie.

Herr Aigner, wie fühlt es sich an, wenn man mit fast der ganzen Familie in Peking ist und antritt?

AIGNER: Grundsätzlich ist es schon ein schönes Gefühl, seine Erfahrungen teilen zu können. Ich weiß, dass die Mama da ein bisschen nervös ist bei den Rennen im Ziel.

Ist man es gewohnt, dass alle dabei sind?

AIGNER: Gewohnt würde ich jetzt nicht sagen, weil wir ja normalerweise alle allein zu den Rennen fahren. Da musst du voll auf die Rennen fokussiert sein, dass du dann meistens eh nicht so viel Zeit hast, um auf die anderen zu schauen.

Verbringen Sie mehr Zeit mit der Familie, den Schwestern, den Eltern – oder mit Matteo Fleischmann, deinem Guide?

AIGNER: Mehr mit der Familie, weil ich ja noch daheim lebe. Aber ich unternehme mit dem Matteo doch schon viel.

Und wie ist es gerade in Peking?

AIGNER: Hier ist es mehr Zeit mit dem Matteo. Die Rennen stehen einfach an erster Stelle und da hast du keine Zeit, dass du da ein bisschen familiär herumhängen kannst.

Wie haben Sie beide sich kennengelernt?

FLEISCHMANN: Wir haben uns kennengelernt durch meine Freundin, durch die Klara, weil die zuvor schon mit der Babsi, mit Hansis Zwillingsschwester, Guide gefahren ist. Bei einem gemeinsamen Essen hat mich die Johannes seine Mama dann gefragt, ob ich, sollte ich jemals aufhören als Aktiver, es als Guide probieren will. Zu dem Zeitpunkt bin ich auch selbst noch aktiv gewesen.

Und weiter?

FLEISCHMANN: Nicht einmal ein halbes Jahr später habe ich dann aufgehört - und dann hat es ab dem erstem Kurs, den ich mit dem Johannes gefahren bin, auf Anhieb sehr gut funktioniert. So gut, dass dann der Trainer gleich gesagt: Passt, das übernehmen wir so.

Was hat gut funktioniert?

FLEISCHMANN: Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Die Bindung, die Harmonie zwischeneinander – hat gut gepasst. Ich war im ersten Moment tatsächlich ein wenig schockiert vom Johannes, dass der da so wild die Hänge runterfährt.

Gold, Silber. Bronze: Das Duo Fleischmann/Aigner räumt in Peking ab.
Gold, Silber. Bronze: Das Duo Fleischmann/Aigner räumt in Peking ab.

© IMAGO/GEPA pictures

Was macht den Zusammenhalt zwischen Ihnen aus?

FLEISCHMANN: Ich weiß nicht, was denkst du, Johannes?

AIGNER: Weiß ich auch nicht, das kann man nicht so einfach sagen.

FLEISCHMANN: Ich glaube, wir haben teilweise die gleichen Interessen und Hobbys. Wir finden immer etwas, über das wir uns unterhalten. Er ist wie ein Bruder für mich.

Wie ist es eigentlich, wenn alle in der Familie Ski fahren?

AIGNER: (Stöhnt) Wie soll ich das sagen? Es hat halt jeder das gleiche Hobby, aber jeder muss für sich schauen, wie es weitergeht. Denn jeder hat, sage ich jetzt mal, individuelle Probleme beim Skifahren und muss diese Probleme selber beheben. Das Skifahren verbindet halt alle. Hin und wieder unterhalten wir uns auch darüber.

Wie war es für Sie als einziger Bruder?

AIGNER: Das ist schwierig, weil es – wie soll ich sagen – okay ist, normal irgendwie, gut.

Hat man sich da früher mit der Familie gemessen?

AIGNER: Eigentlich nicht. Die anderen fahren halt doch in einer anderen Klasse, wir fahren ja nicht gegeneinander. Wir wollen uns auch gegenseitig nicht den Druck machen. Wir wollen einfach das fahren, was wir können. Dann wird das schon nicht so schlecht ausschauen.

