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Valentin Baus, 26, gewann im Sommer bei den Paralympics in Tokio die Goldmedaille. Der Para-Tischtennisspieler hat die Glasknochenkrankheit.

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Goldmedaillengewinner Valentin Baus im Interview: „Ich habe erst einmal eine ordentliche Pause eingelegt“

Wie ist das, wenn man bei Paralympics Gold gewinnt? Und was kommt dann auf einen zu? Wir haben bei Para-Tischtennisspieler Valentin Baus nachgefragt.

Von Lilith Diringer

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Herr Baus, bei den Sommer-Paralympics in Tokio haben Sie im Tischtennis die Goldmedaille gewonnen. Welche Gefühle hatten nach dem Medaillengewinn und wie haben diese sich seitdem entwickelt?

Zunächst war ich erleichtert, glücklich, stolz. Es sind wirklich sehr viele Gefühle, die mich in diesem Moment erfüllt haben. Nach und nach konnte ich sie dann sortieren und verarbeiten. Wobei das auch nicht immer stressfrei möglich war. Es wollten dann viele etwas von mir. Viele Termine, Gratulationen … das war in jedem Fall sehr schön, aber viel Zeit zum richtigen Entspannen blieb da eben nicht.

Was war das Erste, was Sie getan haben, nachdem Sie wieder auf deutschem Boden waren?

Zwei Kollegen haben mich vom Flughafen abgeholt, danach bin ich nach Hause gefahren, habe Pizza gegessen. Tatsächlich nichts Spektakuläres. Ich bin in jedem Fall früh schlafen gegangen. Alleine weil mich die Reise schon sehr erschöpft hat.

Was hat sich seit Ihrer Rückkehr verändert?

Ich werde viel öfter erkannt. Nach Tokio direkt war es sehr extrem. Ich wurde dauernd angesprochen. Jetzt ist es teilweise immer noch so. Aber meist ist es supernett. Die Leute sind freundlich und wollen gratulieren.

Welche Bedeutung hat Ihr Erfolg für die paralympische Sportwelt im Allgemeinen?

Ich glaube, unsere Leistungen zeigen einfach, dass der Paralympische Sport sehr professionell geworden ist. Wir müssen wahnsinnig viel geben, um ganz oben zu stehen, und das wird auch immer mehr Personen bewusst. Die Anerkennung des Sports steigt und damit wächst das Interesse im Allgemeinen.

Und was hat sich in Ihrem persönlichen Mindset geändert?

Ich würde schon beschreiben, dass für mich selbst ein gewisser Druck abgefallen ist. Ich habe ein Ziel erreicht, auf das ich intensiv hingearbeitet habe. Insgesamt bin ich nun etwas entspannter, und habe nicht mehr das Gefühl, dass ich die ganze Zeit hinter etwas herrenne.

Valentin Baus nach dem Einzelfinale in Tokio mit der Goldmedaille.
Valentin Baus nach dem Einzelfinale in Tokio mit der Goldmedaille.

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Wie sind Sie nach Rückkehr wieder in den Trainingsalltag eingestiegen?

Ich habe erst einmal eine ordentliche Pause eingelegt. Vier bis Fünf Wochen lang habe ich gar nicht trainiert. Dann recht wenig, drei oder vier Trainingseinheiten pro Woche. Im Januar ging es dann wieder richtig los.

Wie sieht Ihr aktueller Trainingsumfang aus?

Jetzt trainiere ich fünf bis sechs Mal die Woche jeweils ein oder zwei Trainingseinheiten täglich.

Wie erging es Ihnen während der Pause?

Die Pause hat mir richtig gutgetan. Ich konnte die Zeit genießen und hatte auch Luft für andere Dinge. Aber gleichfalls habe ich mich enorm auf den Wiedereinstieg gefreut. Jetzt habe ich erneut konkrete Ziele vor Augen. Die Bundesliga Ende März ist das nächste, das ansteht. Im April spielen wir bei der Deutschen Meisterschaft, im Mai dann noch in Frankreich und Slowenien. Bis November werden auf jeden Fall noch zwei weitere Turniere reinkommen, aber das zeigt sich erst noch, in welche Länder es hierfür geht. Das Highlight des Jahres ist definitiv die Weltmeisterschaft in Spanien im November.

