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Die Richtung stimmt. Davon sind sie bei Hertha BSC auch nach der Niederlage bei Borussia Mönchengladbach überzeugt.

© IMAGO/Team 2

Hertha BSC sieht sich auf dem rechten Weg: Nur das Ergebnis stört

Nur ein Punkt aus drei Bundesligaspielen und weiterhin kein Sieg: Trotzdem sind sie bei Hertha BSC weiterhin überzeugt, dass es bald besser werden wird.

Dodi Lukebakio hatte ein Problem. Er besaß nichts Passendes zum Anziehen. Mit nacktem Oberkörper kam der Angreifer von Hertha BSC vom Feld, und so wollte er sich nicht vor die Kamera stellen, nicht einmal vor die der eigenen Medienabteilung. Also kramte deren Mitarbeiter kurz in seinem Rucksack, holte ein schwarzes Kapuzenshirt hervor, das Lukebakio sich unfallfrei über den Kopf zog.

An diesem Abend, an dem für Hertha vieles erstaunlich gut gelaufen war, war das vermutlich keine Selbstverständlichkeit. Zumindest hätte es niemanden verwundert, wenn sich Lukebakio irgendwie im Ärmel verknotet oder sich sonst wie verheddert hätte – so wie auch im Spiel zuvor gegen Borussia Mönchengladbach das eine oder andere Mal.

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Der Belgier, in der Vergangenheit so etwas wie Herthas größtes Sorgenkind, hatte gegen die Gladbacher ein richtig starkes Spiel gemacht. Mit seiner Geschwindigkeit und seinen Läufen in die Tiefe stürzte er Borussias Defensive von einer Verlegenheit in die nächste. In gewisser Weise stand er damit sinnbildlich für den Auftritt der Berliner, den Sportgeschäftsführer Fredi Bobic als richtig gut und überragend bezeichnete. Nur das Ergebnis störte. „Das Ergebnis ist das Einzige, das mir heute richtig auf den Keks geht“, sagte Bobic.

Die Statistik wies am Ende achtzehn Torschüsse für Hertha BSC aus, allein vier davon gab Lukebakio ab – mehr hatte keiner auf dem Feld. Aber auch in dieser Disziplin stand er pars pro toto für sein Team. Nur ein Ball flog aufs Tor. Einer rauschte ans Außennetz, einer segelte über die Latte, einer am Pfosten vorbei. Woran Hertha noch arbeiten und was man verbessern müsse, wurde Lukebakio gefragt. „Tore“, antwortete er.

So stand am Ende eine 0:1-Niederlage für den Berliner Fußball-Bundesligisten; die dritte im vierten Pflichtspiel dieser Saison. Noch immer sind die Berliner ohne Sieg. Für einige wirkt diese Spielzeit schon wie eine Fortsetzung der vergangenen Saison mit anderen Mitteln.

„Man sieht gute Fortschritte“, sagt Marc Kempf

Mit anderen Mitteln – das ist der Unterschied. Die Entscheidung für Sandro Schwarz als neuen Cheftrainer war auch eine Entscheidung für einen anderen Fußball. „Wir haben immer gesagt: Eine Entwicklung braucht ein bisschen Zeit. Aber natürlich brauchst du irgendwann auch Ergebnisse“, erklärte Bobic. Und trotzdem: „Wir haben den dritten Spieltag, da werde ich noch nicht den Teufel an die Wand malen. Vor allem nicht, wenn man sich den Saisonverlauf anschaut.“

Die Richtung stimmt. „Es fühlt sich beschissen an, was das Ergebnis angeht“, sagte Schwarz nach der Niederlage in Mönchengladbach. „Was die Leistung angeht, war das sehr ordentlich.“ Schon beim 1:1 gegen Frankfurt, den Europa-League-Sieger, hatte Hertha ordentlich mithalten können. In Gladbach, bei einem Klub, den viele als natürlichen Anwärter aufs internationale Geschäft sehen, war es ähnlich. „Man sieht schon gute Fortschritte“, sagte Innenverteidiger Marc Kempf.

Auch Borussias Trainer Daniel Farke musste zugeben, dass es „ein brutal kompliziertes Spiel“ gewesen sei. Er bescheinigte Hertha eine sehr gute Struktur in der Defensive. „Man hat den Jungs richtig angemerkt, dass sie den Bock jetzt auch umstoßen wollen.“ Die Gäste aus Berlin trotzten den Widerständen – und das bis zur letzten Sekunde.

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Dabei bestand an Widerständen wahrlich kein Mangel. Das 0:1 fiel nach einem von Maximilian Mittelstädt recht dämlich verschuldeten Handelfmeter. Aber: „Wir sind nach dem Rückstand nicht auseinandergefallen“, sagte Kempf. „Das wäre letztes Jahr vielleicht anders gewesen.“

Auch den nächsten Tiefschlag, einen weiteren Handelfmeter, steckte Hertha weitgehend ungerührt ein. Torhüter Oliver Christensen parierte zwar den Strafstoß von Jonas Hofmann, doch die letzten 20 Minuten musste Hertha in Unterzahl bestreiten, weil Filip Uremovic für sein strafbares Handspiel Gelb-Rot gesehen hatte.

Hertha trotzte den Widerständen

Aber nicht einmal das demoralisierte die Mannschaft. „Auch mit zehn Mann immer am Ergebnis zu schrauben und daran zu glauben, das war überragend von meinen Jungs“, sagte Trainer Schwarz. „Das ist großer Sport.“ Trotzdem stand am Ende eines couragierten Auftritts eine weitere Niederlage, weil sich die Mannschaft wieder einmal zu viele individuelle Fehler erlaubt hatte.

„Hertha hat so viel Qualität“, sagte Gladbachs Trainer Farke. „Ich bin sehr, sehr sicher, dass dieser Gegner eine Menge Punkte holen wird.“ Nach drei Spielen ist es nur einer. Ob ihm das Sorgen bereite, wurde Sandro Schwarz gefragt. „Null. Wirklich“, antwortete er. „Ich würde mir Sorgen machen, wenn man auf dem Platz nicht erkennt, wie wir Fußball spielen wollen.“

Seine Idee und der Stil seiner Mannschaft aber zeichnen sich inzwischen immer deutlicher ab. „Wie wir heute gespielt haben, das bereitet mir sehr viel Lust“, sagte Dodi Lukebakio. Und wenn die Mannschaft mit dieser Intensität weitermache, wenn sie die jüngste Entwicklung fortschreibe, sie als Gruppe noch mehr zusammenfinde, so Sportchef Bobic, „dann ist es nur eine Frage der Zeit, wann wir Punkte machen“.

Die Frage aber bleibt, wann genau Herthas Zeit kommt. Schon nächste Woche, wenn Borussia Dortmund im Olympiastadion gastiert? „Geile Aufgabe vor der Brust“, sagte Sandro Schwarz.

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