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Sylt vor einem Jahr: Auch in diesem Sommer dürfte die Insel voll werden.

© imago images/localpic

Sylt ist ausgebucht, die Campingplätze sind voll: Sind die besten Quartiere für den Sommerurlaub schon weg?

Viele Menschen haben sich mit Buchungen zurückgehalten, doch jetzt wird es schwierig. Hotels im Ausland sind knapp, auch im Inland gibt es Probleme.

Wer in diesen Tagen bei Moritz Bals anruft, muss sich auf eine Enttäuschung einstellen: „Es ist alles weg“, sagt er. 300 Ferienhäuser und -wohnungen auf Sylt hat die Appartement-Vermietung Bals im Angebot, doch fast alle sind vergeben. Vor allem Familien, die vier oder mehr Betten suchen, brauchen sich vor Oktober keine Hoffnung auf eine Unterkunft zu machen. „Die Menschen haben schon ein Jahr vorher gebucht“, erzählt der Juniorchef. Nur die eine oder andere kleine Wohnung sei jetzt noch zu haben.

In einem Monat beginnen in Berlin die Sommerferien. Wer jetzt noch kein Quartier hat, sollte sich sputen. Das betrifft den Urlaub im Inland genauso wie Ferien auf Malle oder Kreta. „Der Run geht los“, sagt Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband. „Je konkreter die Vorstellungen sind, desto schneller sollte man buchen“, heißt es auch bei Europas größtem Reiseanbieter Tui. Familienzimmer würden etwa in den beliebten Sonnenländern Europas schon knapp.

Viele Menschen haben noch nichts gebucht

Viele Menschen haben sich in den vergangenen Monaten mit ihren Buchungen für die Sommerferien zurückgehalten. Hohe Coronazahlen, Quarantäne nach der Rückkehr von Mykonos oder der Toscana – das hat vielen die Lust am Reisen vergällt. Doch seit kurzem ändert sich das Bild.

Die Infektionszahlen sinken, und die Impfquote der Deutschen steigt. Hinzu kommt, dass das wichtigste Reisehindernis für Auslandsurlaub beseitigt ist: Reiserückkehrer aus Risikogebieten müssen jetzt in Deutschland nicht mehr in Quarantäne, wenn sie einen negativen Corona-Test vorlegen können, geimpft oder genesen sind.

Gefragt: Ab Mitte Juli wird es schwierig, eine Unterkunft auf Rügen zu finden und von dort aus die Kreidefelsen zu besuchen.
Gefragt: Ab Mitte Juli wird es schwierig, eine Unterkunft auf Rügen zu finden und von dort aus die Kreidefelsen zu besuchen.

© dpa

Viele trauen sich daher jetzt wieder zu buchen. „Die Buchungen gehen steil in die Höhe“, berichtet Schäfer vom Reiseverband. „Die Anzahl der Anrufe in unserem Reisebüro steigt derzeit deutlich“, weiß auch Nina Hammer vom Online-Buchungs- und Bewertungsportal HolidayCheck.

Von Anfang Mai bis Mitte Mai hat die Nachfrage nach Ferienunterkünften auf der größten Internet-Suchplattform für Ferienwohnungen, Hometogo, um 65 Prozent zugenommen, wie eine aktuelle Berechnung für den Tagesspiegel ergeben hat. Auf Platz eins liegt die Ostsee. Besonders begehrt ist St. Peter-Ording, zeigen die Zahlen von Hometogo. Nur noch 18 Prozent der Unterkünfte sind dort im Juli, gerade einmal 15 Prozent im August frei.

Ab Mitte Juli wird es eng auf Usedom und Rügen

„Man sollte nicht zu lange warten“, heißt es auch bei einem Zimmervermittler auf Rügen. Vereinzelte Objekte seien zwar auf Usedom oder auf Rügen im Juni noch zu haben. Aber ab Mitte Juli sehe es schlecht aus. „Viele sichern sich das jetzt“, betont eine Beraterin.

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Tote Hose: Mecklenburg-Vorpommern lässt derzeit keine Touristen ins Land, in Stralsund - hier das Rathaus und ein Testzentrum - ist nichts los.
Tote Hose: Mecklenburg-Vorpommern lässt derzeit keine Touristen ins Land, in Stralsund - hier das Rathaus und ein Testzentrum - ist nichts los.