Und die nächsten Paralympischen Sommerspiele? Geht da auch schon der Blick hin?

Auf jeden Fall spielen diese im Hintergrund immer mit rein. Es geht jetzt schon frühzeitig mit den Entwicklungen los, aber natürlich ist noch vieles unklar, wie zum Beispiel die Doppelkonstellationen. Trotzdem muss ich sagen: Paris ist bald und durch die Verschiebung von 2020 auf 2021 sind die Turniere jetzt natürlich noch dichter beieinander. Das merken wir schon.

Bundestrainer Volker Ziegler motivierte Sie während des Einzelfinals bei den Paralympics, noch mutiger zu agieren. Wirken sich solche Anmerkungen dauerhaft auf das Training und die Spieltaktik aus?

Solche Tipps variieren von Spiel zu Spiel. Je nachdem wie es gerade läuft und wie das Spiel voran geht. Das ist oft auch eine Gefühlssache, sowohl von meiner Seite aus als auch von Volkers. Wir trainieren nun schon so lange zusammen und kennen uns gegenseitig sehr gut. Gemeinsam haben wir schon schlechte und gute Turniere durchlebt und dabei auch viel über unsere Interaktion gelernt.

Elena Semechin und Valentin Baus wurden als Para-Sportler des Jahres 2021 ausgezeichnet.
Elena Semechin und Valentin Baus wurden als Para-Sportler des Jahres 2021 ausgezeichnet.

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Was nehmen Sie noch aus den Spielen mit, was Sie beibehalten wollen?

Die Grundhaltung. Nach Tokio bin ich zwar mit dem Gefühl gefahren: „Ich möchte unbedingt gewinnen“, und ich wusste auch, dass die Chancen gut stehen. Aber ich habe mir gleichzeitig bewusst gemacht, dass ich alles dafür getan habe, und wenn es nicht klappt, könnte ich damit auch leben. Ich habe also nie gegen das Verlieren gespielt, sondern hatte vor allem Spaß. Dass wird auch weiterhin so sein. Ich habe in den letzten Jahren wirklich viel erreichen können, vielleicht aber kommt auch wieder eine Periode, in der der Wurm drin ist.

Auch Ihre Teamkollegen Thomas Schmidberger und Thomas Brüchle waren in Tokio erfolgreich. Wie geht es dem Team, wie ist die Stimmung aktuell und wie sind die zukünftigen Aussichten?

Wir trainieren schon viel zusammen und stehen in gutem Austausch. Es ist toll, wie wir uns gegenseitig Tipps geben und motivieren können. Auch wenn die ganze Mannschaft in Tokio sehr erfolgreich war – die ein oder andere Medaille hätte sicher noch eine andere Farbe haben können, aber wer weiß, vielleicht tauschen wir dann das nächste Mal. Würde mich dann auch sehr für die anderen freuen.

Wie beobachten Sie die internationale Konkurrenz? Hat sich hier etwas verändert?

Da sind wir schon immer am schauen. Mit den sehr leistungsstarken Chinesen ist es schwierig, hier gibt es kaum Draht hin. Aber wir trainieren auch mit anderen Nationen und bereichern uns gegenseitig, etwa mit den Türken und Franzosen. Von Neuartigkeiten sind es aber dann eher Volker und ich, die mit so etwas am Wettkampf starten. Mal schauen, was uns da noch so einfällt. Manchmal sind es tatsächlich nur kleine Veränderungen, die den großen Unterschied ausmachen.

In Peking neigen sich die Winter-Paralympics ihrem Ende entgegen. Haben Sie die Spiele ein wenig verfolgt?

Ich schaue tatsächlich gerne sehr viele verschiedene Disziplinen. Eine Lieblingswintersportart habe ich nicht. Ich muss auch zugeben, dass mir leider die Zeit fehlt, um alles direkt mit zu verfolgen. Aber die Highlights und Medaillen bekomme ich natürlich mit, und ich bin sehr begeistert von den gezeigten Leistungen.

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