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In Herzogenaurach fühlt sich das deutsche Team schon immer sehr wohl. Diesmal stehen die Spielerinnen dort weniger unter Druck als sonst.

© IMAGO/Beautiful Sports

Zwischen Unmut und Teamgeist: So bestimmt die Vorbereitung den Erfolg des DFB-Teams

Bundestrainer Christian Wück hat aus den Fehlern seiner Vorgängerin gelernt und früh wichtige Entscheidungen getroffen. Im Trainingslager soll es nun nicht nur um Fußball gehen.

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In der Retrospektive lässt sich ein Fußballturnier immer recht einfach bewerten. Viele Faktoren sind im Nachhinein klarer sichtbar und objektiv besser einzuschätzen. Wurde eine Mannschaft den Erwartungen gerecht, was waren mögliche Fehler, wo passte die Vorbereitung vielleicht nicht zu hundert Prozent?

Für die starke Europameisterschaft der deutschen Fußballerinnen in England vor drei Jahren gab es mehrere Gründe, ebenso für das Gruppenaus bei der Weltmeisterschaft 2023.

Der vielleicht größte Unterschied zwischen beiden Endrunden lag allerdings in der Vorbereitung. Zwar absolvierte das Team beide Male jeweils zwei Trainingslager in Herzogenaurach. Während vor der EM in England, die mit Platz zwei für das deutsche Team endete, der Kader bereits nach dem ersten Lehrgang bekanntgegeben wurde, erfolgte die Verkündung der finalen 23 Spielerinnen für die WM aber erst nach dem zweiten Trainingslager und damit gerade mal zwölf Tage vor dem Eröffnungsspiel in Neuseeland.

Als Mannschaft haben wir es nicht als optimal empfunden, beide Lehrgänge noch als Nominierungswoche zu sehen.

Alexandra Popp, ehemalige DFB-Kapitänin nach der WM 2023

„Als Mannschaft haben wir es nicht als optimal empfunden, beide Lehrgänge noch als Nominierungswoche zu sehen“, sagte die damalige Kapitänin Alexandra Popp später. „Das hat einen gewissen Unmut innerhalb des Teams erzeugt, weil man einfach extrem hohen Druck hatte.“

Mehrere Nationalspielerinnen wie Sjoeke Nüsken oder Laura Freigang hätten sich eine frühere Entscheidung gewünscht. Sei Spielerinnen zufolge im Vorfeld der EM 2022 in Herzogenaurach eine gewisse Magie und ein großer Zusammenhalt innerhalb des Teams entstanden, habe es dazu vor der WM nicht wirklich eine Gelegenheit gegeben. Und damit keine optimale Vorbereitung, was einer der Gründe für das schlechte Abschneiden des DFB-Teams darstellte.

Fokus auf Fußball und Teamgeist

Bundestrainer Christian Wück vermied es, den gleichen Fehler wie seine Vorgängerin Martina Voss-Tecklenburg zu machen und gab bereits vor einer Woche den finalen Kader für die am 2. Juli beginnende Europameisterschaft bekannt. Er wollte bewusst früh Klarheit für seine Spielerinnen schaffen. Andere Nationen wie England, Spanien oder Frankreich taten dies sogar noch ein paar Tage früher. Das Aufgebot von Gastgeber Schweiz wird hingegen erst am kommenden Montag verkündet.

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Trainingslager werden in Herzogenaurach vor der EM absolviert.

An diesem Donnerstag startet das deutsche Team um Kapitänin Giulia Gwinn nun in das erste von zwei Trainingslagern in Herzogenaurach. Die ersten Einheiten auf dem Platz folgen am Freitag. „Wir werden den Fokus aufs Training legen und vor allem in den ersten Tagen darauf, die Spielerinnen auf das gleiche Fitnesslevel zu bekommen“, kündigte Trainer Wück an.

Von Dienstag bis einschließlich Donnerstag bekommen seine Spielerinnen nochmal ein paar Tage Zeit zum Ausruhen und Abschalten, ehe am Freitag (27. Juni) die zweite Vorbereitungsphase beginnt.

Dann soll es überwiegend um taktische Inhalte gehen wie den eigenen Spielaufbau, die richtige Positionierung gegen den Ball und den ersten Gruppengegner. „Wir werden ziemlich schnell Polen in unseren Mittelpunkt stellen und den Spielerinnen kurz und knapp die Möglichkeiten, die uns Polen gibt, erklären und dann eben den Fokus auf unser Spiel legen.“

Dabei verzichtet der Bundestrainer auf ein finales Testspiel. Andere Nationen gehen auch hier einen anderen Weg. Etwa der dritte Gruppengegner und Mitfavorit Schweden, der ein Freundschaftsspiel gegen Norwegen bestreitet, oder England und Spanien, die gegen Jamaika und Japan eine Generalprobe spielen. Das französische Nationalteam absolviert sogar noch zwei Tests vor der EM, zunächst gegen Belgien und dann gegen Brasilien.

Am Morgen des 30. Juni geht es für die deutschen Nationalspielerinnen und den Bundestrainer schließlich ins sogenannte Team Base Camp ins Five Hotel Zürich. Trainiert wird im etwa viereinhalb Kilometer entfernten Sportzentrum Buchlern. Das Stadion Letzigrund, in dem Deutschland das dritte Gruppenspiel gegen Schweden bestreitet, ist sogar noch näher am Hotel gelegen.

Die Rahmenbedingungen scheinen diesmal – im Gegensatz zur WM 2023 – wieder zu stimmen. Auch wenn es unter Christian Wück ebenfalls Kommunikationsproblemen mit einzelnen Spielerinnen gab, sollen mögliche Differenzen nun ausgeräumt sein und der volle Fokus auf der Entwicklung der fußballerischen Leistung sowie der des Teamgeists liegen. Ob dabei wieder jene besondere Magie entsteht, die das deutsche Team bei der letzten EM bis in Finale trug, zeigt sich aber wohl wie so oft erst in der Rückschau.

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