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Ob Scholz, Merz oder jemand Drittes: Vom nächsten Kanzler wünschen sich Firmenvertreter als Erstes den Abbau von Bürokratie.

© dpa/Hannes P Albert

Fachkräfte und Klima nur noch nachrangig: Firmen erwarten von neuer Bundesregierung vor allem Bürokratieabbau

In weniger als einem Monat wird gewählt. Aus Unternehmenssicht am stärksten drängt das Thema Bürokratie, noch vor Steuern und Energiepreisen. Die Klimakrise ist keine politische Priorität mehr.

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Nach dem Messerangriff von Aschaffenburg haben vor allem Union und AfD die Asyl- und Migrationspolitik ins Zentrum des Wahlkampfs zurückgeholt. Die Prioritäten in den Unternehmen sind nach zwei Jahren Rezession und immer mehr Insolvenzen aktuell andere: Von einer neuen Bundesregierung erwarten Unternehmen an erster Stelle Bürokratieabbau.

In einer vom Ifo Institut im Auftrags der Stiftung Familienunternehmen durchgeführten repräsentativen Umfrage unter 900 Firmenvertretern, gaben das fast 40 Prozent als drängendste Aufgabe an. Danach folgten Maßnahmen zur Senkung der Energiepreise (30 Prozent) und Steuern (14 Prozent).

„Das Stimmungsbild ist eindeutig: Die nächste Bundesregierung muss einen noch nie dagewesenen Reformstau auflösen“, sagte der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, Rainer Kirchdörfer. Dazu brauche es vor allem schnelle Entscheidungen. Andernfalls drohe eine weitere Verschärfung der Konjunktur- und Strukturkrise.

Bürokratiekosten seit Jahren kaum gesunken

Tatsächlich ist der Aufwand für Unternehmen zum Stellen von Anträgen, Durchführen von Meldungen und ähnlichen Tätigkeiten seit Jahren kaum gesunken. Dies betrifft den vom Ifo Institut Befragten zufolge alle Bereiche, insbesondere vor allem auch kleine und mittlere Unternehmen. Zwei Drittel der Befragten aus Firmen mit 10 bis maximal 50 Mitarbeitenden ächzen demnach besonders stark unter der Bürokratie.

Was die Firmenvertreter konkret für weniger Bürokratie erwarten, geht aus der Befragung nicht hervor. Stattdessen wollen fast 27 Prozent die Bundesregierung zu einer bürokratieärmeren Ausgestaltung von Gesetzen verpflichten. Gut 20 Prozent forderten eine „Konzentration auf wesentliche Aufgaben“. Priorität hat den Befragten zufolge zudem die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die häufig als zu umfangreich und redundant kritisierten Berichtspflichten (vorübergehend) aussetzen zu lassen, wünschen sich nur sechs Prozent der Befragten.

Ein Drittel will zurück zur Kernkraft

Im Bereich der Energiepolitik erwarten über die Hälfte der Firmen, die Stromnetzentgelte zu senken sowie den Ausbau der Strom-Übertragungsleitungen zu beschleunigen. Die Netzentgelte machen bei Haushalten etwa ein Viertel der Stromkosten aus, bei energieintensiven Betrieben ist häufig weitaus mehr. Das Bundeskabinett hat einen entsprechenden Milliardenzuschuss zur Senkung der Strompreise im Dezember auf den Weg gebracht. Die rot-grüne Minderheitsregierung hat allerdings keine Mehrheit im Bundestag. Union und FDP wollen einer dafür notwendigen Gesetzesänderung allerdings vor der Wahl nicht zustimmen.

Wichtig ist für die Unternehmen zudem, eine zuverlässige Versorgung durch eine diversifizierte Energieerzeugung sicherzustellen. CDU/CSU schreiben dafür auch der Kernenergie eine „bedeutende Rolle“ zu, wie es im Wahlprogramm heißt. In der Ifo-Umfrage wünscht sich dagegen nur ein Drittel die Rückkehr zur Kernkraft. Ein subventionierter Industriestrompreis steht auf dem letzten Platz der geäußerten Prioritäten.

Nachhaltigkeit und Fachkräftemangel verlieren an Bedeutung 

In der Steuerpolitik nannten die Unternehmen laut der Umfrage am häufigsten die Abschaffung des Solidaritätszuschlags. Seit 2021 zahlen den Soli nur noch Spitzenverdienende sowie Unternehmen. Zudem sprachen sich die Firmenvertreter für niedrigere Lohn- und Einkommensteuern aus. Entsprechende Vorhaben haben sowohl CDU/CSU als auch FDP in ihren Wahlprogrammen. Statt über pauschale Steuersenkungen für alle wollen SPD und Grüne Firmen über Investitionsprämien entlasten. Diese Forderung bekam in der Ifo-Befragung nur wenig Zustimmung.

Wie auch andere Befragungen von Bevölkerung oder Firmen zuletzt zeigten, spielen Maßnahmen zur Eindämmung der Klimakrise nur noch eine nachgelagerte Rolle. In der Ifo-Umfrage gaben nur noch gut vier Prozent der Unternehmen an, die Bundesregierung sollte sich dem Thema Nachhaltigkeit als Erstes annehmen. Auch der Fachkräftemangel, ein von Ökonominnen und Ökonomen häufig als eines der strukturell größten genannten Problemen, ist für gerade einmal etwas mehr als fünf Prozent eine politische Priorität.

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