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Nach 131 Länderspielen für Deutschland: Thomas Müller bestätigt das Ende seiner Karriere in der Nationalmannschaft
Bei der EM im eigenen Land ist Thomas Müller nur noch zweimal als Joker zum Einsatz gekommen. Jetzt endet seine Zeit in der DFB-Elf. Das hat der Münchner nun auch offiziell bekannt gegeben.
Stand:
In den vergangenen Tagen hat sich zum zehnten Mal der Gewinn des letzten großen Titels durch die deutsche Fußball-Nationalmannschaft gejährt. Ein guter Anlass, noch einmal zurückzublicken auf die WM in Brasilien, bei der die Deutschen im Juli 2014 zum vierten Mal Weltmeister wurden.
Die ARD hat dem Turnier die umfangreiche Dokumentation „Wir Weltmeister“ gewidmet. In ihr kommt auch Thomas Müller ausführlich zu Wort. Unter anderem spricht er darin über das erste Gruppenspiel gegen Portugal, in dem Müller drei Tore zum 4:0-Erfolg seiner Mannschaft beisteuerte.
Das zwischenzeitliche 3:0, so erzählt es der Münchner, sei eines der Lieblingstore seiner Karriere, „weil es eine meiner großen Stärken zeigt und weil es mir immer wieder veranschaulicht, wieso ich im Weltfußball gut funktioniert habe“.
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Das Tor ist kein artistischer Fallrückzieher, kein atemberaubendes Dribbling durch die portugiesische Abwehr und auch kein Distanzschuss, der präzise im Winkel landet. Kein Treffer also, der es in die Wahl zum Tor des Monats schaffen würde. Auf den ersten Blick handelt es sich um ein eher profanes und vor allem ziemlich unspektakuläres Tor. Ein Abstauber könnte man auch sagen.
„Die Flanke kommt, und als Stürmer willst du normalerweise zuerst an den Ball kommen“, hat sich Müller erinnert. Er aber habe sofort erkannt, dass das nicht möglich sei – und machte daher den zweiten Schritt vor dem ersten. Müller konzentrierte sich darauf, den Klärungsversuch des portugiesischen Verteidigers zu blocken, eroberte dadurch den Ball und schoss ihn schließlich „in einer zackigen Bewegung“ ins Tor.
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Thomas Müller, der sogenannte Raumdeuter, ist oft gefragt worden, wie er das eigentlich macht: dass er so oft im richtigen Moment am richtigen Fleck steht. Dieses Tor, das 3:0 gegen Portugal bei der WM 2014, gibt aus seiner Sicht die perfekte Antwort auf diese Frage. „Für mich war es immer logisch: wissen, was passiert; eine Einschätzung des Gegners; eine kleine Analyse-Software, die einfach schnell arbeitet“, sagt er in der ARD-Dokumentation. „Vielleicht habe ich einen guten Chip oben drin.“

© IMAGO/Marc Atkins
Der Chip in seinem Kopf hat lange perfekt funktioniert, doch künftig wird es kein Update mehr für seine Software geben. Der Offensivspieler des FC Bayern München beendet nun tatsächlich seine Karriere in der Nationalmannschaft – nach insgesamt 131 Länderspielen, die er seit März 2010 bestritten hat. Nur Lothar Matthäus (150 Länderspiele) und Miroslav Klose (137) kamen häufiger für den DFB zum Einsatz.
„Nach 131 Länderspielen und 45 Toren sage ich dem Bundesadler heute Servus“, erklärte Müller am Montag in einem Video auf seinen Social-Media-Accounts. „Viele unvergessliche Momente“ habe er mit der Nationalmannschaft erlebt. „Als ich vor über 14 Jahren mein erstes Länderspiel in der deutschen Nationalmannschaft absolvieren durfte, hätte ich mir all das nicht erträumen lassen, großartige Siege und bittere Niederlagen“, sagte Müller. „Es hat mich immer sehr stolz gemacht, für mein Land aufzulaufen.“
Es hat mich immer sehr stolz gemacht, für mein Land aufzulaufen.
