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Kathrin Hendrich (l.) stabilisierte das DFB-Team nach ihrer Einwechslung spürbar.

© IMAGO/Shutterstock

Wücks Prinzipien stehen auf dem Prüfstand: Deutschland ist der klare Außenseiter im EM-Viertelfinale

Kathrin Hendrich war zuletzt einer der wenigen Lichtblicke in der Defensive. Gegen Frankreich drängt sie in die Startelf und könnte damit das gewohnte System des DFB-Teams auf den Kopf stellen.

Stand:

Christian Wück ist als ein Trainer bekannt, der gerne an seinen Prinzipien festhält. Das tat der Bundestrainer bei der bisherigen Fußball-EM, indem er nahezu immer dasselbe Personal auf den Platz schickte und selbst bei Rückschlägen an seiner Spielidee kaum etwas veränderte.

Grundsätzlich ist es sicher nicht verkehrt, an seinen Vorgaben festzuhalten. Doch wenn dieselben Defensivprobleme immer wieder auftauchen, ist es möglicherweise an der Zeit, etwas zu verändern. „Noch ist keine Entscheidung getroffen worden, wie wir spielen“, sagte Kathrin Hendrich am Mittwoch mit Blick auf das Viertelfinalduell gegen Frankreich am Samstag in Basel (21 Uhr, ZDF). Zuvor war die Innenverteidigerin gefragt worden, ob die gewohnte Viererkette der Plan sei oder ein Wechsel zur Dreierkette.

© Quelle: Uefa, Kicker | Grafik: Tsp/Infografik

Hendrich, die nach dem Turnier vom VfL Wolfsburg zum US-amerikanischen Erstligisten Chicago Stars wechseln wird, ist mit ihren 84 Länderspielen eine der erfahrensten Spielerinnen im aktuellen Kader des DFB-Teams. Nur Sara Däbritz hat mit 108 Einsätzen mehr Spiele absolviert. Die Erfahrung Hendrichs war auch nach ihrer Einwechslung gegen Schweden deutlich spürbar. Sie stabilisierte eine völlig verunsicherte deutsche Abwehr, gewann alle ihre Zweikämpfe am Boden, eroberte am meisten Bälle und überzeugte mit ihrem Tempo sowie einer Passquote von 92 Prozent. Kurz gesagt: Sie betrieb viel Eigenwerbung für ihren ersten Startelfeinsatz bei dieser EM.

Sollte Hendrich tatsächlich spielen, könnte das die Abwehrkette deutlich verändern. Die 33-Jährige ist auch in der Lage, die vakante Stelle der Rechtsverteidigerin auszufüllen, hat ihre Stärken aber eigentlich in der Mitte. Dort gilt Rebecca Knaak neben Kapitänin Janina Minge allerdings trotz durchwachsener Leistungen weiterhin gesetzt.

Eine Umstellung auf eine Dreierkette wäre also erneut denkbar. „Es ist eine Option, sonst hätten wir es in der zweiten Hälfte ja nicht gespielt“, sagte Wück nach der 1:4-Niederlage gegen Schweden. Der Bundestrainer könnte auch Sophia Kleinherne auf der Außenposition aufbieten, die einzige verbliebene gelernte Rechtsverteidigerin im Kader. Ihr scheint Wück aber nicht gänzlich zu vertrauen.

DFB-Team muss Rückschläge besser wegstecken

In jedem Falle wird es gegen die schnellen Französinnen darauf ankommen, ein intensives und erfolgreiches Gegenpressing nach Ballverlusten abzurufen oder eine gute Konterabsicherung zu zeigen. Ansonsten dürfte es genauso laufen wie im Spiel gegen Schweden, in dem man vor allem auf den Außenpositionen oftmals das Nachsehen hatte.

Christian Wück scheint jedenfalls an seinen Prinzipien festhalten zu wollen und nicht auf eine weniger schöne, aber pragmatische Lösung zu setzen: tief stehen und selbst kontern. „Wir haben viele erfahrene Spielerinnen dabei und spielen nicht erst seit gestern Fußball. Daher können wir mit vielen Optionen umgehen“, sagte Hendrich am Mittwoch.

Wir müssen alles reinhauen, dann haben wir auch eine Chance gegen Frankreich.

Kathrin Hendrich, deutsche Nationalspielerin

Es geht ohnehin nicht nur um das System, mit dem Christian Wück spielen wird, sondern auch um weiche Faktoren wie Mut, Leidenschaft und Glaube. Es bleibt ein Problem, dass sich Deutschland von Rückschlägen zu leicht aus der Bahn werfen lässt. Schon vor der Roten Karte von Carlotta Wamser nach einer halben Stunde, war das deutsche Team nach den beiden Gegentreffern völlig von der Rolle gewesen.

Was es dann braucht, sind Spielerinnen wie Minge oder Vizekapitänin Sjoeke Nüsken, die noch mehr auf dem Platz vorweggehen müssen. Zudem braucht es Mechanismen, auf die zurückgegriffen werden kann, wenn es mal nicht läuft. Zuletzt wirkten nicht nur die deutschen Spielerinnen recht planlos, sondern auch Wück und sein Trainerteam.

Deutschland gilt im Viertelfinale als Außenseiter, auch wenn die Französinnen die Rolle der Favoritinnen ablehnen. „Wir wissen um die Stärken der Französinnen, das hat man im Turnier auch gesehen. Wir dürfen aber unsere Stärken nicht vergessen, auch wenn wir sie bisher noch nicht abrufen konnten“, gab sich Hendrich zuversichtlich. „Es wird wieder auf Kleinigkeiten ankommen und darauf, dass du den ein oder anderen Meter mehr machst, um dir das Glück zu erarbeiten. Wir müssen alles reinhauen, dann haben wir auch eine Chance gegen Frankreich.“

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