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Gigantischer Fußball demoliert: So ist die Stimmung in Basel vor dem EM-Finale
Ampelfußballerinnen und „Sweet Caroline“-Gesänge: Basel bereitet sich auf das Endspiel England gegen Spanien vor. Wie ist die Stimmung? Und wo ist der Riesenfußball? Ein Ortsbesuch.
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Eigentlich sollte er nicht zu übersehen sein. Über zwei Meter misst der überdimensionale Matchball, der während der Fußball-Europameisterschaft in Basel, nahe dem Barfüsserplatz, auf einem Sockel stehen soll. Doch wenige Tage vor dem Finale zwischen England und Spanien am Sonntag gibt es keine Spur von ihm.
„Er wurde demoliert“, erzählt eine Frau, die in der Nähe arbeitet. „Von einer Gruppe junge Männer. Es gibt auch Videoaufnahmen davon. Seither wurde er nicht wieder aufgebaut.“ Die nahegelegene Touristeninformation kann diese Aussage nicht bestätigen, dort scheint man das Verschwinden des gigantischen Balls bislang nicht weiter hinterfragt zu haben. Doch Peter Jörg, Verantwortlicher der Basler Fanmeilen, sagt: „Das stimmt leider. Zwei Wochen ist es gut gegangen, dann wurde er demoliert.“
Ampelfußballerinnen und Pokale
Zum Glück gibt es für die Einheimischen und Touristen während des Turniers genügend andere Highlights zu bestaunen. Denn die Stadt Basel hat sich einiges einfallen lassen, damit überall sofort erkennbar ist, dass hier gerade eine Europameisterschaft stattfindet. Am Bahnhof etwa wurden die Ampelmännchen an den Fußgängerüberwegen durch Fußballerinnen ausgewechselt. Springt die Ampel auf Grün, erscheint eine Spielerin, die einen Ball kickt.

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Überall in der Innenstadt hängen außerdem kleine Wimpel und Girlanden mit der Aufschrift „WEURO“, auf der „Mittleren Brücke“, die über den Rhein führt, wehen große Flaggen. Im Historischen Museum kann man die Trophäen vergangener Turniere wie der Champions League oder der Europameisterschaft bestaunen. Nur eine Vitrine ist leer, denn der Pokal, der im Finale der diesjährigen EM an die Gewinnerinnen überreicht wird, befindet sich bereits im St. Jakob-Park, wo am Sonntag England gegen Spanien antritt.
Die Tickets für die meisten EM-Spiele waren bereits im Juni ausverkauft, so auch für das Finale. Wer in Basel keines mehr erhalten hat, kann das Spiel aber immerhin auf den zwei Fanzonen mitverfolgen, von denen eine zentral auf dem Barfüsserplatz gelegen ist und die andere sich etwas weiter außerhalb auf dem Messeplatz befindet.
Dort gibt es seit Beginn des Turniers neben Public Viewing auch andere Veranstaltungen, beispielsweise Filmabende oder Konzerte. Am Freitagabend vor dem Finalwochenende etwa wird auf der einen Fanzone „Das Wunder von Bern“ gezeigt und auf der anderen tritt Sängerin Jasmin Albash auf.
Man kann 51 Jahre alt sein oder 25 – bei der EM kommen wir alle zusammen und haben Spaß.
Kirsty, Fan aus England
Etwas abseits von der Bühne tanzt eine Gruppe Frauen besonders ausgelassen, allerdings nicht zur Musik von Albash, sondern stattdessen singt sie „Sweet Caroline“, die Hymne der englischen Nationalteams. Sie alle tragen Trikots von Fußballstars wie Alessia Russo und begleiten die „Lionesses“, die sich im Halbfinale gegen Italien durchsetzten, bereits seit Beginn der EM.

