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Suchen neue Ideen in Berlin: Springer-Chef Mathias Döpfner und Snapchat-Gründer Evan Spiegel.

© Dominik Tryna

Neuer Accelerator: Snapchat sucht Start-ups in Berlin

In einem Gemeinschaftsprojekt mit Porsche und Axel Springer will Snapchat Gründer fördern. Gefragt seien dabei Unternehmen, die mobile Inhalte produzieren und international erfolgreich werden könnten.

Normalerweise reisen deutsche Manager in die USA, wenn sie auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen sind oder wissen wollen, welche Chancen und Risiken die Digitalisierung für ihr Unternehmen bringt. Doch am Montag war mit Evan Spiegel einer der schillerndsten Start-up-Gründer aus den USA nach Berlin geflogen. Seine Mission: Neue Unternehmer finden, die mit ihren Ideen womöglich einen ähnlichen Wirbel erzeugen, wie Spiegel mit seiner App Snapchat.

Dazu tun sich die Amerikaner mit Porsche und Axel Springer zusammen. Die beiden Unternehmen haben Ende 2017 angekündigt, gemeinsam ein neues Förderprogramm für Start-ups zu starten. Mehr als hundert Interessenten haben sich seither gemeldet und auch wenn es immer noch keinen Namen für den Accelerator gibt, soll schon kommende Woche das Training der ersten Jungunternehmen beginnen. Mit dem neuen Partner dürfte das Interesse noch einmal ansteigen. Ab Mai oder Juni könnte es dann mit den ersten Medien-Start-ups losgehen.

Spätere Übernahme nicht ausgeschlossen

Gefragt seien dabei Unternehmen, die mobile Inhalte produzieren und mit ihrem Ansatz schnell international erfolgreich werden könnten. „Wir suchen attraktive Stimmen für die neue Generation“, sagte Spiegel, die Inhalte in verschiedenen Formen und Formaten produzieren. Sie erhalten von Springer und Porsche 25 000 Euro gegen einen Anteil von fünf Prozent am Unternehmen. Snapchat beteiligt sich im ersten Schritt nicht finanziell, sondern berät die Jungunternehmer und bietet die Chance, ihr Produkt über seine Plattform zu verbreiten.

Doch später ist auch eine Beteiligung oder Übernahme möglich. Als Vorbild nannte Spiegel das Start-up Zenly aus Paris, aus seiner Sicht quasi um die Ecke von Berlin. Die Franzosen haben eine Karten-App entwickelt, auf der man sehen kann, wo seine Freunde gerade sind. Snapchat hatte das Unternehmen im Vorjahr für 213 Millionen Dollar gekauft. „Großartige Firmen entstehen überall“, sagte Spiegel.

Springer-Chef: "Social-Media-Umsätze begrenzt attraktiv"

Springer-Chef Mathias Döpfner, der die Kooperationsidee bei einem Treffen mit Spiegel entwickelt hat, sagte es gehe ihm dabei auch um neue Geschäftsmodelle für Medien auf Social Media Plattformen. „Die Umsätze haben dort bislang eine begrenzte Attraktivität“, sagte Döpfner. Das liege allerdings nicht nur am fehlenden oder bösen Willen, sondern hätte technische Ursachen. Das Gemeinschaftsprojekt mit Snap, wie das Unternehmen hinter der Snapchat-App inzwischen heißt, sei erst einmal als einmaliger Test angelegt. Ob und wie es danach weitergehe müsse man dann sehen. Eine Fortsetzung hängt auch von der Qualität der Gründer ab, die sich nun bewerben.

Springer hatte zuvor fünf Jahre lang den Start-up-Accelerator Plug and Play betrieben und dort gut 100 Start-ups gefördert. Prominentester Absolvent ist das Fintech N26. Bei der Ankündigung der Kooperation in der Ullstein-Bar des Springer-Hochhauses waren auch etwa 50 Gründer versammelt, die Spiegel nach seinen Tipps und Erfahrungen fragen konnten. Am wichtigsten sei gerade in den ersten Monaten die Fokussierung auf das geplante Kernprodukt, erklärte der 27-jährige. Gründer sollten sich da nicht von zu vielen Vorschlägen ablenken lassen. „Man sollte zu 99 Prozent Nein sagen“, so Spiegel.

Wie kann ein Tweet 1,5 Milliarden Dollar vernichten?

Natürlich musste er sich auch zu den jüngsten Turbulenzen um die Firma äußern. Wie könne es sein, dass ein einzelner Tweet 1,5 Milliarden Dollar an Börsenwert vernichte?, wollte ein Zuhörer wissen. Er bezog sich auf US-Reality-TV-Sternchen Kylie Jenner. Die Halbschwester von Kim Kardashian hatte kürzlich gefragt, ob sie die einzige sei, die nach einem Redesign Snapchat nicht mehr nutze. Der Aktienkurs war daraufhin um acht Prozent abgestürzt. „Ich bin kein Börsenexperte“, sagte Spiegel nach einer erstaunlich langen Bedenkzeit. Dann verwies er auf das Wachstum von einhundert Prozent im Vorjahr und sagte: „Wir sind noch in einer sehr frühen Geschäftsphase“. So seien viele Werbeformate erst im Vorjahr eingeführt worden. Zudem verteidigte er das Redesign, dass neben Jenner unzählige Nutzer verärgert hatte. Mehr als 1,2 Millionen hatten in einer Petition die Rücknahme gefordert.

Viele Investoren sind noch über die Geschäftsperspektiven unsicher. Seit dem Börsengang vor einem Jahr war der Aktienkurs rapide gesunken. Insbesondere da Facebook und seine Tochter Instagram populäre Funktionen von Snapchat kopiert hatten. Doch Anfang Februar hatte Snap positive Zahlen zum Nutzer- und Umsatzwachstum vorgelegt, die Aktie war erstmals wieder über den Ausgabepreis gestiegen. Facebook wird dagegen laut Prognosen des Marktforschers eMarketer bei den 18 bis 24-jährigen in den USA erstmals Nutzer verlieren. In der Gruppe darunter nutzt gar nur noch die Hälfte Facebook. Snapchat lege bei den Jungen dagegen weiter zu.

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