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Überragendes Talent. Noel Aseko (r.) soll aus der Jugend von Hertha BSC ins Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern München wechseln.

© imago images/Matthias Koch

„Einfach übel nervig“: Hertha BSC droht das nächste Top-Talent zu verlieren

Noel Aseko ist 16 und einer der besten U-17-Fußballer Deutschlands. Deshalb wird er wohl von Hertha BSC zum FC Bayern München wechseln.

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Lukas Michelbrink war nicht amüsiert, um es mal vorsichtig auszudrücken. Mit zwei Emojis – das eine mit rollenden Augen, das andere mit hochgezogener Augenbraue – versah er bei Twitter einen Bericht der „Bild“-Zeitung, wonach Noel Aseko, sein bisheriger Mitspieler aus der U 17 von Hertha BSC, ins Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern München wechselt.

Später berichtete Michelbrink dann noch, dass die Bayern „einfach übel nervig“ seien, dass sie schon zu U-13-Zeiten versucht hätten, ihn selbst und ein „paar andere von uns abzuwerben“.

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Genervt und enttäuscht. Das gilt gerade auch für viele Hertha-Fans. Denn Noel Aseko, 16 Jahre alt und deutscher U-17-Nationalspieler, dürfte das nächste Top-Talent sein, das dem Berliner Fußball-Bundesligisten verloren geht.

Hertha dementiert zwar vorerst noch, dass der Wechsel bereits feststehe. Aber die ersten Gerüchte über diesen Transfer hat es schon vor Wochen gegeben, und in der Branche ist es inzwischen ein offenes Geheimnis, dass sich Aseko den Bayern anschließen wird. Die Frage ist wohl nur noch, wie hoch die finanzielle Entschädigung ausfallen wird, die Hertha BSC für den Transfer einstreichen kann.

Anfang Mai, im Halbfinal-Rückspiel um die deutsche Meisterschaft, hat Aseko zuletzt für die Berliner gespielt: Weil Not am Mann war, musste er in der Innenverteidigung ran. Aseko verletzte sich früh, Hertha verlor 1:2 gegen den VfB Stuttgart, verpasste den Einzug ins Finale – und Aseko wegen der Verletzung die Teilnahme an der U-17-Europameisterschaft, die wenige Tage später begann.

Ein Typ wie N’golo Kanté

Wenn er nicht als Innenverteidiger aushelfen muss, dann spielt Aseko als Sechser vor der Abwehr. Vom Typ her ähnelt er dem Franzosen Ngolo Kanté: Wie Kanté, so ist auch Aseko jemand, der den Raum beherrscht.

Das liegt vor allem an seinem Antizipationsvermögen, das als herausragend eingeschätzt wird. Dazu kommen überragende fußballerische Fähigkeiten, eine gute Ballführung, ein exzellentes Passspiel sowie eine entschlossene Zweikampfführung. All das macht Aseko zu einem der auffälligsten Spieler seines Jahrgangs (2005) – und damit natürlich auch für andere Klubs interessant.

In seiner Heimatstadt ist schon länger bekannt, dass Aseko, der früher für Hertha 03 gespielt hat, über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügt. Bereits in der U 14 galt der gebürtige Berliner als herausragendes Talent. „Ich will nicht sagen, dass er unser wichtigster Spieler ist, aber er ist auf jeden Fall ein sehr wichtiger“, hat auch Oliver Reiß, Herthas bisheriger U-17-Trainer, gesagt.

Reiß würde Aseko auch in der neuen Saison trainieren, weil er ebenfalls von der U 17 zur U 19 wechselt und dort die Nachfolge von Michael Hartmann antritt. Hartmann hat Hertha in diesem Frühjahr verlassen. Er arbeitet künftig: bei den Bayern.

Vor ziemlich genau fünf Jahren haben die Münchner ihr 70 Millionen Euro teures Nachwuchsleistungszentrum, den FC Bayern Campus, bezogen. „Der Campus ist für uns die Chance, viel Erfolg zu generieren“, hat Uli Hoeneß, damals noch Präsident des Vereins, bei dessen Eröffnung gesagt. „Die Ausbildung soll zum Markenzeichen unseres Klubs werden.“

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Kritiker werfen dem Rekordmeister inzwischen vor, dass er schon bei der Rekrutierung von Nachwuchsspielern sehr aggressiv zu Werke gehe. Zyniker behaupten sogar, dass die Bayern ihr Jugendinternat mit insgesamt 35 Wohnungen für die Nachwuchsspieler ja irgendwie vollkriegen müssten.

Auch in Berlin ist der Klub gut aufgestellt, unter anderem mit einem hauptamtlichen Scout für den Nachwuchs. Dazu hat Jochen Sauer, der Leiter des Campus, eine Hertha-Vergangenheit. Er war die rechte Hand des früheren Geschäftsführers Dieter Hoeneß. Michael Hartmann, den künftigen U-17-Trainer der Bayern, kennt Sauer noch aus der Zeit, als Hartmann bei Hertha als linker Verteidiger in der Bundesliga gespielt hat.

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In dem Sommer, in dem die Bayern ihren Campus eingeweiht haben, hatten sie sich schon einmal in Berlin bedient. 2017 verpflichteten sie gleich drei Spieler aus Herthas Nachwuchs: Torben Rhein, damals 14 Jahre alt, sowie die Brüder Nemanja und Nikola Motika, 14 und 13. Angeblich ließen sie sich das 200.000 Euro kosten.

Die Motikas sind inzwischen zu Roter Stern Belgrad weitergezogen. Rhein hat gerade seinen Vertrag bei den Bayern bis 2025 verlängert – und wurde sogleich an den österreichischen Erstliga-Aufsteiger Austria Lustenau verliehen.

„Die Kinder sind halt geblendet“

Rhein wurde schon früh als eines der größten Talente seines Jahrgangs gehyped, als der nächste Toni Kroos zum Beispiel. Er ist wie Florian Wirtz 2003 geboren. Auch Wirtz hat in der Jugend den Verein gewechselt hat, ist vom 1. FC Köln zu Bayer Leverkusen gegangen. Dort hat er es in die Bundesliga geschafft, ist A-Nationalspieler geworden und hat die Spiele auf höchstem Niveau bestritten, die Rhein fehlen. Mit inzwischen 19 Jahren ist Torben Rhein gerade 18-mal für die Münchner zum Einsatz gekommen – für die U 23 in der Regionalliga Bayern.

„Die Kinder sind halt geblendet“, hat Lukas Michelbrink, der auch erst 17 ist, im Zuge des sich anbahnenden Aseko-Wechsels nach München bei Twitter geschrieben. Sie könnten gar nicht einschätzen, wie schlecht ihre Chancen stehen, bei den Bayern Profi zu werden. Aber Bayern nutze das halt aus. „Einer von 50 wird dann ein Star, der Rest kickt Regionalliga.“

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