© Heike Jahberg

Obwohl das ostdeutsche Küstenland Touristen aus anderen Bundesländern erst ab dem 14. Juni zum Urlauben ins Land lässt, ist der Run groß. Für August sind bereits 81 Prozent der Ferienunterkünfte in Mecklenburg-Vorpommern ausgebucht, für Juli sind 76 Prozent vergeben, hat Hometogo ermittelt.

Binz, Warnemünde, Kühlungsborn, der Timmendorfer Strand und Norderney gehören auf dem Buchungsportal Booking.com zu den beliebtesten Reisezielen für die Sommermonate. Gefragt sind aber auch Städtetrips nach Berlin und Hamburg, heißt es auf Tagesspiegel-Anfrage. Die vom monatelangen Lockdown gebeutelte Hotellerie in der Hauptstadt wird das mit Freude hören.

In Brandenburg ist Campen wieder erlaubt

Seit Freitag sind auch die Campingplätze in Brandenburg wieder geöffnet. Der Nachholbedarf ist groß. „Wir können uns vor E-Mails und Anrufen nicht retten“, erzählt Jörg Klofski. Klofski betreibt einen Campingplatz am Schervenzsee im Landkreis Oder-Spree und ist Vizepräsident des Bundesverbands der Campingwirtschaft in Brandenburg (BVCD). Die Aussichten für den Sommer sind gut. Er selbst hat nur noch einige, wenige Plätze, andere Betreiber sind praktisch schon ausgebucht.

Erschwerte Bedingungen: In Brandenburg müssen zunächst die Sanitäranlagen auf den Campingplätzen geschlossen bleiben.
Erschwerte Bedingungen: In Brandenburg müssen zunächst die Sanitäranlagen auf den Campingplätzen geschlossen bleiben.

© dpa

Klofski ist froh, dass es endlich wieder losgeht, doch ganz zufrieden ist er mit der Landesregierung nicht. Denn bis zum 9. Juni müssen die Sanitäranlagen auf den Brandenburger Campingplätzen geschlossen bleiben, nur Urlauber mit Campern oder Wohnmobilen mit eigenem Klo und Waschgelegenheit dürfen anreisen, Menschen mit Zelten nicht. Klofski kann das nicht verstehen: „Wir hätten Platz, und wir müssen ihnen absagen“, ärgert sich der Unternehmer. Dabei sei der Urlaub an der frischen Luft nachweislich gesund. Zudem müssten Anreisende negativ getestet sein, und es gibt strenge Hygienevorschriften auf dem Platz. „Wo ist da das Risiko?“, fragt Klofski.

Hotel mit eigener Teststation

Christian Wolf versucht, jedes Risiko zu vermeiden. Der Hotelier hatte sein Vier-Sterne-Haus, das Hotel Obermühle in Garmisch-Partenkirchen, für viele Millionen renovieren lassen – dann kamen Corona und der Lockdown. Seit dem Pfingstwochenende darf auch er wieder öffnen, und er geht auf Nummer sicher: Wolf hat eine eigene Teststation in seinem Hotel aufgebaut und seine Mitarbeiter schulen lassen.

Im Mai und Juni belegt der Geschäftsführer nur die Hälfte der Plätze, auch im Juli werden es nur 80 Prozent sein. Wahrscheinlich ist er damit ausgebucht. Doch eine Sorge bleibt: „Hoffentlich kommen wir nicht wieder über die 100er-Inzidenz“, sagt Wolf. Denn dann müsste er wieder schließen. Wenn einer im Ort feiert und die Corona-Zahlen hochtreibt, würden alle anderen darunter leiden.

Surferparadies: In Sankt Peter-Ording gibt es für den Sommer kaum noch freie Ferienwohnungen.
Surferparadies: In Sankt Peter-Ording gibt es für den Sommer kaum noch freie Ferienwohnungen.

© Imago

Kreuzfahrten gehen wieder los

Das wollen auch die Betreiber der Kreuzfahrtschiffe vermeiden. Zu gut erinnert man sich noch an den Skandal aus dem vergangenen Jahr, als die „Diamond Princess“ wochenlang vor Japan lag und alle an Bord in Quarantäne mussten. Jetzt geht das Geschäft langsam wieder los.

Von den Kanaren und von Griechenland aus gibt es Touren mit Landgang, von Kiel aus starten „blaue Reisen“, bei denen die Urlauber ausschließlich auf See sind. Coronatests sind Pflicht, statt Buffet wird Essen nur am Tisch serviert, bei Landgängen muss die Reisegruppe eng zusammenbleiben. Flusskreuzfahrten sind in den Regionen, in denen noch ein Übernachtungsverbot herrscht, ganz verboten – obwohl die Reisenden an Bord schlafen.

