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Patri Guijarro ist neben Aitana Bonmatí und Alexia Putellas entscheidend für den spanischen Erfolg.

© IMAGO/Jan Huebner

Spielkultur gegen Siegeswillen: Spanien fordert England im EM-Finale der Gegensätze

Die Spanierinnen dominieren das Turnier mit individueller Klasse und einer neuen mentalen Stärke. Gegen England soll nun der letzte Schritt zum historischen ersten EM-Titel gelingen.

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Wenn am Sonntag das EM-Finale in Basel angepfiffen wird (18 Uhr, ZDF und Dazn), stehen sich zwei Teams gegenüber, deren Weg ins Endspiel kaum unterschiedlicher hätte sein können.

Während Europameister England eher durch das Turnier taumelte, oftmals Rückständen hinterherlief und fußballerisch nicht wirklich überzeugte, spielen die Weltmeisterinnen aus Spanien eine starke EM – auch wenn es selbst bei ihnen den Anschein hat, dass sie ihr volles Potenzial noch nicht ausgeschöpft haben. „Ich bin beeindruckt von der Qualität, die die Spielerinnen haben. Sie sind sehr gewachsen und es ist noch keine Obergrenze in Sicht“, sagte Nacho Fernández, Assistent von Spaniens Cheftrainerin Montse Tomé.

Fernández gilt als der große Taktiker im spanischen Trainerteam, der Spielzüge bis ins Detail vorbereitet und auch dafür verantwortlich ist, dass Trainings eher K.-o.-Spielen gleichen. „Ich versuche, jede Trainingseinheit wie ein Fußballspiel zu gestalten und im Rahmen der Möglichkeiten die maximale Intensität zu erreichen“, sagte der 52-Jährige, der jahrelange Erfahrung auf internationalem Niveau hat und seit September 2024 Teil des spanischen Nationalteams ist.

Gegen England wird Spanien bis zum Schluss die maximale Intensität benötigen. Immerhin hat die Mannschaft von Sarina Wiegman bei dieser EM eindrucksvoll bewiesen, dass man sie niemals abschreiben darf. Im Viertelfinale und Halbfinale lagen die Lionesses jeweils zurück, kämpften sich aber beide Male doch noch zum Sieg.

Selbst wenn England nicht ganz so schön wie Spanien spielt, hilft letztlich die Qualität von der Bank und die große Effizienz. Mit Chloe Kelly und Michelle Agyemang haben zwei Einwechselspielerinnen ihr Jokerpotenzial gegen Italien demonstriert und dürften auch in Finale erstmal nur von außen zuschauen. Immerhin ist Trainerin Wiegman nicht gerade dafür bekannt, Änderungen an ihrer Startelf vorzunehmen.

Die Spanierinnen können auf ebenso viel individuelle Klasse von außen vertrauen. Stürmerin Salma Paralluelo, die erst 19-jährige Vicky Lopez oder Athenea del Castillo, die den Treffer Aitana Bonmatís gegen Deutschland vorbereitete, dürften in jedem anderen Nationalteam wohl einen Stammplatz sicher haben.

Ohne Patri Guijarro wäre Spanien nur halb so gut

Aus einer ohnehin stark besetzten Truppe stechen natürlich die zweimalige Weltfußballerin Alexia Putellas sowie Aitana Bonmatí, ebenfalls doppelte Weltfußballerin, heraus. Letztere kämpfte sich nach einer Hirnhautentzündung kurz vor dem Turnier zurück und spielt so, als sei nie etwas gewesen. Hinzu kommen die beiden Flügelspielerinnen Cláudia Pina und Mariona Caldentey. Pina wurde in dieser Saison Champions-League-Torschützenkönigin und Caldentey, die den FC Barcelona im vergangenen Sommer nach zehn Jahren Richtung England verließ, auf Anhieb mit Arsenal Champions-League-Siegerin.

Etwas unauffälliger, aber nicht zu ersetzen ist Patri Guijarro, die neben Putellas und Bonmatí im zentralen Mittelfeld aufläuft. Seit mehr als zehn Jahren spielen die drei gemeinsam beim FC Barcelona und bilden auch im Nationalteam das Herzstück. Im spanischen Fußball gibt es ein ungeschriebenes Gesetz, das besagt: Wenn Patri Guijarro gut spielt, spielen auch Spanien und Barcelona gut. „Sie ist die beste Spielmacherin der Welt. Sie deckt jeden Zentimeter des Spielfelds ab, und das mit Qualität und Intelligenz“, sagte etwa Putellas.

Sie ist das Rückgrat der Mannschaft und der Grund, warum wir alle gut spielen.

Vicky Lopez, spanische Nationalspielerin, über Patri Guijarro

Auch die junge Lopez hob kürzlich die Unverzichtbarkeit ihrer Mitspielerin hervor: „Sie ist eine der besten Spielerinnen der Welt, aber wurde immer unterschätzt. Sie ist das Rückgrat der Mannschaft und der Grund, warum wir alle gut spielen“, sagte Lopez. „Es gibt Pässe, die nur sie sieht. Wenn man ihr beim Spielen zusieht, kann man nicht anders als zu lächeln.“

Bei den Weltmeisterinnen ist das Selbstvertrauen vor dem Endspiel und der Glaube an den ersten EM-Titel jedenfalls groß. „Wir haben einen Sprung auf allen Ebenen gemacht. Auch mental sind wir jedes Mal stärker geworden“, sagte Trainerin Tomé. „Seele, Herz und Talent – uns fehlt es an nichts“, erklärte Außenverteidigerin Olga Carmona.

Auch bei Bonmatí ist der Wille groß, Geschichte zu schreiben. „Ich bin stolz darauf, zu dieser Generation von Fußballerinnen zu gehören, die so viel erreicht haben“, sagte die Starspielerin nach dem Finaleinzug. Nun möchten sie und ihre Mitspielerinnen die EM mit dem ganz großen Triumph krönen.

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