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Der türkische Botschafter Ahmet Basar Sen im Gerspräch mit Bundesaußenministerin Annalena Baerbock.

© IMAGO/photothek

Wegen Demirals „Wolfsgruß“: Diplomatische Auseinandersetzung zwischen Berlin und Ankara geht weiter

Der „Wolfsgruß“ des türkischen Nationalspielers Demiral zieht weiter Kreise. Jetzt kommt der türkische Präsident Erdogan nach Berlin. Kritik kommt von kurdischen Verbänden und der Politik. 

Stand:

Der sogenannte Wolfsgruß des türkischen Fußball-Nationalspielers Merih Demiral bei der Europameisterschaft in Deutschland zieht weitere diplomatische Kreise.

Der türkische Botschafter in Berlin wurde am Donnerstag in das Auswärtige Amt einbestellt, um den Vorfall zu thematisieren, wie eine Ministeriumssprecherin in Berlin mitteilte. Am Mittwoch war bereits der deutsche Botschafter in Ankara einbestellt worden. Die türkische Regierung wirft Deutschland in dem Fall „Fremdenfeindlichkeit“ vor.

Jetzt hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt, das Viertelfinalspiel der türkischen Mannschaft am Samstag in Berlin zu besuchen.  CDU-Innenpolitiker Stefan Heck kritisierte den Besuch Erdogans als Einmischung in die innenpolitischen Angelegenheiten Deutschlands

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird Erdogan während dessen Deutschland-Besuchs nicht empfangen. „Ein Zusammentreffen zwischen dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan und Bundeskanzler Scholz am Samstag ist nicht geplant“, erklärte eine Regierungssprecherin am Donnerstagabend in Berlin auf Nachfrage.

Als Gastgeber der Europameisterschaft „wünschen wir uns, dass Sport verbindet“, schrieb das Auswärtige Amt darauf im Online-Dienst X zu der Einbestellung.

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Demiral hatte im Achtelfinalspiel der Türkei gegen Österreich nach einem Tor den „Wolfgruß“ mit seinen Händen gezeigt, der als Zeichen der rechtsextremistischen türkischen Grauen Wölfe gilt.

In Deutschland werden 18.500 Mitgliedern gezählt, womit die Gruppe die größte rechtsextreme Organisation hierzulande ist. Verboten sind die Grauen Wölfe nicht, sie werden aber vom Verfassungsschutz beobachtet.

Der Wolfsgruß ist in Deutschland nicht verboten. „Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen“, schrieb Bundesinnenministerin Nancy Faeser auf der Plattform X gleichwohl. „Die Fußball-Europameisterschaft als Plattform für Rassismus zu nutzen, ist völlig inakzeptabel.“

Sie forderte den europäischen Fußballverband Uefa auf, den Fall zu untersuchen und Sanktionen zu prüfen, was dieser zusagte.

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Auch die Menschenrechtlerin Düzen Tekkal kritisierte am Mittwoch den laschen Umgang mit türkischen Rechtsextremen. „Seit Jahren bekomme ich von Anhängern der Grauen Wölfe, einer der größten rechtsextremen Gruppen in Deutschland, Morddrohungen. Dass Merih Demiral hier den rechtsextremen Wolfsgruß zeigt, ist eine Verhöhnung der Opfer“, schrieb Tekkal bei X. „So bitter für die türkischen Fans.“

Autokraten sollten zu Hause bleiben

Ali Ertan Toprak, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, zum Viertelfinalspiel-Besuch Erdogans

Der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, Ali Ertan Toprak, forderte die Bundesregierung auf, Erdogan bei seinem geplanten Besuch des Viertelfinalspiels der Türkei bei der Fußball-Europameisterschaft in Berlin „keine große Bühne“ zu bieten.

„Autokraten sollten zu Hause bleiben“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Aber man kann den Besuch des Spiels wahrscheinlich nicht verhindern.“ Toprak befürchtet, dass der Besuch „den türkischen Nationalismus in den Stadien und auf den Straßen noch einmal beflügeln wird.“

Gökay Sofuoglu, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde in Deutschland, sieht dagegen keinen Grund für Kritik an Erdogans EM-Besuch. „Wenn Erdogan nach Berlin kommen will, dann soll er kommen“, sagte Sofuoglu dem RND. „Es gibt keinen Grund zur Aufregung. Andere Präsidenten und Könige kommen ebenfalls zu den Spielen ihrer Mannschaften. Als Viktor Orban zum Spiel der ungarischen Mannschaft nach Stuttgart gekommen ist, hat sich auch niemand aufgeregt.“

Der CDU-Innenpolitiker Stefan Heck kritisierte den Besuch Erdogans als Einmischung in die innenpolitischen Angelegenheiten Deutschlands. Der Besuch des EM-Spiels Türkei gegen die Niederlande sei eine „klare Provokation“, sagte Heck dem TV-Sender Welt. „Sie müssen davon ausgehen, dass Herr Erdogan nicht aus sportlichen Gründen nach Berlin kommt.“

CDU-Politiker Christoph de Vries betonte: „Fußball und Faschismus sind ein krasser Widerspruch“. Nichts rechtfertige das Zeigen rechtsextremistischer Symbole. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kassem Taher Saleh erklärte, wer den Wolfsgruß auf dem Platz verbreite, habe „nicht nur Respekt vor dem Sport, sondern ganz grundlegend vor Menschen verloren.“ Die Uefa müsse sofort Konsequenzen ziehen.

Die Türkei setzte sich am Dienstag in Leipzig gegen Österreich mit 2:1 durch und steht am Samstag im Viertelfinale gegen die Niederlande in Berlin. Demiral schoss gegen Österreich beide Tore. Ihm könnte nun eine Sperre für das Viertelfinale drohen. (Reuters, AFP, Tsp.)

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