zum Hauptinhalt
Die Bronzemedaille hat Brenna Huckaby in Peking bereits sicher.

© IMAGO/Kyodo News

Brenna Huckaby kämpfte für ihren Start – und holt Gold: Zu behindert für die Paralympics

Erst nach einem Gerichtsurteil durfte Brenna Huckaby bei den Paralympics in Peking starten. Die US-Snowboarderin krönte ihren Auftritt am Freitag mit der Goldmedaille.

Von Benjamin Brown

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Für Brenna Huckaby hat sich der Kampf gelohnt: Die US-Snowboarderin hat bei den Paralympics in Peking ihren Titel im Banked Slalom verteidigt und holte zuvor Bronze im Cross. Dass Huckaby am Freitag erneut auf dem Podest stehen konnte, gleicht einem Wunder – schließlich hätte die doppelte Goldmedaillengewinnerin der Spiele 2018 in Südkorea eigentlich nicht antreten dürfen. Erst ein Gerichtsverfahren in Deutschland machte ihren Start in Peking kurzfristig möglich.

Die Startklasse des 26 Jahre alten Postergirls des Para-Snowboards war aus dem Programm der Paralympics genommen worden. Unter den Frauen mit starker Beeinträchtigung in einem oder mäßiger in beiden Beinen hatten sich nicht genügend Teilnehmerinnen für die Spiele in China gefunden. Auch der Möglichkeit, in der Klasse der weniger beeinträchtigten Fahrerinnen oder bei den Männern zu starten, erteilte das Internationale Paralympische Komitee (IPC) Huckaby eine Absage. Der Verband betonte, dass man verhindern müsse, dass Sportler mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen gegeneinander antreten. Es gehe darum, die Fairness des Wettbewerbs zu gewährleisten. Huckaby jedoch hätte für einen Start sogar einen sportlichen Nachteil in Kauf genommen.

Die zweifache Mutter, der nach einer Krebserkrankung im Alter von 14 Jahren das rechte Bein amputiert worden war, ging an die Öffentlichkeit und sorgte für einen Aufschrei.

Das IPC zeigte sich enttäuscht

„Ich bin seit Langem stolze Fürsprecherin der paralympischen Bewegung, die in den Themen Vielfalt und Inklusion führend sein sollte“, schrieb Huckaby auf ihren Social-Media-Kanälen. „Doch wenn es um ihr Flaggschiff, die Paralympics, geht, ist meine Behinderung der Grund, warum ich ausgeschlossen werde.“ Noch feuriger wurde sie in einem Video-Post: „Ich darf nicht an den Paralympics teilnehmen, weil ich zu behindert bin.“

Von ihrem Training in den Bergen Utahs führte Huckabys Kampf um die ersehnte Paralympics-Teilnahme nach Düsseldorf. Vor dem Oberlandesgericht ging es gegen das in Bonn ansässige IPC. Huckaby gewann. Das Gericht folgte ihrer Argumentation, nach dem ein Ausschluss von Sportlerinnen und Sportlern mit hohen Behinderungsgraden aus Mangel an Teilnehmenden gegen Kartellrecht verstoße. Dem IPC komme als Monopolist eine besondere Verantwortung zu.

Brenna Huckaby stürzte im Finale zwar früh, kam aber dennoch als Dritte ins Ziel.
Brenna Huckaby stürzte im Finale zwar früh, kam aber dennoch als Dritte ins Ziel.

© IMAGO/GEPA pictures

Der Verband zeigte sich enttäuscht, schrieb in einer Mitteilung von einer „Überraschung“, die der brasilianische IPC-Präsident Andrew Parsons an einem „Mangel an Verständnis für das Klassifizierungssystem“ festmachen wollte. Für das IPC, so scheint es, war der Fall größer als die Frage, ob Huckaby nun starten würde oder nicht – der Weltverband befürchtet, dass durch die erzwungene Regeländerung bei der Klassifizierung eine Klagewelle auf ihn zurollen könnte.

Für Huckaby sind die Spiele ein Erfolg

Neben Huckaby erstritt sich auch die Französin Cecile Hernandez, die im Snowboard Cross Gold holte, ihre Starterlaubnis für die Paralympics. Die Integrität und der Wunsch, beeinträchtigtere Athletinnen und Athleten zu schützen, wurden in Peking nicht verletzt. Im Gegenteil: Hernandez und Huckaby hatten bewiesen, dass sie auch in einer höheren Startklasse auf Weltniveau fahren können – und sogar ganz vorne landen.

„Diese Medaille bedeutet mir mehr als alles Gold, das ich je gewonnen habe“, sagte Huckaby nach ihrem dritten Platz im Snowboard Cross: „Diese Medaille steht für jeden Menschen, dem man ,Nein’ gesagt hat, der aber trotzdem alles gibt. Diese Medaille steht für Menschen, die absichtlich zum Schweigen gebracht wurden, sich aber entschieden haben, aufzustehen und sich für das Richtige einzusetzen.“ Am Freitag setzte die US-Amerikanerin dann noch einen drauf und gewann im Banked Slalom vor vier Chinesinnen. Nach dem ersten Lauf hatte noch Hu Nianjia vorne gelegen, die am Ende auf Platz 4 zurückfiel.

Für Huckaby sind die Spiele ein voller Erfolg. Das IPC kann sich, so könnte man meinen, eigentlich daran erfreuen, dass eine der bekanntesten Athletinnen in Peking die so notwendige Aufmerksamkeit bringt. Doch für den Verband könnten die Kopfschmerzen gerade erst beginnen: Ob mehr Sportlerinnen und Sportler den Weg über Gerichte suchen werden, um ihre Teilnahme zu ermöglichen, wird sich zeigen. Grund zur Sorge hat das IPC aber bereits jetzt: Der Rechtsanwalt Christof Wieschemann, der Huckaby und Hernandez vertrat, sagte der „Süddeutschen Zeitung“, dass bereits mehr als zehn Para-Athleten aus Laufdisziplinen, deren Wettbewerbe gestrichen wurden, sich bei ihm gemeldet hätten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false