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Mit einem unglaublichen Endspurt sicherte sich Tanja Scholz den Sieg über 150 Meter Lagen.

© IMAGO/Ralf Kuckuck

Die Para-Schwimmer machen den Anfang: Im Endspurt zur Goldmedaille

Tanja Scholz und Josia Topf bereiten dem Warten ein Ende und lassen in Paris die Nationalhymne erklingen. Zudem gab es fürs deutsche Team Bronze im Rudern und Bahnradfahren.

Von
  • Svea Frey
  • Tim Hensmann

Stand:

Zum ersten Mal ertönte am Sonntagabend die deutsche Nationalhymne bei einer Medaillenzeremonie der Paralympics in Paris. Vier Tage lang musste sich Team Deutschland gedulden – bis die beiden Para-Schwimmer Tanja Scholz und Josia Topf die Konkurrenz hinter sich ließen. Innerhalb von nur zehn Minuten erkämpften sie sich jeweils Gold über die 150 Meter Lagen.

„Da kommen einem die Tränen, das ist unglaublich“, sagte Scholz nach dem Rennen. Dabei hatte sie es lange spannend gemacht. Nach den ersten 50 Metern lag sie nur auf Platz fünf: „Rücken kann ich einfach nicht. Das ist immer beschissen“, sagte die Weltmeisterin. Auch Topf, der eine Fehlbildung der Arme hat, wurde seiner Favoritenrolle als Vizeweltmeister gerecht und gewann sein Rennen.

Bereits im Vorlauf am Sonntagmorgen hatte die querschnittgelähmte Scholz gezeigt, was auch nach drei harten Wettkampftagen noch in ihr steckt. Mit einer Zeit von 2:58.49 zog die Elmshornerin als Zweite in das Finale ein. Einzig gegen die unter neutraler Flagge startende Russin Nataliia Butkova musste sie sich geschlagen geben. Etwa neun Stunden später sollte das anders laufen.

Auf der zweiten von drei Bahnen konnte sie den Abstand auf die führende Ukrainerin Maryna Verbova entscheidend verkürzen und erreichte als Dritte die Wende. Jetzt hieß es auf den letzten 50 Metern alles geben. Mit einem unglaublichen Endspurt überholte Scholz die Konkurrenz und schlug als Erste an.

„Die letzten 50 Meter wusste ich: Jetzt muss ich bis zum Herzinfarkt Gas geben“: Para-Schwimmer Josia Topf

© IMAGO/Ralf Kuckuck

„Ich habe erst gedacht, dass Butkova vor mir war“, sagte Scholz. Nach einem Blick auf die Tafel wurde ihr klar, „dass da mein Name steht“. Für die deutsche Mannschaft setzte es am Sonntag in Paris zudem jeweils Bronze im Para-Rudern und beim Bahnradfahren mit Guide.

Nach dem Rennen folgte direkt am Beckenrand die Umarmung mit Ehemann und Starthelfer Björn Scholz. „Da ist dann eine enorme Last abgefallen“, sagte Scholz. Ihr Mann habe seine Stelle reduziert, damit er sie begleiten kann. Auch die Kinder hätten viel einstecken müssen. „Vor vier Jahren war ich noch in der Klinik und dachte, mein Leben ist vorbei“, sagte Scholz, die seit einem Reitunfall auf den Rollstuhl angewiesen ist: „Und jetzt sitze ich hier und habe Gold gewonnen.“

Josia Topf legt nach

Etwa zehn Minuten später kam Josia Topf für seinen Start in die Schwimmhalle. Hinter ihm wurde die deutsche Flagge eingeblendet, und der Erlanger winkte lächelnd in die Fernsehkamera. Bei den vergangenen Sommerspielen 2021 in Tokio hatte es für ihn über die 150 Meter Lagen für Platz sechs gereicht. „Ich möchte auf jeden Fall eine neue Bestzeit schwimmen“, hatte sich Topf, der mit dem TAR-Syndrom geboren wurde, nach seinem Vorlauf am Sonntagmorgen bescheiden geäußert.

Der Para-Schwimmer verpasste sein Ziel im Finale – seine Zeit sollte aber trotzdem für die Goldmedaille reichen. Topf strahlte über beide Ohren: „Es bedeutet mir unglaublich viel. Ich fühle mich großartig“, sagte er nach seinem Rennen.

Auf der ersten von drei Bahnen war Topf allen sieben Konkurrenten davongezogen. „Das Rennen fing perfekt an. Ich bin in einen guten Rhythmus reingekommen“, sagte er. Auf den zweiten 50 Metern brach er beim Kraulen dann etwas ein und schwamm fast 20 Sekunden langsamer als sein Konkurrent Ahmed Kelly. Auch der Australier Grant Patterson überholte Topf, der vor der letzten Wende auf Rang drei zurückfiel. 

„Die letzten 50 Meter wusste ich: Jetzt muss ich bis zum Herzinfarkt Gas geben“, sagte Topf nach dem Rennen, mit Deutschlandfahne um den Hals. Mit einem sensationellen Schlussspurt holte er den Australier Patterson ein und dachte: „Den Kelly kriege ich jetzt auch noch.“ 

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