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Der Siegerentwurf. Unter den 10 Finalisten der zweiten Phase des Wettbewerbs konnte sich Christa Reicher vom Architekturbüro RHA durchsetzen. Sie entwickelte ihren Entwurf gemeinsam mit der Carla Lo Landschaftsarchitektur aus Wien und der Lindschulte Ingenieurgesellschaft mbH aus Nordhorn. Grafik: Gemeinde Schönefeld

©  Gemeinde Schönefeld

Stadtentwicklung: So wird Boom gemacht

Wettbewerb Schönefeld-Nord entschieden. Gemeinde plant „Leuchtturm der Baukultur“.

Es ist entschieden: Das rund 150 Hektar große Entwicklungsgebiet im Schönefelder Norden (Der Tagesspiegel berichtete) wird nach Plänen des Teams um die Diplomingenieurin und Universitätsprofessorin Christa Reicher vom Architekturbüro RHA Reicher Haase Assoziierte aus Aachen gebaut, die ihren Entwurf gemeinsam mit der Carla Lo Landschaftsarchitektur aus Wien sowie der Lindschulte Ingenieurgesellschaft mbH aus Nordhorn entwickelte. Der Schönefelder Norden erstreckt sich links und rechts der Hans-Grade-Allee in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhof, der Schwimmhalle und des Rathauses und soll rund 10000 neue Bewohner*innen tragen.

Die Entwicklung verläuft rasant

Schönefelds Bürgermeister Christian Hentschel (Bürgerinitiative Schönefeld/BiS) kommt mit der Entwicklung der Flächen langsam an die Grenzen des Leistbaren, wie er am Montagabend (22. August) in den ARD-Tagesthemen („Mittendrin“) zu Protokoll gab: „Heute werden 700 Wohnungen dort fertig. Nächste Woche werden 450 Wohnungen dort fertig und dann noch mal 300. Und diese Wohnungen sind schon vergeben, ja?! Das ist vom Gefühl her so, dass man hier ankommt und alle steigen zeitgleich aus. Und dann kommt auch schon der nächste Bus.“ Ein fast ungebremstes Wohnungswachstum, das Hentschels Verwaltung vor große Herausforderungen stellt. Kathrin Sczepan, Dezernatsleiterin Bau- und Investorenservice der Gemeinde Schönefeld, sagte in dem Beitrag: „Ich brauche den Verkehrsplaner, der hoffentlich zum 1. November kommt. Dann fehlen im Team Bauleitplanung noch zwei bis drei weitere Fachkräfte. In der Ausschreibung ist gerade auch noch mal eine „Grünstelle“, unter anderem jemand, der sich mit dem Klimaschutz auseinandersetzt. Ingenieure sind auch Goldstaub.“ Die Entwicklung geht rasant. Nicht nur die Bauverwaltung ist unter Druck.

Ingenieure sind "Goldstaub"

„Es fehlen aktuell 60 bis 100 Erzieher*innen, um die Versorgung mit sozialer Infrastruktur zu gewährleisten“, sagt Hentschel auf Anfrage dieser Zeitung. Die Ausweisung neuer Wohn- und Gewerbegebiete bringe Tausende neue Einwohner*innen und viele neue Gewerbetreibende mit sich. Das habe Auswirkungen auf die verwaltungsinterne Arbeit, etwa im Einwohner- und Gewerbeamt, im Bereich Steuern, der Verkehrsbehörde, dem Bauhof oder auch der IT. „Zudem fehlen Fachkräfte im Baudezernat – Tiefbauingenieure, Bauleitplaner, Hochbauingenieure, Verkehrsplaner – für die Ansiedlungsentwicklung von Investoren und Gewerbe und die dafür notwendige (Verkehrs-)Infrastruktur“, sagt der Bürgermeister dem Tagesspiegel. Denn Schönefeld Nord ist nicht das einzige Projekt, das die Gemeinde derzeit in der Pipeline hat.

