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Jessy Meden lernte im Berliner Zirkus Cabuwazi das Einradfahren. Mittlerweile ist die Sportart dem Zirkus entwachsen, ohne seine Wurzeln zu vergessen.

© Marcel Wogram

Schluss mit dem Zirkus: Einradfahren ist mehr als nur eine Show

In Berlin sieht man öfter Menschen auf dem Einrad an sich vorbeifahren. Ob springend über einen Bordstein oder mit hohem Tempo auf dem Tempelhofer Feld. Denn die Sportart ist nicht nur bei Kindern beliebt.

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Hin und wieder sieht man sie: Einradfahrer oder -fahrerinnen, die sich geschickt durch Balance und Körperbeherrschung auf ihrem Einrad halten, über Bordsteinkanten springen und ein wenig Akrobatik ins Stadtbild zaubern. Die meisten von uns assoziieren das Einradfahren ja eher mit Zirkusdarbietungen und so verkehrt ist das auch gar nicht.

Inspiriert durch den rasanten Aufstieg des Fahrrads experimentierten Tüftler Ende des 19. Jahrhunderts mit vereinfachten Fahrradkonstruktionen, bei denen das traditionelle Zweirad auf ein einzelnes Rad reduziert wurde. Diese ersten Einräder kamen in Zirkussen und Varieté-Shows zum Einsatz, um das Publikum mit der außergewöhnlichen Geschicklichkeit der Fahrer zu begeistern.

Erst später hat sich das Einradfahren zu einer Freizeitbeschäftigung und zu einer anerkannten Sportart entwickelt. Auch in Berlin konnte man diese Entwicklung verfolgen. Jessy Meden war vor 30 Jahren eins der ersten Kinder, die beim Zirkus Cabuwazi das Einradfahren lernte. Später hat sie es als Trainerin selbst unterrichtet und heute ist sie Cabuwazi-Standortleiterin von Kreuzberg.

Mit ein paar Stunden üben ist es nicht getan. Wenn die Kinder es dann aber beherrschen, gibt ihnen das einen enormen Selbstbewusstseinsschub.

Jessy Meden, die beim Berliner Zirkus Cabuwazi das Einradfahren lernte

Sie erinnert sich noch deutlich an ihre ersten Erfahrungen auf dem Einrad und an die Zeit, in der Einräder plötzlich in der Stadt auftauchten. „Es war großartig zu sehen, wie immer mehr Kinder plötzlich mit dem Einrad zur Schule fuhren.“ Meden findet, dass so ein Einrad immer ein „Eyecatcher“ ist, und dass das Einradfahren bei den Kindern etwas bewirkt. „Einradfahren zu lernen, macht nicht nur Spaß, sondern es erfordert auch Durchhaltevermögen“, sagt Meden. „Da ist es mit ein paar Stunden üben nicht getan. Wenn die Kinder es dann aber beherrschen, gibt ihnen das einen enormen Selbstbewusstseinsschub.“

Das Fahren auf einem Rad setzt ein hohes Maß an Balance, Körperbeherrschung und technischer Finesse voraus. Wenn man es schafft, seinen Körper über dem Rad im Gleichgewicht zu halten, dann „macht es fit, ist gelenkschonender als Joggen und bringt den gesamten Körper in Bewegung“, so Meden. Sie erzählt, dass die Jüngsten, die im Zirkus üben, vier Jahre alt sind und dass sogar ihr Vater noch im Alter von 65 Jahren versuchte, sich auf dem Einrad zu halten.

Verschiedene Disziplinen in Wettkampfform

Das Einradfahren ist dem Zirkus treu geblieben und gleichzeitig entwachsen. Mittlerweile wird es in verschiedenen Disziplinen in Wettkampfform praktiziert. Unter anderem im Freestyle, wo akrobatische Tricks und kreative Routinen im Vordergrund stehen, sowie im Geschwindigkeitswettbewerb, bei dem es um Präzision und Schnelligkeit geht.

Zudem gibt es Hockey oder Basketball auf Einrädern. Die wachsende Anzahl an Trainingsgruppen und Wettkämpfen in Berlin zeigt, dass diese Sportart nicht nur als Kuriosität, sondern als ernstzunehmende athletische Herausforderung anerkannt ist.

Berlin bietet eine Vielzahl an Trainingsmöglichkeiten. Neben dem Zirkus kann man in verschiedenen Vereinen fahren oder selbst für sich trainieren. Ideal zum Einradfahren ist unter anderem die weitläufige Freifläche des Tempelhofer Feldes, die im Übrigen ein zentraler Trainingsort für die Berliner Einrad-Community ist. Auch im Mauerpark, im Park am Gleisdreieck oder im Volkspark Friedrichshain kann gefahren werden – und auch so manche Berliner Sackgasse oder Plätze wie der Alexanderplatz bieten Raum zum Üben.

Interessierte, die ins Einradfahren einsteigen wollen, müssen sich nicht unbedingt gleich ein eigenes Gefährt zulegen – die meisten Vereine bieten Leihräder an. „Wer länger dranbleiben will, der kann zwischen 80 und 200 Euro in ein eigenes Einrad investieren“, so Meden. Sie erzählt, dass es neben den einfachen Varianten mittlerweile City-Bikes und auch Mountainbikes als Einräder gibt.

Soll der Fokus eher auf dem akrobatischen Aspekt der Sportart liegen, gibt es zum Beispiel beim Cabuwazi die Möglichkeit, sein Können auszubauen. Mittlerweile hat der Zirkus sechs Standorte in der Stadt und bietet für Einrad-Interessierte verschiedene Kurse an.

Wer also Spaß an dieser sportlichen Herausforderung hat und sich für eine unkonventionelle und besondere Disziplin begeistern kann, für den ist die Berliner Einrad-Community eine ideale Plattform – sei es für Hobbyambitionen oder als Wettkampfsport.

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