Thomas Müller
Es war nur noch die offizielle Bestätigung einer Nachricht, die bereits in der vergangenen Woche von der „Bild“-Zeitung öffentlich gemacht worden war – und die schon da nicht mehr allzu überraschend kam.
Müller wird Ende September 35, sein Vertrag bei den Bayern läuft noch ein Jahr – in der Nationalmannschaft aber wird es keine Verlängerung mehr geben. Das hatte er selbst schon unmittelbar nach der Niederlage im EM-Viertelfinale gegen Spanien angedeutet: „Realistischerweise kann es schon sein, dass das heute mein letztes Spiel war.“
Als er in Stuttgart nach dem EM-Aus vor der deutschen Fankurve stand, kam er sich „ein bisschen melancholisch“ vor. Aber: „Es war auch ein schöner Moment.“
Zwei Einsätze sind bei der Europameisterschaft im eigenen Land für Thomas Müller noch hinzugekommen. Im Eröffnungsspiel in München, in seinem Stadion, wurde er für die Schlussphase eingewechselt – unter großem Getöse des Publikums. Und gegen Spanien kam er in höchster Not noch einmal aufs Feld. Kurz vor Ablauf der regulären Spielzeit hatte Müller sogar noch die große Chance auf den Siegtreffer zum 2:1. Doch es sollte nicht sein.
Viele Höhepunkte, ein Makel
So geht eine internationale Karriere voller Höhepunkte mit einem kleinen Makel zu Ende: Bei seiner ersten WM-Teilnahme, 2010 in Südafrika, ist Müller mit fünf Treffern Torschützenkönig geworden, bei seiner zweiten vier Jahre später trug er ebenfalls fünf Tore zum Titelgewinn bei. In vier EM-Endrunden hingegen ist ihm kein einziger Treffer gelungen.
Müller spielt immer, hieß es früher. Das gilt schon lange nicht mehr. Bei der EM wurde Müller nicht mal mehr immer eingewechselt. Dreimal hintereinander blieb er die kompletten 90 Minuten auf der Bank sitzen. Für ihn war das eine gänzlich neue Erfahrung.
Er kann mit den Rappern in der Mannschaft, er kann aber auch mit denen, die jodeln. Er kommt mit allen gut klar, hat mit allen einen guten Draht.
Julian Nagelsmann über Thomas Müller
Trotzdem hat er nicht gemurrt. Im Gegenteil. Nach allem, was man weiß, hat Müller es genossen, Teil einer neuen, frischen Nationalmannschaft zu sein, und sich klaglos in seine Rolle gefügt. Der Münchner, so hatte es Bundestrainer Julian Nagelsmann gesagt, sei ein Connector, ein Bindeglied zwischen den verschiedenen Gruppen in seinem Kader. „Er kann mit den Rappern in der Mannschaft, er kann aber auch mit denen, die jodeln“, sagte Nagelsmann. „Er kommt mit allen gut klar, hat mit allen einen guten Draht.“
Maximilian Beier, einer der Jüngsten im Team, hat sich in der Vorbereitung sehr angetan gezeigt von Müllers Fähigkeiten beim Computerspiel Fifa. Das hatte er dem Routinier in der Mannschaft offenbar gar nicht zugetraut.
Müller selbst, so hat er es später in einer Medienrunde erzählt, war „nie eine ganz herausragende Fifa-Figur“. In den Kategorien, die für den Erfolg im virtuellen Spiel entscheidend sind, habe er nun mal nicht über herausragende Fähigkeiten, neudeutsch: Skills, verfügt. Für ihn müssten eigentlich ganz neue Skills programmiert werden. „Wiederholt sinnvolle Sachen machen – das wäre eine gute Kategorie für mich“, hat Thomas Müller gesagt. „Meine Magie braucht Struktur.“
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