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Neuseeland gewinnt den 37. America’s Cup: Die Unbesiegbaren
Die britischen Herausforderer haben dem Titelverteidiger ein Duell auf Augenhöhe geliefert. Am Ende wogen minimale Unterschiede schwer. Damit geht die älteste Sporttrophäe der Welt zum dritten Mal hintereinander an das Kiwi-Team.
Stand:
Es ist zur Routine geworden, die Neuseeländer gewinnen zu sehen. Zum dritten Mal hintereinander siegen sie beim America’s Cup.
Im neunten Rennen des Finales in Barcelona setzten sie sich am Samstag mit 7:2 gegen die Herausforderer aus England durch. Dessen Skipper Ben Ainslie gratulierte dem Titelverteidiger als dem „besten America’s-Cup-Team, das es jemals gab“.
Obwohl Ainslie und sein Co-Steuerman Dylan Fletcher das Start-Ballett für sich entschieden und die Kiwis zwangen, sich auf der rechten Seite etwas Luft zu verschaffen, war ihr Vorsprung nicht groß genug, um ihn in eine Führung umzuwandeln. So lagen die Kiwis vom ersten Crossing an knapp vorne und kontrollierten den Gegner souverän.
Als es den Briten kurzzeitig gelang, auf der rechten Bahnseite mehr Wind zu erhaschen und aufzuschließen, konterten Peter Burling und sein Kompagnon am Steuer Nathan Outeridge die Aufholjagd mit einem klassischen Luv-Manöver, bei dem sie den Gegner vom idealen Kurs fernhielten. Danach bot sich den Briten keine Überholspur mehr.
Das letzte Rennen war ein Spiegel des gesamten Cups
So war das letzte Rennen dieser Serie ein Spiegel des gesamten Cups. Die Herausforderer von der Insel kamen immer wieder in die Nähe des Gedankens, nicht völlig chancenlos zu sein, am Ende waren sie es aber doch. Mit 7:2 beendete der Titelverteidiger von der anderen Insel den prestigeträchtigen Hightech-Kampf.
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Trotz des eindeutigen Ergebnisses machten den Unterschied am Ende winzige Differenzen im Design der AC75-Racer aus. Emirates Team New Zealand war auf dem Downwind-Kurs stets einen halben Knoten schneller und schoss bei dieser Flugschau insgesamt ruhiger und eleganter durchs Wasser als Ineos Britannia. Wenn sie in der Vorstartphase in Bedrängnis gerieten, fanden Burling und Outeridge bemerkenswert schnell wieder in die Spur und ließen ihr Fluggerät mit hypnotischer Sicherheit über den Parcours schweben.
Zweimal hatten sie das Nachsehen in ruppigeren Bedingungen. Bei Windgeschwindigkeiten von 20 Knoten gerieten die empfindlichen Flügelboote an ihre Grenzen, was der robusteren britischen Konstruktion leichte Vorteile verschaffte. Aus britischer Sicht gab es zu wenige solcher Tage vor Barcelona.

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So begründet die anhaltende Dominanz der Burling-Truppe eine eigene neuseeländische Ära. Seit 1992 ist es keinem America’s-Cup-Team mehr gelungen, den Titel zweimal hintereinander zu verteidigen. Und das will etwas heißen in einem technologischen Wettlauf, der den Titelverteidiger beim ersten Mal begünstigen mag, aber den Vorsprung sukzessive abschmelzen lässt.
Wenn der 38. America’s Cup - wie verabredet - erneut auf AC75 ausgetragen wird, dürften die nun zweimal unterlegenen Teams aus den USA, Italien und Großbritannien weiter aufgeholt haben, und sei es schlicht dadurch, dass sie Know-how bei den Kiwis einkaufen. Nach seinem Sieg steht das von Segellegende Grant Dalton geleitete neuseeländische Syndikat also vor der Aufgabe, die Besten der Besten in den eigenen Reihen zu halten und nicht zu verlieren, wie das schon einmal geschehen ist.
Im Segelsport sind die Neuseeländer eine Macht
Eine Macht im Segelsport sind Neuseeländer, seit sie Ende der 80er Jahre den Beruf des Profiseglers erfanden. Während Segeln in europäischen Ländern fast ausschließlich als Freizeitbeschäftigung betrachtet wurde, schwärmten junge neuseeländische Talente aus, um ihren Lebensunterhalt an Bord ehrgeiziger Yachteigner zu verdienen. Auf ihrer Erfahrung baute 1988 die erste Kiwi-Kampagne beim America’s Cup auf, die jedoch in einem unsäglichen Rechtsstreit und dem Duell zweier unvergleichbarer Yachttypen endete.
Dann gewann Peter Blake 1990 das Whitbread Round The World Race so souverän, dass der Machtwechsel auf den Weltmeeren vollzogen war. Auch beim nächsten Whitbread-Rennen triumphierte ein Neuseeländer: Grant Dalton. Und längst kehrten Kiwis regelmäßig mit olympischen Goldmedaillen heim.
Roussell Coutts war schon 1984 in Los Angeles mit Gold belohnt worden für seinen unbändigen Siegeswillen. Als er 1995 ein Team aus Landsleuten abermals durch den America’s Cup steuerte, war es allen anderen haushoch überlegen, sogar den Amerikanern, die in heimischen Gewässern mit 0:5 blamiert wurden.

