
© Gestaltung: Tagesspiegel / Fotos: dpa/Sven Hoppe; dpa/TASR/Martin Baumann; freepik
Nick Woltemade wechselt zu Newcastle United: Bayerns Sportvorstand Max Eberl hat sich verrechnet
Nick Woltemade wechselt für rund 90 Millionen Euro nach England. Für die Bayern und ihren Sportvorstand Max Eberl ist das ein schwerer Schlag.

Stand:
Vor ein paar Wochen stellte Max Eberl einigen Journalisten eine Suggestivfrage. Sie lautete: „Ist Nick Woltemade 80 Millionen wert?“ Was der Sportvorstand des FC Bayern eigentlich sagen wollte: Nick Woltemade ist niemals 80 Millionen Euro wert. Niemals!
Doch Eberl hat sich verrechnet. Nick Woltemade ist nicht 80, sondern 85 und mit Bonuszahlungen sogar 90 Millionen Euro wert!
So viel bezahlt Newcastle United für den Stürmer des VfB Stuttgart. Woltemade ist nach Florian Wirtz, der vor dieser Saison für 125 Millionen Euro von Leverkusen zum FC Liverpool gewechselt ist, der teuerste deutsche Spieler.
Es ist eine bemerkenswerte Volte in dem ewigen Hickhack um eines der größten deutschen Fußballtalente. In den letzten Wochen ging es scheinbar nur noch darum, ob Woltemade schon in dieser Saison oder erst zur nächsten Spielzeit zum FC Bayern wechseln würde. „Die Akte ist geschlossen und Woltemade wird kommende Saison für den VfB Stuttgart spielen“, sagte Stuttgarts Vorstandschef Alexander Wehrle noch vor wenigen Tagen.
Der Fall Woltemade zeigt erneut: Solange das Transferfenster geöffnet ist, ist keine Akte wirklich geschlossen. Wenn Spieler und Berater unbedingt wechseln wollen und ein unmoralisches Angebot ins Haus flattert, wird sie eben wieder geöffnet.
Und unmoralische Angebote gibt es viele, seit der internationale Fußballmarkt von Investoren dominiert wird, deren Geldquellen schier unerschöpflich sind. Newcastle United wird größtenteils vom saudischen Staatsfonds PIF finanziert. Geld spielt dort keine Rolle.
Woltemade machte den Unterschied beim VfB aus
Die Stuttgarter profitieren nun offenbar vom Wahnsinn des Geschäfts. Gleichzeitig verlieren sie einen Spieler, der tatsächlich Spiel für Spiel den Unterschied ausmachte – zuletzt erst am Dienstag im DFB-Pokal. Außerdem hätten sie auch im kommenden Jahr noch eine hohe Ablöse für Woltemade kassieren können.
Doch der Satz, dass man Reisende nicht aufhalten soll, gilt immer. Woltemade wollte weg. Und wer möchte es ihm verdenken. Der 23-Jährige dürfte bei Newcastle locker das Fünffache dessen verdienen, was er aktuell beim VfB bekommt. Dazu spielt er in der Premier League, der besten Liga der Welt.
Max Eberl lag auf eine Weise ja richtig: Nick Woltemade hat bislang gerade einmal eine sehr gute Halbserie im Profifußball gespielt. In der Champions League, dem höchsten europäischen Klubwettbewerb, hat er noch keine Minute absolviert. Demzufolge ist Woltemade dieses Geld nicht wert.
Doch so wird heute nicht mehr gerechnet: Im modernen Fußball geht es vor allem um Prognosen – um die Entwicklung von Spielern und Marktwerten. Das Stichwort lautet Potenzialanalyse.
Die Fachleute von Newcastle United sind offenbar überzeugt, dass der Preis für den fast zwei Meter großen Stürmer mit der feinen Technik gerechtfertigt ist. Womöglich sogar eher als die 70 Millionen Euro, die die Bayern für den fünf Jahre älteren Außenstürmer Luis Díaz bezahlt haben.
Fairerweise muss man sagen, dass sich Newcastle im Gegensatz zu den Bayern solche millionenschweren Wetten auf die Zukunft leisten kann. Sollte der junge, noch unerfahrene Spieler die hohen Erwartungen nicht erfüllen – egal, das Geld versiegt nicht.
Dennoch: Das Selbstverständnis des FC Bayern als international höchst konkurrenzfähige Marke hat zum Start dieser Saison Kratzer bekommen. Die Münchner sichern sich nicht einmal mehr die besten deutschen Talente.
Man darf davon ausgehen, dass sich Eberl und seine Kollegen ärgern werden, im Feilschen mit dem VfB Stuttgart nicht noch ein paar Millionen draufgelegt zu haben. Ob es ein Fehler war? Das wird die Zukunft zeigen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: