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Aitana Bonmatí ist nach ihrer Erkrankung wieder rechtzeitig fit für die EM geworden.

© IMAGO/Eibner

„Die Niederlage bei Olympia ist uns ein Dorn im Auge“: Spanien will endlich gegen Deutschland gewinnen

Fußballerisch überzeugten vor allem die Spanierinnen bei diesem Turnier. Doch der Respekt vor dem DFB-Team ist groß. Weltfußballerin Aitana Bonmatí weist daher sogar den Druck von sich.

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Einen Tag nachdem sich das DFB-Team durch den Mentalitätssieg über Frankreich für das Halbfinale qualifiziert hatte, titelte die spanische Sportzeitung „Marca“, dass Spanien nun auf sein Kryptonit treffe: Deutschland. Eine der sechs Nationen, die die spanischen Fußballerinnen noch nie besiegen konnten.

Die jüngsten Erfolge des DFB-Teams mit dem 2:0-Gruppensieg und dem 1:0-Erfolg beim Spiel um Bronze bei den Olympischen Spielen vor einem Jahr dürften dabei noch am präsentesten im Gedächtnis sein. „Es ist uns ein Dorn im Auge, diese Medaille nicht gewonnen zu haben“, sagte Aitana Bonmatí am Montag der „Marca“.

Die zweimalige Weltfußballerin könnte ein Grund sein, dass es diesmal anders läuft. Nachdem die 27-Jährige im Vorfeld der EM die spanischen Fans geschockt hatte, als sie davon berichtete, an einer viralen Meningitis erkrankt zu sein, ist sie mittlerweile wieder gesund und im Vollbesitz ihrer Kräfte.

Ich musste mich langsam herantasten, denn ich hatte keine Grippe, sondern etwas Ernsteres, das meinen Kopf beeinträchtigen könnte.

Aitana Bonmatí, spanische Nationalspielerin

„Es ist hart, wenn man mitten in der Vorbereitung plötzlich durch eine Krankheit aus der Routine gerissen wird und sich plötzlich im Krankenhaus wiederfindet. Das sind Dinge, mit denen niemand rechnet“, erzählte Bonmatí, die beim FC Barcelona unter Vertrag steht. „Ich musste mich langsam herantasten, denn ich hatte keine Grippe, sondern etwas Ernsteres, das meinen Kopf beeinträchtigen könnte, und deshalb waren wir vorsichtiger als sonst.“

War sie in den ersten beiden Gruppenspielen noch von der Bank gekommen, spielte sie gegen Italien und im Viertelfinale gegen die Schweiz über die vollen 90 Minuten. Beim Halbfinaleinzug in Bern wurde sie prompt zur Spielerin des Spiels gekürt. Das 1:0 durch Athenea del Castillo legte sie sehenswert per Hacke vor.

Dass Bonmatí so schnell wieder zu ihrer Bestform zurückgefunden hat und ihre Partnerinnen im Mittefeld, Alexia Putellas und Patricia Guijarro, ohnehin aktuell ihre Höchstleistungen abrufen, macht es nicht gerade einfacher für Deutschland, wenn am Mittwoch in Genf das Duell im Halbfinale ansteht (21 Uhr, ARD).

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Spielerinnen des FC Barcelona standen zuletzt in der Startelf Spaniens.

Dabei kommt Bonmatí und Co. auch die Eingespieltheit im Verein zugute. Gleich sieben Spielerinnen Barcelonas standen gegen die Schweiz in der Startaufstellung. Zwei weitere spielten in ihrer Karriere schon mal beim katalanischen Klub. Der große Erfolg Barcelonas, der die Folge herausragender Nachwuchsarbeit in der Akademie „La Masia“ ist, wirkt sich daher auch positiv auf das Nationalteam aus.

Claudia Pina (oben) und Alexia Putellas spielen gemeinsam beim FC Barcelona.

© IMAGO/NurPhoto

Die seit 2015 voranschreitende Professionalisierung der Frauenabteilung Barcelonas führt dazu, dass schon im Verein die spanische DNA – Ballbesitzfußball, präzise Pässe und vor allem das Gewinnen – verinnerlicht wird. Das beste Beispiel für den nahtlosen Übergang aus der Jugend in die A-Mannschaften ist die 18-jährige Vicky Lopez, eine der ersten Spielerinnen, die in der Akademie gelebt hat. Aber auch Bonmati, Claudia Pina oder Ona Batlle spielten sich durch verschiedene Altersklassen von „La Masia“.

Spanien hat das wohl beste Mittelfeld Europas

Die Spanierinnen haben derweil auch Respekt vor dem Team von Bundestrainer Christian Wück. „Ich denke, es wird ein sehr enges Spiel. Es stimmt, dass bei Deutschland einige Spielerinnen verletzungsbedingt oder aufgrund von Karten ausfallen, aber sie haben gerade einen sehr guten Sieg gegen Frankreich eingefahren“, meint Bonmatí. Sie sei beeindruckt gewesen von der starken Mentalität und der „riesigen Widerstandskraft“ des deutschen Teams. „Wir sollten das nicht zu sehr auf die leichte Schulter nehmen, auch wenn sie in der Theorie sehr müde sein müssten.“

Das vielleicht beste zentrale Mittelfeld Europas wird ergänzt von jungen und veranlagten Spielerinnen wie der 23-jährigen Claudia Pina oder Vicky Lopez. Beide bringen ein enormes Tempo mit und sind für ihre große Torgefährlichkeit bekannt. Mit ihnen ist Spanien in der Offensive in der Lage, extrem variabel zu spielen und selbst gegen tiefstehende Teams Lösungen zu finden. Meist spielen sie mit ihrem präzisen Kurzpassspiel und den schnellen Verlagerungen den Gegner müde und nutzen dann mit höchster Effizienz ihre Möglichkeiten.

Einziger Schwachpunkt könnte die Defensive um Kapitänin Irene Paredes sein, die sich bei diesem Turnier mitunter anfällig für Konter zeigte. Zumal mit Laia Aleixandri Paredes’ Partnerin in der Innenverteidigung gelbgesperrt fehlen wird. Doch auch hier handelt es sich um Meckern auf höchstem Niveau. Gegen die Schweiz zeigte die spanische Defensive den jungen Talenten Sydney Schertenleib und Iman Beney vor allem physisch ihre Grenzen auf.

Das spanische Team spielt derzeit so gut wie vielleicht noch nie und scheint die Vergangenheit mit dem Kuss-Skandal bei der WM und der fehlenden Unterstützung seitens des Verbandes rund um den ehemaligen Trainer Jorge Vilda hinter sich gelassen zu haben. Zwar bleibt mit Trainerin Montserrat Tome eine Person Teil des Staffs, der einst unter Vilda arbeitete, doch auch das scheint die Spanierinnen nicht zu belasten.

Und auch die Favoritenrolle weisen sie von sich. „Der Druck lastet auf den Deutschen, da sie acht Europameisterschaften gewonnen haben und wir noch keine, aber wir sind zu 100 Prozent von unserem Talent und unserer harten Arbeit überzeugt“, sagt Bonmatí. „Da wir schon so weit gekommen sind, wollen wir jetzt auch das Finale erreichen.“

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