Die Unternehmen Alpine, DLE und GSG Berlin haben eine Projektgesellschaft für die Entwicklung des Gewerbegebietes Waßmannsdorfer Tor in Schönefeld bei Berlin gegründet. Zweck der Gesellschaft ist die Entwicklung des ca. 15 Hektar großen Areals an der B 96a zu einem Gewerbestandort mit Flächen für Produktion, Büro, Forschung, Labor und Light Industry.
Die Unternehmen Alpine, DLE und GSG Berlin haben eine Projektgesellschaft für die Entwicklung des Gewerbegebietes Waßmannsdorfer Tor in Schönefeld bei Berlin gegründet. Zweck der Gesellschaft ist die Entwicklung des ca. 15 Hektar großen Areals an der B 96a zu einem Gewerbestandort mit Flächen für Produktion, Büro, Forschung, Labor und Light Industry.

© DLE

Für die Entwicklung des Gewerbegebietes Waßmannsdorfer Tor in Schönefeld bei Berlin gründeten die Unternehmen Alpine, DLE und GSG Berlin Mitte August eine Projektgesellschaft. Zweck der Gesellschaft ist die Entwicklung des eines zirka 15 Hektar großen Areals an der B 96a zu einem Gewerbestandort mit Flächen für Produktion, Büro, Forschung, Labor und Light Industry – so ließen die Unternehmen mitteilen. In einer ersten Phase sollen die Schritte der Baurechtsschaffung definiert und ein Aufstellungsbeschluss für ein Bebauungsplanverfahren bei der Gemeinde Schönefeld erreicht werden. Hieran würden sich die konkrete Bedarfsermittlung und die Schaffung weiterer Planungsgrundlagen anschließen. Im Flächennutzungsplan der Gemeinde sind die betreffenden Grundstücke bereits als Gewerbeflächen ausgewiesen. Die Wirtschaftsförderung Brandenburg geht davon aus, dass aufgrund der wachsenden Flächennachfrage im „Boom“-Korridor zwischen Ostkreuz und BER beziehungsweise Grünheide der Gewerbeflächenbedarf das Angebot dort bereits 2025 übersteigen wird.

Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung arbeitete in dem Band „Neue Stadtquartiere - Konzepte und gebaute Realität“ 2021 heraus, dass neue Quartiere oft ausgewiesen und errichtet werden, ohne dass die Belastbarkeit der verkehrlichen und sonstigen Infrastruktur überprüft wird. Von außen betrachtet ist das in Schönefeld-Nord auch so. Und aus der Innensicht?

Bundesweit ist dies das größte Infrastrukturprojekt

„Aus meiner Sicht muss man das aktuell bundesweit größte Infrastrukturprojekt, wie diesen noch drittgrößten Airport, der sozusagen auf der grünen Wiese entstanden ist, als gemeinsame Aufgabe verstehen“, sagt Hentschel. Der BER befinde sich zwar komplett auf dem Gemeindegebiet Schönefeld, dennoch würden Infrastrukturprojekte landesweit und in diesem Falle auch länderübergreifend ausstrahlen. Wenn man etwa an die Verlängerung der (Berliner) U7 denkt und an mehrere Autobahn-Anschlussstellen. „Die Gemeinde selbst ist dazu übergegangen, einzelne Bebauungspläne verkehrlich nicht mehr isoliert zu betrachten und zu bewerten, sondern für die Gesamtgemeinde auf der Grundlage eines Mobilitätskonzeptes“, sagt Hentschel: „Grundsätzlich ist hier auch eine interkommunale Zusammenarbeit zielführend und eigentlich auch unabdingbar, wenn man den BER und die nun entstehenden „Boomtown“, den wir hier als „Neocity“ bezeichnen, betrachtet.“ Die Gemeinde Schönefeld habe mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Dahme-Spreewald und den Städten Königs Wusterhausen und Wildau gemeinschaftlich ein entsprechendes Strategiepapier extern beauftragt.

Mit Blick auf den Schönefelder Norden spricht der Bürgermeister von einem „Leuchtturm im Bereich Baukultur und Nachhaltigkeit“. Es sei an alles gedacht worden, sagt Hentschel und spricht im Stakkato-Stil:

Blick über den Hauptstadtflughafen in Schönefeld. Der Bau des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg (BER) "Willy Brandt" wurde 2006 begonnen. 
Blick über den Hauptstadtflughafen in Schönefeld. Der Bau des Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg (BER) "Willy Brandt" wurde 2006 begonnen. 

