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Einst Meister – und heute?: Wo früher sehr erfolgreiche Klubs jetzt spielen
Sie haben den deutschen Fußball mal mitbestimmt. Inzwischen sind sie in unteren Ligen zu Hause. Wir blicken auf große Vereine von einst, die unterhalb der Regionalliga kicken.
Stand:
Der FC Viktoria 89 hat am Wochenende einen Coup gelandet: 4:1 gegen Sparta Lichtenberg. Es war der erste Saisonsieg in der Nordstaffel der NOFV-Oberliga. Trotzdem ist Viktoria weiterhin Letzter, es droht der Durchmarsch nach unten von der Regional- in die Berlin-Liga.
Viktoria war 1908 und 1911 Deutscher Meister. Und ist bei weitem nicht der einzige ehemalige Titelträger, der inzwischen in unteren Spielklassen gelandet ist. Wir blicken hier auf Klubs (oder deren Vorgängervereine), die jetzt in der Fünftklassigkeit oder noch tiefer beheimatet sind.

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Die erste Meisterschaft bei den Männern unter dem Dach des Deutschen Fußball-Bundes fand im Jahr 1903 statt (das große Foto oben zeigt eine Szene aus dem Endspiel 1949 zwischen dem VfR Mannheim und Borussia Dortmund), in der DDR wurde ab 1949 der Meister der Oberliga gesucht. Eine große Zahl der Titelträger im DFB-Bereich ist auch heute noch in den beiden höchsten Ligen vertreten oder zumindest in der Dritten Liga (1860 München und Rot-Weiss Essen).
Viele der einstigen DDR-Meister spielen in der Regionalliga Nordost, beispielsweise Rekordmeister BFC Dynamo, die Leipziger Klubs Lok und Chemie oder Carl Zeiss Jena. Der Profibereich in Gestalt der Dritten Liga ist nicht unerreichbar. Deutlich weiter unten kicken dagegen andere Vereine:
Union 92 schlug den Favoriten aus Karlsruhe
1904 stand mit Britannia 92 bereits eine Berliner Mannschaft im Finale um die deutsche Meisterschaft. Doch der DFB sagte das Spiel kurzfristig ab, weil der im Viertelfinale gegen Britannia ausgeschiedene Karlsruher FV Protest eingelegt hatte. 1905 erreichte der Berliner TuFC (Thor- und Fußball-Club) Union 1892 das Endspiel. Nun konnte gespielt werden – Union 92 gewann 2:0 gegen den favorisierten Karlsruher FV.
1927 fusionierte Union 92 mit dem BFC Vorwärts 1890 zu Blau-Weiß 90. Blau-Weiß hatte seinen erfolgreichsten Zeiten in den 1980er Jahren, als es für eine Saison bis in die Bundesliga hoch ging. 1992 musste der Verein als Zweitligist Konkurs anmelden. Nachfolger SV Blau-Weiss startete in der Kreisliga C. Seit 2015 trägt der Verein wieder den Namen Blau-Weiß 90 und ist jetzt als Aufsteiger in der Berlin-Liga (6. Liga) dabei.
Der Freiburger FC wäre fast in die Bundesliga aufgestiegen
Der Freiburger FC ist zuletzt lange nur in zwei Spielklassen vertreten gewesen: Oberliga Baden-Württemberg oder Verbandsliga Südbaden. Doch in der Saison 2024/25 hat es den Deutschen Meister des Jahres 1907 erwischt – Abstieg in die Landesliga.

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1969 wäre der FFC, der über Jahrzehnte in der zweit- oder dritthöchsten Spielklasse beheimatet war, fast in die Bundesliga aufgestiegen. Von 1977 bis 1982 war der Klub Zweitligist.
Viktoria 89 stand gleich viermal im Finale um die Meisterschaft
Zunächst durfte ein Endspiel um die Meisterschaft nicht in einer der Städte stattfinden, aus der die Finalisten kamen. Das änderte der DFB jedoch alsbald, es musste nur noch auf neutralem Boden gespielt werden. So trat der Berliner TuFC Viktoria 89 im Jahr 1908 auf dem Platz von Germania 88 zum Finale gegen die Stuttgarter Kickers an. Viktoria siegte vor 4000 Besuchern in der Ringbahnstraße 3:1.
Drei Jahre später wurde Viktoria wieder Meister (in Dresden, 3:1 gegen den VfB Leipzig). Zudem gab es 1907 und 1909 Endspielteilnahmen.
Inzwischen heißt der Verein nach zahlreichen Fusionen offiziell FC Viktoria 1889 Berlin Lichterfelde-Tempelhof. Im jetzigen Klub ist auch der selbst vorher aus Fusionen entstandene Lichterfelder FC zu finden, der über eine riesige Jugendabteilung verfügte.
Viktorias Männer spielten 2021 noch in der Dritten Liga, stiegen im vergangenen Sommer aus der Regionalliga ab und sind jetzt Schlusslicht der Oberliga. Die 2022 ausgegliederte erste Frauenmannschaft ist am Ende der vorigen Saison in die Zweite Liga aufgestiegen.
Der Karlsruher FV spielt in der Kreisklasse B
„Der Altmeister“ nennt sich der Karlsruher FV auf seiner Webseite. „Fußball seit 1891“, steht dort auch. Damals rief Walther Bensemann, der den „Kicker“ gründete, den Verein in Leben.
Der KFV war deutscher Vizemeister (1905 und 1912) sowie 1910 Meister. Von der Spitze des Fußballs entfernte sich der Verein schnell. Aktuell spielt der Karlsruher FV, der in den 2000er-Jahren aus finanziellen Gründen vorübergehend gar nicht am Spielbetrieb teilnehmen konnte, in der Kreisklasse B (10. Liga).
Helmut Schön holte zwei Meistertitel mit dem Dresdner SC
Vizemeister 1940, danach zweimal Pokalsieger, und im Jahr 1943 errang der Dresdner SC dann auch den Meistertitel. Das schaffte der DSC 1944 erneut. Es war das letzte Mal während des Zweiten Weltkrieges, dass eine Meisterschaft zu Ende gespielt werden konnte. Beide Begegnungen fanden im Berliner Olympiastadion vor mehr als 70.000 Zuschauern statt, Gegner waren der FV Saarbrücken (heute 1. FC Saarbrücken) und der Luftwaffen-Sportverein Hamburg.