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„Wir müssen und werden gewinnen. Man kann 51 Jahre alt sein oder 25 – bei der EM kommen wir alle zusammen und haben Spaß. Das ist es, was die Lionesses schaffen“, sagt Kirsty. Ihre Freundin Jessica ergänzt: „Es gibt keinerlei Zweifel daran: Wir haben die Fans, die Spielerinnen und Sarina. Wenn wir Selbstbewusstsein zeigen, werden die Spielerinnen das auch tun. Wir werden den spanischen Fans zahlenmäßig überlegen sein.“ Auch die anderen bekräftigen ihr Vertrauen in Cheftrainerin Sarina Wiegmann und rufen im Chor: „In Sarina we trust!“
Mit der Stimmung auf den Fanzonen zeigt sich auch der Verantwortliche Peter Jörg zufrieden. „Die Reaktionen sind durchweg positiv. Wir haben konstant hohe Besucherfrequenzen, täglich sind es insgesamt rund 10.000 Menschen auf beiden Zonen verteilt.“ Beim Messeplatz sei man erst skeptisch gewesen, weil er „nicht so zentral“ gelegen sei. „Aber es läuft.“
Tatsächlich kommt insbesondere der kleine Kunstrasenplatz gut an, auf dem viele Kinder und Jugendliche schon nachmittags kicken und kleine Turniere austragen. Auch der Parcours, bei dem man an mehreren Stationen seine Geschicklichkeit mit dem Ball testen kann, erfreut sich großer Beliebtheit.

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Jörg hat den Eindruck, dass die Bedeutung des Fußballs der Frauen im Verlauf der EM im gewachsen sei. „Vorher wusste ich nicht, dass das so ein großer Erfolg wird und die Stadien immer voll sind. Aber das Team hat sich sehr gut verkauft.“ Tatsächlich schafften Kapitänin Lia Wälti und ihre Mitspielerinnen es bis ins Viertelfinale. „Das hätte ihnen im Vorfeld niemand zugetraut und hat geholfen, damit der Frauenfußball mehr wahrgenommen wird.“
Keine Ausschreitungen, bloß Bubenstreiche
Dass die Stimmung auf den Fanzonen ausgelassen ist, dürfte auch mit dem durchweg guten Wetter zusammenhängen. Zu Ausschreitungen sei es bislang nicht gekommen, sagt Jörg. „Wir hatten zweimal einen Betrunkenen, den wir des Platzes verweisen mussten, und ein paar Bubenstreiche, wie das Ziehen eines Steckers – aber das ist alles. Es ist nicht vergleichbar mit den Spielen der Männer.“ Bei den Besucher:innen handelt es sich laut Jörg größtenteils um Frauen und Familien. „Männer sind auch dabei, aber eher als Begleitung.“

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Etwas weniger positiv klingt die Schilderung von Peter Hug, der einen Eiswagen auf der Fanmeile am Barfüsserplatz hat. „Wenn keine Spieltage sind, ist wenig los.“ Für ihn habe sich das Ganze finanziell „nicht wirklich gelohnt“. „Aber wir kommen mit einem blauen Auge davon.“
Basel ist indes nicht der einzige Austragungsort, der sich für die EM einiges einfallen lassen hat. In Zürich etwa gibt es einen Rundgang durch die Stadt, bei dem prominente Frauen der Schweizer Fußballgeschichte vorgestellt werden wie Trudy Streit, Gründungsmitglied des ersten Frauenfußballvereins, oder Tatjana Haenni, ehemalige Spielerin und erste Frau in der Geschäftsleitung des Schweizer Fußballverbandes.
In Zürich, neben dem Fluss Limmat, kann man auch einen der überdimensionalen Matchbälle begutachten. Dieser befindet sich – anders als in Basel – genau dort, wo er sein soll. Aber das Wichtigste ist wohl ohnehin, dass der Fußball am Sonntag, wenn das Finale stattfindet, an Ort und Stelle ist. Dann allerdings nicht in Übergröße, sondern so, dass die Teams von Keira Walsh und Alexia Putellas ihn gut kicken können.
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