zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Die eilige Steuerreform

Nur acht Wochen will der Finanzminister dem Bundestag für die Unternehmensteuersenkung geben

Von Antje Sirleschtov

Stand:

Berlin - Die große Koalition will die Unternehmensteuerreform von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) in der Rekordzeit von nur acht Wochen durch den Bundestag bringen. Das Plenum soll über die umstrittene Reform bereits am 25. Mai abschließend beraten. Eine erste Lesung im Bundestag ist für den 23. März vorgesehen. Der finanzpolitische Sprecher der FDP und Bundestagsvizepräsident, Hermann Otto Solms, warf Union und SPD angesichts dieses Zeitplanes eine Missachtung des Parlaments vor. Dem Tagesspiegel sagte Solms: „Die große Koalition will die Reform nur noch durchpeitschen.“ Intensive Beratungen des Bundestages seien „offenbar nicht erwünscht, weil der Finanzminister Angst vor den Linken in seiner Partei hat“.

Auch die finanzpolitische Sprecherin der Grünen, Christine Scheel, forderte von der großen Koalition mehr Beratungszeit. Angesichts der Bedeutung der Steuerreform sei es „nicht akzeptabel“, dass der Finanzausschuss des Bundestages neben der Expertenanhörung nur noch einen Beratungstermin vorsehe. Scheel forderte „mehr Zeit, um diese umfangreiche Reform zu beraten“.

Das Bundeskabinett will den Gesetzentwurf des Finanzministers an diesem Mittwoch verabschieden. Das Gesetz soll im Januar 2008 in Kraft treten. Ab Januar 2009 ist für die Besteuerung von Kapitalerträgen die Einführung einer Abgeltungssteuer von 25 Prozent zuzüglich Kirchensteuer vorgesehen. Insbesondere in der SPD hat es in den vergangenen Wochen heftige Kritik an der Reform gegeben, mit der die Steuersätze für Kapitalgesellschaften gesenkt werden sollen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte einen Tag vor der Kabinettsbefassung zu, die Reform werde noch einmal zugunsten von Forschung und Entwicklung verbessert. Das neue Gesetz dürfe nicht dazu führen, dass Forschung in Deutschland erschwert werde und abwandere, sagte Merkel am Dienstag nach einem Treffen mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft am Rande der Handwerksmesse in München. Die Kanzlerin griff damit eine Forderung der Wirtschaftsverbände auf. Merkel sagte, das Ziel einer Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsausgaben auf drei Prozent dürfe nicht durch die Unternehmensteuerreform gefährdet werden. Die Wirtschaft fürchtet, dass bestimmte Teile der vorgesehenen Reform den Forschungsstandort Deutschland unattraktiv machen werden.

Die Eckpunkte der Steuerreform wurden in den zurückliegenden Monaten von einer gemeinsamen Arbeitsgruppe festgelegt, der Vertreter von Bund und Ländern angehörten. An deren Spitze standen Finanzminister Steinbrück und der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU).

Im Einzelnen sind folgende Maßnahmen vorgesehen:

Steuersatzsenkung: Der Körperschaftsteuersatz, den Aktiengesellschaften und GmbH’s zahlen, soll von derzeit 25 auf 15 Prozent gesenkt werden. Gleichzeitig soll die Messzahl für die Berechnung der Gewerbesteuer auf 3,5 Prozent gesenkt werden, so dass einschließlich Solidaritätszuschlag eine steuerliche Gesamtbelastung für die Unternehmen von 29,83 Prozent (derzeit rund 39 Prozent) erreicht wird.

Personengesellschaften: Für diese Unternehmen soll es zu einer Steuertarif-Begünstigung für thesaurierte (im Unternehmen verbleibende) Gewinne kommen. Außerdem soll der Faktor zur Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer von 1,8 auf 3,8 erhöht werden.

Zinsschranke: Diese Maßnahme soll die Anreize für Unternehmen verringern, ihre in Deutschland erzielten Gewinne über komplizierte Verrechnungen an Auslandsbeteiligungen zu transferieren, um sie dort günstiger zu versteuern. Dazu soll eine sogenannte „modifizierte Zinsschranke“ eingeführt werden. Damit Mittelständler nicht nachteilig getroffen werden, soll eine Freigrenze von einer Million Euro eingeführt werden.

Gewerbesteuer: Bei der Berechnung sollen in Zukunft 25 Prozent aller Zinsen und Finanzierungsanteile von Mieten, Pachten, Leasingraten und Lizenzen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzugerechnet werden. Hier ist ein Freibetrag von 100 000 Euro vorgesehen. Die Möglichkeit, die Gewerbesteuer als Betriebsausgabe abzuziehen, fällt weg.

Abschreibung: Die Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter wird verändert, die degressive Abschreibung (AfA) für bewegliche Wirtschaftsgüter fällt weg.

Abgeltungssteuer: Der Entwurf enthält eine Regelung zur Einführung einer Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne ab 1. Januar 2009 von 25 Prozent. Für Kleinverdiener wird eine Sonderregelung eingeführt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })