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Überraschende Namen im Olympia‑Team: Berlin benennt Kuratorium mit 24 Vertretern aus der Stadtgesellschaft
Sport, Politik, Kultur und sogar Kirche: Berlins Olympia‑Kuratorium steht. Das Gremium vereint dabei erstaunlich unterschiedliche Perspektiven auf die Bewerbung.
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Der Berliner Senat will seine Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele stärker in der Stadt verankern. Diese Aufgabe soll ab sofort ein Kuratorium mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Kultur, Sozialwesen und Sport übernehmen. Seit Donnerstag ist bekannt, wer in diesem 24-köpfigen Gremium mitarbeitet.
Den Vorsitz führen der Regierende Bürgermeister Kai Wegner und Iris Spranger, die Senatorin für Inneres und Sport. Unter den Mitgliedern befinden sich so prominente Namen wie der von Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo, der bekannte Linken-Politiker Dietmar Bartsch oder Hermann Parzinger, der langjährige Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz.
Zusammen mit den anderen Mitgliedern des Kuratoriums sollen sie künftig eine zentrale Rolle im Austausch zwischen der Berliner Landesregierung und der Stadtgesellschaft übernehmen.
Mit der Schaffung des Kuratoriums reagiert der Senat auf die besondere politische Ausgangslage: Ein klassischer Volksentscheid über eine Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele ist verfassungsrechtlich in Berlin nicht möglich. Die Landesregierung setzt deshalb auf andere Formate der Bürgerbeteiligung.
Berlins Olympia-Beauftragter Kaweh Niroomand, der den Bewerbungsprozess koordiniert, beschreibt das Gremium als Schlüssel dafür: „Wir müssen eigene Instrumente der Beteiligung finden, weil wir dieses Referendum nicht haben können. Und ich finde das sogar ein Stück weit direktere Demokratie, weil man nicht irgendwo anonym abstimmt, sondern mit den Vertretern aus verschiedenen Branchen direkt redet.“
Ich erwarte, dass dieses Kuratorium nicht nur pro forma eingesetzt wird, sondern mit uns gemeinsam wirklich das Sprachrohr in die Stadtgesellschaft ist.
Iris Spranger, Senatorin für Inneres und Sport
Sportsenatorin Spranger betont ebenfalls, dass das Kuratorium mehr sein soll als ein formaler Rahmen: „Das ist ein ganz wichtiges Instrument, um mit den verschiedenen Vertretern der Stadtgesellschaft in Verbindung zu kommen. Deren Position ist uns sehr wichtig, und wir wollen das möglichst auch in das Beteiligungsverfahren einfließen lassen.“
Sie macht zugleich deutlich, dass es ausdrücklich um eine konstruktiv‑kritische Begleitung geht, nicht um symbolische Zustimmung: „Ich erwarte, dass dieses Kuratorium nicht nur pro forma eingesetzt wird, sondern mit uns gemeinsam wirklich das Sprachrohr in die Stadtgesellschaft ist.“
Im Kuratorium gibt es dabei auch einige Überraschungen. So ist mit Bartsch der frühere Fraktionsvorsitzende der Linken-Bundestagsfraktion dabei. Der 67 Jahre alte Politiker hat einmal in einem „Zeit“-Interview erzählt, dass er als Kind den Wunsch hatte, Olympiasieger zu werden. Nun engagiert er sich zumindest dafür, die Spiele nach Berlin und auch in sein Heimatbundesland Mecklenburg-Vorpommern zu holen, das einer der Partner im Konzept „Berlin+“ ist.
In der Hauptstadt hatte sich die Linkspartei zuletzt deutlich gegen eine Olympiabewerbung positioniert. Gleiches gilt auch für die Grünen in Berlin, aber eben nicht für alle. Jörn Oltmann, der Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, hatte sich bisher noch nicht öffentlich zu einer Bewerbung positioniert, arbeitet nun aber ebenfalls im Kuratorium mit.
Auch Grüne und Linke sind vertreten
Niroomand hatte zuletzt wiederholt erklärt, im Kuratorium auch mit Menschen zusammenarbeiten zu wollen, die aus Milieus stammen, die nicht per se als olympiafreundlich gelten. Dieser Ankündigung ist er mit der Besetzung des Kuratoriums nun durchaus gerecht geworden.
Berlin hat zudem immer wieder damit geworben, die Spiele für die Kinder und Jugendlichen in die Stadt holen zu wollen. Die Berufung von Orcun Ilter ins Kuratorium passt da ins Bild, der Teenager ist derzeit Berlins Landesschülersprecher. In dem breit aufgestellten Kuratorium ist selbst die Kirche mit Erzbischof Heiner Koch und Bischof Christian Stäblein vertreten.
Wir erleben in der ganzen Welt Krisen und Spaltung und wo, wenn nicht in Berlin kann man Freiheit, Demokratie und Zusammenhalt besser feiern?
Kai Wegner, Berlins Regierender Bürgermeister
Die konstituierende Sitzung des Gremiums erfolgte noch am Donnerstag im Roten Rathaus. Die Mitglieder wollen danach bis in den Herbst 2026 alle zwei Monate tagen. Am 26. September 2026 wird auf der Außerordentlichen Mitgliederversammlung des DOSB der nationale Bewerber für Olympische und Paralympische Spiele in den Jahren 2036, 2040 oder 2044 benannt. Berlin hofft dabei wie auch München, Hamburg und die Region Rhein-Ruhr mit Köln auf den Zuschlag.
Berlins Regierender Bürgermeister zeigte sich überzeugt davon, dass die Hauptstadt gute Karten auf die Ausrichtung der Spiele hat. Jetzt gehe es darum, die Berlinerinnen und Berliner mitzunehmen. „Wir erleben in der ganzen Welt Krisen und Spaltung und wo, wenn nicht in Berlin kann man Freiheit, Demokratie und Zusammenhalt besser feiern? Das ist unser Angebot an den DOSB an erster und an das IOC an zweiter Stelle.“
Sport sei, so Wegner, „der Kit unserer Gesellschaft und wir wollen, dass dieser Kit stärker wird, dass sich unsere Gesellschaft unterhakt und wir für etwas Großes eintreten und dann etwas Großes erleben in unserer Stadt.“ Und zum Kuratorium meinte der Regierende: „Die Bewerbung um die Spiele – das ist ja mehr als nur Sport. Deswegen freue ich mich über die Vielfalt des Kuratorium. Wir sind gemeinsam Team OIympia, Team Zusammenhalt.“
Mit der offiziellen Vorstellung des Kuratoriums beginnt nun die nächste Phase der Berliner Olympiapläne, deren Erfolg wesentlich davon abhängen dürfte, wie gut es gelingt, die Stadtgesellschaft auf diesem Weg mitzunehmen.
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