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Für Dresden auf dem Platz stand Helmut Schön, später Trainer der Vorgängerauswahl der DDR-Nationalmannschaft, des Saarlandes und der DFB-Elf, mit der er Welt- und Europameister wurde.
In der DDR hatte der Verein viele verschiedene Namen, 1990 entstand der Dresdner Sportclub 1898. Der DSC spielte einige Jahre in der seinerzeit drittklassigen Regionalliga, aktuell ist es die Sachsenliga (6. Liga).
Der VfR Mannheim setzte sich gegen Borussia Dortmund durch
Der größte Erfolg der Vereinsgeschichte ist auf der Homepage des Fünftligisten VfR Mannheim sofort zu entdecken. Ein Foto aus dem Jahr 1949 zeigt ein Schild mit der Aufschrift: „Wir grüßen den Deutschen Fußball-Meister“. Der VfR hatte vor gut 90.000 Zuschauern im Stuttgarter Neckarstadion 3:2 nach Verlängerung gegen Borussia Dortmund gewonnen.
Mannheim gehörte 1974 zu den Klubs, die beim Start der damals noch zweigleisigen Zweiten Liga dabei waren. Als Tabellenletzter der Süd-Staffel stieg der VfR ab.
Kurz nach dem größten Erfolg musste Turbine Halle in die Bezirksliga
Im Jahr 1952 holte sich Turbine Halle vor dem SV Deutsche Volkspolizei Dresden die DDR-Meisterschaft. 1954 entstand der Sportclub Chemie Halle-Leuna. Turbines Spieler verweigerten zunächst den Übergang dorthin. „Die Aussichten, weiterhin Oberligafußball zu spielen, führten letztendlich doch dazu, dass sich das Gros der Spieler dem SC Chemie Halle-Leuna anschloss“, heißt es auf der Homepage von Turbine. Der Verein wurde danach in die drittklassige Bezirksliga zurückgestuft.
Nach weiteren Gründungen und Zusammenlegungen entstand 1966 Chemie Halle (jetzt Hallescher FC). Turbine spielt in der Landesliga (7. Liga), der HFC in der Regionalliga. Mitte November treffen beide im Viertelfinale des Landespokals in Sachsen-Anhalt zum ersten Pflichtspiel seit 2018 aufeinander (seinerzeit 8:0 für den HFC, fast 1500 Zuschauer).

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Die lange Reise des ASK Vorwärts durch mehrere Städte
Wie kompliziert Vereinsgeschichten in der DDR mitunter waren, lässt sich am Beispiel ASK Vorwärts anschaulich illustrieren: Gegründet 1951 als Vorwärts Leipzig, 1953 Umzug nach Ost-Berlin. Dort viermal DDR-Meister als ASK Vorwärts, anschließend zweimal Meister als FC Vorwärts Berlin, 1971 nach Frankfurt (Oder) delegiert, neuer Name: FC Vorwärts Frankfurt.
Nach dem Ende der DDR gab es auch einige Umbenennungen, seit 2012 heißt der Verein 1. FC Frankfurt und spielt derzeit in der Brandenburgliga (6. Liga).
Vor kurzem gab es einen Artikel im Magazin „11Freunde“ über den Verein. Welch große Rolle die Historie noch heute spielt, lässt sich dort nachlesen: „Der 1. FC Frankfurt könnte einen Meisterstern auf dem Trikot tragen. Doch der Klub kickt in der sechsten Liga und kämpft mit seinem Namen und seiner Vergangenheit.“
Der Karlsruher FC Phönix, Meister 1909, taucht nicht auf, weil der Karlsruher SC (Fusion aus Phönix und dem VfB Mühlburg) in der Zweiten Liga spielt. Und Wismut Karl-Marx-Stadt (DDR-Meister 1956, 1957 und 1959) hieß zwar so, war aber die Fußball-Sektion von Wismut Aue (heute Erzgebirge Aue/3. Liga) und spielte in Aue.
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