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Sport: Viel kleiner als der FC Bayern

Bernd Schuster hat in einem Vorort Madrids Erfolg

Spanien liegt Bernd Schuster zu Füßen. Weil „El Alemán“ in den letzten zwei Jahren eine jener Erfolgsgeschichten geschrieben hat, an die man im überreizten Starsystem des spanischen Fußballs schon nicht mehr glauben wollte: die des kleinen Aufsteigers, der es aus eigener Kraft bis nach ganz oben schafft. Als sich Schuster zum ersten Mal auf die Trainerbank des Getafe CF setzte, hatte es der Madrider Vorortverein gerade in die erste Liga geschafft.

25 Millionen Peseten (150 000 Euro) versprach Präsident Angel Torres Sanchez damals jedem Spieler für den Meistertitel. Als Antwort schallte lautes Hohngelächter durch die Kabine. Heute lacht keiner mehr über solche Offerten. Er habe einer Horde Tagelöhner sein Gewinner-Gen eingeimpft, schrieb die Tageszeitung „El País“ kürzlich über Bernd Schuster. Der Radiosender Cadena Ser kürte Schuster, der den ehemaligen Abstiegskandidaten FC Getafe auf den siebten Tabellenplatz und ins Viertelfinale des nationalen Pokals Copa del Rey geführt hat, kurzerhand zum Fußballgott.

Getreu seinem Motto „Alles entscheidet sich im Mittelfeld“ hat Bernd Schuster eine Mannschaft aufgestellt, die Trainerkollegen Bewunderung entlockt. „Man merkt dem Verein Bernds Handschrift an. Sie spielen offensiv, mit viel Fantasie – und das ohne die Verteidigung zu vernachlässigen“, sagte Frank Rijkaard nach dem 1:1 gegen den FC Barcelona im Januar. Valencias Trainer Quique Flores sagte nach dem 0:3 in Getafe vergangene Woche: „Getafe ist unsere schwarze Bestie.“

Dabei ist Schusters Rezept denkbar einfach. Vormittags und nachmittags lässt er hart trainieren; donnerstags geht die Mannschaft samt Trainer essen – als gemeinschaftsfördernde Maßnahme. Der Mann, der als Spieler bei gleich drei spanischen Großvereinen (FC Barcelona, Real Madrid, Atletico Madrid) so ziemlich alles geholt hat, was es an Titeln zu holen gab, ist ganz dicht bei seinen Jungs. So viel Nähe ist nur bei einem kleinen Verein ohne Superstars möglich.

Als „glückliche Zeit“ bezeichnete Schuster die zwei Jahre bei Getafe CF kürzlich. Und ein wenig klingt es wie Abschied nehmen. Seit Monaten wird Schuster als Nachfolger von Fabio Capello gehandelt, jetzt wünscht ihn sich Franz Beckenbauer beim FC Bayern. Wenn Real Madrid oder die Bayern anrufen, stünde er am nächsten Tag auf dem Trainingsplatz, sagte Schuster, um gleich später hinzuzufügen: „Bis jetzt liegen noch keine Anfragen vor. Das ist nur eine von mehreren schönen Geschichten.“

Getafe-Präsident Sanchez jedenfalls guckt sich derzeit schon nach einem neuen Trainer um, auch wenn er „noch fest darauf vertraut, dass Schuster bleibt“. Dem Aufsteiger aus dem grauen Madrider Vorort wäre das zu wünschen.

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