
© dpa/Jean-Christophe Bott
„Ich weiß, dass das nicht hundertprozentig gesund ist“: Hungerte sich Pauline Ferrand-Prévot zum Sieg bei der Tour de France?
Nachdem Ferrand-Prévot für den ersten französischen Triumph seit 1989 gefeiert wurde, muss sie sich nun für ihr Gewicht rechtfertigen. Kritiker bemängeln ein katastrophales Signal, das sie damit aussendet.
Stand:
Diskussionen über das Gewicht von Sportlerinnen und Sportlern im Ausdauersport sind allgegenwärtig. Nun wird sie durch Pauline Ferrand-Prévots Sieg bei der Tour de France femmes neu befeuert.
Die 33 Jahre alte Französin flog den anderen Fahrerinnen unter dem Jubel ihrer Landsleute auf den Anstiegen der vergangenen Tage regelrecht davon. Am Samstag eroberte sie am Cole de la Madeleine das Gelbe Trikot und holte auch am Sonntag im Tourfinale den Etappensieg.
Während Ferrand-Prévot im Anschluss an ihren Triumph unter anderem von Staatspräsident Emmanuel Macron gefeiert wurde, mischten sich in die Begeisterung über den ersten Sieger (Frau oder Mann) bei einer Frankreich-Rundfahrt seit Jeannie Longo 1989 auch kritische Stimmen.
Ferrand-Prévot, die im Vorjahr in Paris Olympiasiegerin mit dem Mountainbike wurde, hatte während der aktuellen Tour deutlich dünner ausgesehen als noch bei ihrem Sieg bei Paris-Roubaix im Frühjahr. Auch ihre Gesichtszüge wirkten härter.
Kritik bei Social Media
„Zwischen Roubaix und dem Tourstart habe ich vier Kilo abgenommen“, erzählte sie nach ihrem Sieg am Sonntag. Überraschend kam das alles nicht, Ferrand-Prévot hatte die Welt in den vergangenen vier Monaten an ihrer Vorbereitung auf die Tour de France via Social Media teilhaben lassen.
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Ihr geplanter Gewichtsverlust sei dort durchaus kritisch diskutiert worden, wie sie erzählte: „Bei Instagram gab es eine ganze Reihe von Leuten, die meinten, ich sei kein gutes Beispiel für die Jugend.“
Klar, sei das Ganze ein „heikles Thema, aber ich möchte ja nicht so bleiben. Ich weiß, dass das nicht hundertprozentig gesund ist.“ Sie hätte aber nichts Extremes gemacht und auch nach den neun Etappen noch Reserven.
Offiziell wird Ferrand-Prévot mit einem Gewicht von 53 Kilogramm geführt bei einer Größe von 1,65 Meter. Auch andere Fahrerinnen wirken für ihre Rennräder mitunter erstaunlich schmächtig.
Cédrine Kerbaol, die französische Meisterin im Zeitfahren in diesem Jahr und Tour-Etappensiegerin 2024, hatte schon im Zuge der aktuellen Auflage vor den Gefahren des immer offensichtlichen Hungers für die Fahrerinnen gewarnt.
„Wir leben in einer Zeit enormer Sichtbarkeit – jeder will besser werden, schneller sein, mehr Watt treten, weniger wiegen. Aber zu welchem Preis?“, sagte Kerbaol der Zeitung „L’Humanité“. Im Interview mit „France Télévisions“ wies sie zusätzlich auf ein weiteres Problem von zu niedrigem Gewicht hin: das Ausbleiben der Periode: „Das ist nicht normal. Abgesehen von der Fruchtbarkeit hat das Auswirkungen auf die Knochengesundheit und birgt ein sehr reales Risiko für schwere Verletzungen.“
Athletinnen seien auch Frauen, die auf ihre Gesundheit „nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft“ achten müssten. Kerbaol hat selbst ein Diplom in Diätetik und weiß, wohin das Runterhungern auf ein Idealgewicht führen kann.
Anfangs fühlt es sich an, als fliege man bergauf, man wird regelrecht süchtig danach
Pauline Ferrand-Prévot, Tour de France femmes Siegerin 2025
Es ist ein Thema, dass in vielen Ausdauersportarten diskutiert wird. Leichtathletinnen oder Skilangläuferinnen wiegen oftmals sogar noch weniger als die Radfahrerinnen bei der Tour.
Und die Problematik ist nicht nur auf Frauen beschränkt, sie wurde zuletzt zum Beispiel auch bei den Skispringern öffentlich. Dort gibt es inzwischen sogar für beide Geschlechter Regeln zum Body-Mass-Index (BMI). Liegt der unter 21, wirkt sich das auf die maximal erlaubte Skilänge aus.
Im Radsport gibt es solche verbindlichen Vorgaben nicht. Wer schneller über die Berge kommen will, hat mit weniger Gewicht Vorteile. Pauline Ferrand-Prévot beschrieb das einst bei „Pink Bike“ so: „Anfangs fühlt es sich an, als fliege man bergauf, man wird regelrecht süchtig danach.“
Doch das böse Erwachen komme später: „Es endet im völligen Desaster, der Körper hat keine Kraft mehr und braucht Wochen, wenn nicht Monate, um sich davon zu erholen.“
Am Sonntag, nach dem großen Triumph bei der Tour de France femmes sagte sie: „Jeder muss verstehen, dass es auch unsere Aufgabe ist, so gut wie möglich zu sein.“ Sie mache ihre Arbeit einfach so gut sie kann und versprach: „Ich hoffe, möglichst schnell wieder zunehmen kann.“
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