Es geht wieder los: Kreuzfahrten finden unter strengen Hygienebedingungen statt.
Es geht wieder los: Kreuzfahrten finden unter strengen Hygienebedingungen statt.

© obs

Während sich Europa lockert, ist das Reisegeschäft noch weit von der Normalität entfernt. In Mallorca hatten über Ostern gerade einmal 100 der 1000 Hotels geöffnet, über Pfingsten sind es 180. Auch in Griechenland sind noch zahlreiche Ferienanlagen geschlossen. Allerdings versuchen die Veranstalter, Flug- und Hotelkapazitäten auszubauen. Um das begrenzte Angebot konkurrieren deutsche Urlauber allerdings mit Reisenden anderer Länder, etwa den Briten. „Auch andere Länder haben im Sommer Ferien“, sagt Torsten Schäfer vom Reiseverband.

Feiern auf Malle: Der "Bierkönig" auf Mallorca ist wieder geöffnet.
Feiern auf Malle: Der "Bierkönig" auf Mallorca ist wieder geöffnet.

© dpa

Ferienwohnungen sind teurer geworden, Pauschalreisen nicht

Trotz des noch vergleichsweise knappen Angebots sind die Preise für Pauschalreisen nicht gestiegen, heißt es bei HolidayCheck. Auch Tui betont, man habe die Preise stabil gehalten. Allerdings würden die Urlauber jetzt verstärkt Extras buchen, etwa Zimmer mit Meerblick. Daher seien die Ausgaben im Schnitt um 20 bis 25 Prozent höher, berichtet ein Tui-Sprecher.

Menschen buchen flexible Angebote

Um sich abzusichern, buchen viele Reisende Pauschalangebote mit flexiblen Tarifen. Gegen einen vergleichsweise geringen Aufpreis kann man die Reise dann noch kurz vor Beginn kostenfrei stornieren oder umbuchen. Zwar sind Pauschalurlauber auch durch das Verbraucherrecht geschützt. Das Gesetz garantiert ihnen für Reisen in Risikogebiete und andere Länder, für die ebenfalls eine amtliche Reisewarnung besteht, ein kostenfreies Stornorecht. Mit Hilfe der Flextarife geht das jedoch unbürokratischer.

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Anders als bei den organisierten Pauschalreisen sind Ferienwohnungen verglichen mit dem Vor-Corona-Jahr 2019 teurer geworden, berichtet HolidayCheck. Zu den teuersten Pflastern zählt nach einer Preiserhebung von Hometogo Sylt. Mit 164 Euro pro Nacht müsse man im Juli auf der Nordseeinsel im Schnitt rechnen, verglichen damit, kommt man mit 133 Euro in Usedom oder 114 Euro in der Mecklenburgische Seenplatte im Sommer günstiger davon.

Freie Auswahl: Noch gibt es freie Standkörbe auf Sylt.
Freie Auswahl: Noch gibt es freie Standkörbe auf Sylt.

© imago images/Chris Emil Janßen

Moritz Bals hat seine Preise jedoch nicht erhöht, anders als viele seiner Mitbewerber. Für Buchungen, die wegen des Lockdowns nicht angetreten werden konnten, hat er den Urlaubern das Geld zurückerstattet, inklusive Buchungsgebühr. „Wir wollen unsere Gäste auch nach der Pandemie beherbergen“, sagt er. Daher seien Kulanz und ein faires Preis-Leistungsverhältnis wichtig.

So finden Sie doch noch ein Quartier

Doch was sollen Urlauber machen, die kein bezahlbares Quartier auf einer der Nordseeinseln oder an der Ostsee mehr finden? Auch wenn Regionen schon gut gebucht sind, sollte man sein Glück versuchen und nach einer Unterkunft fragen, rät Manuela Schütze von der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein.

Klappt das nicht, sollte man auf die Nachbarorte ausweichen oder auf das Binnenland, etwa an einen der Seen. Wer bereit sei, 20 Minuten zum Strand zu fahren, werde noch fündig. Darüber hinaus sind die Wohnungen dort natürlich auch um einiges billiger. „Tagsüber könnten Sie am See liegen und den Wald anschauen, abends haben Sie den Strand am Meer für sich“, wirbt Schütze. Immer mehr Urlauber, sagt Schütze, würden diese Kombination für sich entdecken.

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