Was macht die Familie, wenn Sie alle durch sind?

AIGNER: Wenn wir daheim sind und nicht auf der Piste, dann geht jeder seinen Interessen nach. Die Vroni geht reiten, die Babsi kümmert sich um ihre Hendln, ich bastel ein bisschen an Elektronik. Da reden wir grundsätzlich nicht so viel vom Skifahren, weil wir froh sind, daheim zu sein und etwas anderes zu machen.

Wie fühlt es sich an mit 16 bereits Gold, Silber und Bronze gewonnen zu haben?

AIGNER: Das ist schon ein schönes Gefühl, aber es fühlt sich auch eigen, ein bisserl komisches an. Eben weil ich weiß, dass es in wenigen Wochen wieder ganz anders sein wird. Wenn ich wieder in der Schule zurück bin, wird es vermutlich sein wie vorher.

Was kommt denn jetzt?

AIGNER: Jetzt ist der Satz eigentlich voll. Für die nächsten Rennen werden wir uns das Motto geben: Alles ist anders oder nicht. Und da werden wir dann schon schauen, was rauskommt.

Herr Fleischmann, Sie hatten eben schon gesagt, das sei ein brüderliches Verhältnis. Fühlen Sie sich wie ein Teil der Familie?

FLEISCHMANN: Ja, definitiv. Ich werde auch von den Schwestern unterstützt bei den Rennen. Und wir beide werden es in die andere Richtung auch machen, sobald die ihre ersten Rennen haben.

Wie drückt sich das aus?

FLEISCHMANN: Zum Beispiel die Hansi seiner Mama, die Petra, die versucht uns bei jedem Problem das wir haben, zu unterstützen. Sie versucht mich und Klara, die die einzigen zwei sind, die jetzt nicht ihre Kinder sind, gleich zu behandeln.

Mit Rücksicht. Guide Fleischmann und Aigner rasen die Paralympics-Abfahrt hinab.
Mit Rücksicht. Guide Fleischmann und Aigner rasen die Paralympics-Abfahrt hinab.

© Imago

Warum ist die Familie Aigner so erfolgreich?

FLEISCHMANN: Der Grund für die Erfolge ist, würde ich sagen, dass sie ihre Behinderung von Geburt an haben, dass sie von Haus aus wissen, mit alledem umzugehen. Das Zweite ist, dass sie geschaut haben, dass sie dann wieder auch nichts anderes lernen wie Skifahren. Der Hansi war wie ich erst einmal in Lilienfeld, an der Michaela-Dorfmeister-Skischule. Und jetzt ist er in Waidhofen an der Ypps, im Trainingszentrum. Hansi, was denkst du?

AIGNER: Ne, das hätte ich jetzt genauso vermittelt. Weil man’s ja doch schon von Geburt an haben, die Behinderung, und da schon von Anfang an Skifahren waren. Ich glaube, das ist schon eines der Erfolgsrezepte, was zurzeit einfach aufgeht.

Spornt es an, wenn man weiß, dass die ganze Familie hinter einem steht?

AIGNER: Ja, das auf jeden Fall. Wäre es anders, dann wäre es nämlich schwierig.

Werden wir auch in Zukunft von der Familie Aigner hören?

AIGNER: Das denke ich schon – ich gehe einfach mal davon aus. Wir werden schauen, was die Zukunft bringt.

Sie stehen ja jetzt schon im Fokus, werden in Österreich gefeiert. Finden Sie das gut?

FLEISCHMANN: Ich finde es gut, dass – eigentlich seit der WM in Lillehammer – die Medienpräsenz von Para-Sport extrem gestiegen ist. Dass auch die Anerkennung gestiegen ist und da einfach immer mehr kommt. Genauso wie jeder Nichtbehinderte, der einen Spitzensport betreibt, stecken Para-Sportler 110 Prozent von einem Leben darein und geben alles dafür.

AIGNER: Matteo hat eigentlich alles gesagt, ich habe nichts mehr zu machen hier.

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