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Mehr Fachkräfte dank erleichterter Zuwanderung: Rot-Grüne Regierung meldet steigende Visazahlen
Das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird nach Angaben der Regierung gut angenommen. Kritik kommt aus der Opposition: Die Union will Arbeitslose ausbilden, die AfD setzt auf Maschinen.
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Das Gesetz gilt als ein Prestigeprojekt der mittlerweile zerbrochenen Ampel-Regierung: Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung das seit 2020 bestehende Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) reformiert und damit den Zuzug ausländischer Fachkräfte nach Deutschland erleichtert. Offenbar werden die neuen Regeln gut angenommen.
Im ersten Jahr nach Inkrafttreten der ersten Stufe des Gesetzes werden über zehn Prozent mehr zu Erwerbszwecken erteilte Visa erwartet. Die Zahl sei im Vergleich zum Vorjahr von knapp 177.600 auf insgesamt rund 200.000 gestiegen, teilten das Bundesinnen-, Bundesarbeits- und Bundesaußenministerium am Sonntag in Berlin gemeinsam mit.
Das Gesetz wirkt, die Visaerteilung und die Beratungsgespräche im Ausland sind auf Rekordniveau.
Hubertus Heil, Bundesarbeitsminister (SPD)
Das neue Regelwerk soll die Einwanderung von Fachkräften aus Nicht-EU-Staaten fördern, auf die Deutschland wegen der demografischen Entwicklung künftig angewiesen sein wird. Am Bau, in Krankenhäusern und IT-Firmen fehlen schon heute rund 400.000 Fachkräfte pro Jahr.
Im November 2023 trat der erste Teil der Reform in Kraft. Sie umfasst unter anderem Erleichterungen bei der „Blauen Karte EU“, mit der die Zuwanderung Hochqualifizierter noch stärker gefördert werden soll.
Seit März können außerdem Fachkräfte ohne in Deutschland anerkannte Ausbildung und ohne vorheriges Anerkennungsverfahren einreisen und in Deutschland arbeiten. Voraussetzung ist allerdings ein Abschluss im Herkunftsland, mindestens zwei Jahre Berufserfahrung im angestrebten Beruf und ein Arbeitsangebot in Deutschland mit einem Jahresgehalt von mindestens 40.770 Euro.
Neu ist auch die sogenannte Chancenkarte. Sie ermöglicht es nach einem Punktesystem ausgewählten Bewerbern, zum Zwecke der Arbeitssuche nach Deutschland einzureisen. Damit kann man für ein Jahr vor Ort nach einem Job suchen.
SPD und Grüne zufrieden
„Das Gesetz wirkt, die Visaerteilung und die Beratungsgespräche im Ausland sind auf Rekordniveau“, erklärte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) am Sonntag. Ähnlich äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). „Die Zahlen zeigen, dass die Veränderungen wirken. Fachkräfte können jetzt schneller nach Deutschland kommen und durchstarten“, erklärte sie in Berlin.
Als „besonders erfreulich“ bezeichneten die drei Ministerien eine verstärkte Nachfrage von Menschen, die in Deutschland studieren, eine Berufsausbildung machen oder einen im Ausland erworbenen Abschluss anerkennen lassen wollten. Die bei Studierenden aus Drittstaaten seien die Zahlen um mehr als 20 Prozent gestiegen.
Bei Auszubildenden gebe es sogar eine Zunahme um zwei Drittel. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hob hervor, dass die Bearbeitung der Anträge mittlerweile in der größten Visastelle für Fachkräfte im Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten gebündelt sei. Dieses befindet sich in Brandenburg an der Havel.
Union will Inländer ausbilden, AfD setzt auf Maschinen
In der Union sieht man jedoch vor allem die erleichterten Regeln für die Zuwanderung geringqualifizierter Arbeitskräfte kritisch. „Die Zuwanderung nach Deutschland zu öffnen in einfachere Tätigkeiten, wie es die Ampel getan hat, halten wir dabei für den falschen Weg“, sagte der arbeitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Stracke (CSU), am Sonntag der „Welt“.
Stattdessen müsse man angesichts der 2,8 Millionen Arbeitslosen mehr bereits hier lebende Menschen zu Fachkräften ausbilden. „Die Zuwanderung aus Drittstaaten kann immer nur ergänzend sein“, so Stracke.
In der AfD äußerte man sich noch kritischer. Mit der Fachkräftestrategie der Bundesregierung würde man vor allem für eine Zuwanderung von Menschen sorgen, die die Voraussetzungen für eine Bezeichnung als Fachkraft gar nicht erfüllten. „Ausbildungssuchende und Studenten sind eben noch lange keine Fachkräfte“, sagte René Springer, arbeitspolitischer Sprecher der Fraktion der „Welt“. Stattdessen will die AfD auf mehr Technologie setzen. „Kurz und bündig: Maschinen statt Migration“, sagte Springer der Zeitung.
Wie hoch die Hürden für Einwandernde nach Deutschland weiter sind und wie viele Diskriminierungserfahrungen machen, zeigte jüngst eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Derzufolge berichteten etwa 56 Prozent der ausländischen Fachkräfte von Diskriminierung in mindestens einem Lebensbereich: vor allem bei der Wohnungssuche, aber auch im Umgang mit Ämtern oder Behörden.
Die Forschenden stellten zudem weiterhin bürokratische Hürden bei der Visumserteilung, aber auch der Anerkennung beruflicher Abschlüsse fest. (mit AFP)
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