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Damit gelangte der Cup zum ersten Mal in die „Sailing City“ Auckland. Und er wäre dort wohl auch lange geblieben, wenn der Schweizer Pharma-Industrielle Ernesto Bertarelli nicht Unstimmigkeiten im neuseeländischen Lager ausgenutzt hätte. Er warb Coutts und etliche weitere neuseeländische Cup-Experten für sein Alinghi-Team ab, so dass die Neuseeländer beim nächsten Mal quasi gegen sich selbst antraten.
Für das segelverrückte Land war die 0:5-Niederlage 2003 gegen Coutts und Konsorten, zu denen auch der Deutsche Jochen Schümann zählte, eine traumatische Erfahrung. Zumal sie es nicht schafften, den Cup gleich wieder zurückzuholen. 2013 hatten sie den Cup praktisch schon in der Hand, als das US-Team von Oracle-Gründer Larry Ellison einen 1:8-Rückstand auszugleichen und in einen 9:8-Sieg zu wenden vermochte.

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Bis 2017 sollte es dauern, da die mittlerweile ebenfalls reichlich mit Olympia-Gold dekorierte Generation Burling soweit war, keine Fehler mehr zu machen. Mit dem dritten Sieg in Folge haben die Burling-Jungs nun eigene Maßstäbe gesetzt und zu Dennis Conners Fabelrekord (drei Cup-Siege 1987-1992) aufgeschlossen.
Im Finale stand ihnen mit Ainslie der Gegner gegenüber, die die besten Gründe für eine historische Revanche auf seiner Seite hatte. Sein erklärter Traum ist es, den einzigen Titel zu gewinnen, der nie zuvor von Briten erobert werden konnte. Dabei waren sie es gewesen, die die kostbare Trophäe 1848 gestiftet hatten - für ein Rennen, das einmal um die Isle of Wright herumführen sollte.
Als ein amerikanisches Konsortium von dem luxuriösen Preis erfuhr, ließ es eine Yacht bauen, die die versammelte britische Segelelite 1851 deklassieren sollte. Auf diese Weise entschwand der „alte Pott“ nach New York und blieb dort trotz etlicher britischer Bemühungen, ihn zurückzugewinnen, auf ewig in einer Vitrine verschlossen.
Bei allen Yachttypen, die der America’s Cup seitdem erlebt hat, ist eines immer gleich geblieben: mehr als ein maritimes Kräftemessen ist der Cup ein Wettlauf in Sachen Innovation. Siegreich geht aus ihm hervor, wer es in der begrenzten Dauer der Regatten schafft, technologische Sprünge umzusetzen.
In dieser Hinsicht erwies sich die von Ineos-Gründer James Ratcliffe unterstütze Ainslie-Truppe ausgesprochen lernfähig. In die Vorbereitungsregatten startete sie im Sommer schlecht. Nach zehn Jahren schienen die Briten plötzlich in beinahe allen Belangen nur gerade so gut zu sein, wie die beiden neuen Teams aus der Schweiz und Frankreich, die weniger als ein Jahr und viel weniger Geld zur Vorbereitung hatten.

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Doch erholte sich Ineos Britannia schnell. Schon im Louis Vuitton Cup war es das Team mit der steilsten Entwicklungskurve, bis sogar die Favoriten aus Italien in einer engen Vorentscheidung nicht mehr mithalten konnten. Am Ende, als sämtliche Kinderkrankheiten ausgeräumt waren und die Segler das Potenzial ihrer Flugobjekte voll auszureizen verstanden, spielte Technologie fast keine Rolle mehr.
„Endlich sind die Boote einander so ähnlich“, hatte Ainslie vor dem Finale gesagt, „dass es wieder auf die Segler ankommt.“
Wenn der Cup auf technologischer Ebene seinem Ruf als Schlacht der Erfindungen gerecht geworden sein mag, so zeigte die 37. Ausgabe doch auch die Tücken dessen. Denn die Gründe, aus denen sich ein Kontrahent einem anderen überlegen zeigt, sind schwerer zu erkennen denn je. Die AC75 sind futuristische Hightech-Wunder, gesteuert und bewegt von den Besten, aber unergründlich in ihrer Qualität. Sie verschlingen enorme Summen, ohne die Frage spannender werden zu lassen, wer als Erster im Ziel ist.
Das einzig Gute daran: dass es nicht mehr so lange dauert wie früher. In 26:43 Minuten war es vorbei.
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