© Foto: dpa/Ralf Hirschberger

Gesamtnetz aus verschiedenen Quartierseinheiten und verschiedenen Grünbereichen

Quartiere immer verknüpft mit zentraler Freiraumachse

Je Quartier, ein bis zwei Quartiersplätze mit Quartiersgarage, MobHub, und weiteren Nutzungen

Verschiedene Blocktypologien: Gemeinschaftsblock, Grünes Wohnen, Cluster Wohnen, Urbaner Block, Hightech Block, Produktiver Block, Arbeiten an der Bahn

Sechs Kitas immer mit Bezug zu Grün-/Landschaftsräumen

Freiraum bildet Grundgerüst für neuen Stadtteil

Freizeitachse mit kleinen Quartiersplätzen, frei bespielbaren Rasenflächen und Gehölzgruppen

Seepark als zentraler Park des neuen Quartiers

Besondere Gehölze (Klimabaumsortiment)

Spezielle Möblierung zur Identitätsstiftung und Schaffung unterschiedlicher Atmosphären

Dachflächen wahlweise als semi-intensive Retentionsdächer als Regenspeicher für Betriebswasser (Gartenbewässerung, ggf. Toilettenspülung)

16 Quartiersgaragen mit E-und Share- Mobility- sowie weiteren Angeboten

Photovoltaikanlagen auf Dächern und Gebäuden

Verwendung nachhaltiger Baumaterialien

Eigenes Biomethan-Blockheizkraftwerk mit Spitzenlastkessel, Geothermiekraftwerk

Einsatz digitaler Angebote/Apps zur Steuerung von Energieströmen, Mobilität, etc.

Der Städtebaulich-Freiraumplanerische Wettbewerb „Schönefeld-Nord“ ist seit dem 22. August entschieden. In einem zweiphasigen Verfahren hatten sich 24 Teams, bestehend aus Stadtplanern, Architekten sowie Landschaftsarchitekten mit der künftigen Entwicklung des rund 150 Hektar großen Wettbewerbsgebiets im Schönefelder Norden auseinandergesetzt. Das Areal erstreckt sich links und rechts der Hans-Grade-Allee in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhof, der Schwimmhalle und des Rathauses und bietet Platz für rund 10000 neue Bewohner*innen.
Der Städtebaulich-Freiraumplanerische Wettbewerb „Schönefeld-Nord“ ist seit dem 22. August entschieden. In einem zweiphasigen Verfahren hatten sich 24 Teams, bestehend aus Stadtplanern, Architekten sowie Landschaftsarchitekten mit der künftigen Entwicklung des rund 150 Hektar großen Wettbewerbsgebiets im Schönefelder Norden auseinandergesetzt. Das Areal erstreckt sich links und rechts der Hans-Grade-Allee in unmittelbarer Nachbarschaft zum Bahnhof, der Schwimmhalle und des Rathauses und bietet Platz für rund 10000 neue Bewohner*innen.

© . Rita Böttecher/Tagesspiegel

Das Plangebiet im Schönefelder Norden bildet ist das Herzstück der Gemeindeentwicklung. Dort dominiert der Wohnungsbau. In den zurückliegenden Jahren entstanden neue Quartiere wie das Dichterviertel, die Sonnenhöfe, das Rathausquartier und die Rathausvillen. Aktuell baut die Buwog unmittelbar am Rathaus neue Eigentumswohnungen unter dem Label „Schönefelds neue Mitte“. Allein in den Neubaugebieten leben derzeit rund 4000 Menschen, auch ohne Wettbewerb wird mit zusätzlichen 1500 Einwohner*innen gerechnet. Im Ortsteil Schönefeld leben heute rund 7200 Menschen, in der gesamten Gemeinde mit ihren sechs Ortsteilen rund 19 000. Nun kommen 10 000 hinzu.

Am Freitag (26. August) wurden die Ergebnisse des Wettbewerbs in einer Vernissage erstmals im Dialogforum Airport Berlin Brandenburg (Mittelstraße 11, 12529 Schönefeld) präsentiert. Die Ausstellung im Dialogforum ist vom 29. August bis zum 9. September dann für die Öffentlichkeit jeweils werktags in der Zeit von 11 bis 18 Uhr zu sehen.

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