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Trump vor Deal mit China?: Die Videoplattform Tiktok könnte nach rechts driften
Offiziell war das umstrittene chinesische Internetportal bei den Gesprächen des US-Präsidenten mit Xi Jinping kein Thema. Nun rückt aber wohl eine Einigung näher – mit großen Konsequenzen.
Stand:
Äußerst zufrieden hatte US-Präsident Donald Trump seine Gespräche mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping bewertet und von einem „großen Erfolg“ gesprochen, obwohl es nur Teileinigungen im Zoll- und Handelsstreit gab. Kaum Bewegung gab es offiziell allerdings bei dem Treffen in Südkorea am Rande des Asean-Gipfels in der Frage des Verkaufs des US-Geschäfts der Videoplattform Tiktok.
Die App gehört dem chinesischen ByteDance-Konzern, muss jedoch laut einem US-Gesetz in den Vereinigten Staaten abgetrennt werden. Tikotok wird allein in den USA von 170 Millionen Menschen genutzt. Während in der EU auch im Fall von Tiktok vor allem über Jugendschutz, Suchtpotenzial und Radikalisierung diskutiert wird, stören sich die USA bei der App an zwei ganz anderen Dingen: an der Weiterleitung von US-Nutzerdaten nach China und am möglichen Einfluss der chinesischen Regierung auf den Algorithmus – und damit den Medienmix, der bei den US-Bürgerinnen und -Bürgern ankommt.
Ein Eigentümer, der eine starke ideologische Sichtweise hat (…) kann durch Anpassung des Algorithmus die Zusammensetzung der Inhalte auf der Plattform gewissermaßen umgestalten.
Kelley Cotter, Expertin von der Pennsylvania State University
Nach der bisher bekanntgewordenen Lösung soll das US-Geschäft von Tiktok in ein neues Unternehmen eingebracht werden. Gut 80 Prozent daran sollen vor allem amerikanische Investoren halten – und Bytedance den Rest. Das würde den Vorgaben des Gesetzes entsprechen. Als geplante Anteilseigner nannte das Weiße Haus bisher den Software-Konzern Oracle, hinter dem der Trump-Unterstützer Larry Ellison steht, und den Finanzinvestor Silver Lake.
US-Finanzminister Bessent erwartet bei Tiktok bald Einigung
Medienberichten zufolge sollen die USA ihrem Ziel inzwischen deutlich näher gekommen sein. Wie das US-Portal „Ars Technica“ schreibt, habe zwar keiner der beiden Staatschefs bestätigt, dass China den Bedingungen des von Trump vorgeschlagenen Deals zugestimmt hat, der eine US-Version schaffen würde, die den Algorithmus von Tiktok kontrolliert. Allerdings habe das Handelsministerium in Peking nach dem Treffen der Staatschefs eine Erklärung abgegeben. Darin heiße es, dass „China die Tiktok betreffenden Fragen mit den Vereinigten Staaten ordnungsgemäß lösen wird“.
Neben „Ars Technica“ weist auch die Nachrichtenagentur Reuters daraufhin, dass US-Finanzminister Scott Bessent vor dem Treffen bei Trumps Haussender Fox News gesagt habe, dass „wir die TikTok-Vereinbarung in Bezug auf die chinesische Zustimmung abgeschlossen haben.“ Bessent zufolge soll der Deal „endlich“ in den „kommenden Wochen und Monaten“ gelöst werden.
Ob China Änderungen an Trumps Deal mit Blick auf den Algorithmus verlangen wird, dürfte bald klar werden. Dan Ives, Tech-Analyst bei der Finanzberatungsfirma Wedbush Securities, sagte „Ars Technica“, dass, „TikTok zu kaufen, ohne den Algorithmus, wie einen Ferrari ohne Motor zu kaufen“ sei.
Louise Loo, Leiterin der Asia-Ökonomie bei Oxford Economics, sagte dem Sender CNBC, dass noch nicht genug Details bekannt seien, um zu bestimmen, ob „Pekings Interessen im Tiktok-Streit wirklich mit Trumps Motivationen übereinstimmen, die US-Geschäftseinheit des Unternehmens abzutrennen“.
ByteDance reagierte nicht auf die Bitte um Stellungnahme. Wenn der Verkauf ohne wesentliche Änderungen der Bedingungen durchgehe, könnte Tiktok für US-Nutzer radikal anders werden.
Trump möchte, dass Tiktok zu 100 Prozent „Maga“ wird
Nachdem US-Eigentümer übernommen haben, müssen sie wahrscheinlich den TikTok-Algorithmus neu füttern und möglicherweise ändern, was die Inhalte, die Menschen in den USA auf der Plattform sehen, beeinflussen würde, heißt es weiter. Einige spekulierten, dass Nutzer möglicherweise nur mit Usern der App in den USA über die App verbunden bleiben. Doch das sei unwahrscheinlich, da globale Inhalte weiterhin verfügbar bleiben würden.

© Reuters/Evelyn Hockstein
Kelley Cotter, Assistenz-Professorin, die sich an der The Pennsylvania State University mit Algorithmen in sozialen Medien in der Abteilung für Human-Centered Computing und Social Informatics beschäftigt, sagte dem Portal „Scientific American“, es sei unklar, wie globale Inhalte gefiltert werden könnten.
Cotter vermutete dem Bericht zufolge auch, dass US-Eigentümer von Tiktok den Algorithmus optimieren oder die Community-Richtlinien ändern könnten, um möglicherweise zu beeinflussen, auf welche Inhalte in der App zugegriffen wird. So hätten republikanische Vertreter beispielsweise während der Gespräche, die zu Trumps Gesetz führten, Bedenken geäußert, „dass palästinensische Hashtags auf Tiktok stärker sichtbar sind als israelische Hashtags“.
Sollte Trumps Deal zustande kommen, hat der Präsident bereits angedeutet, dass er die App gerne „zu 100 Prozent Maga“ sehen würde. Die Abkürzung steht für die Trump-Bewegung „Make America Great Again“. Cotter vermutet dem Bericht zufolge, dass die konservative Ausrichtung der von Trump handverlesenen potenziellen US-Investoren für Tiktok dem Republikaner dabei helfen könnte, dieses Ziel zu erreichen.
„Ein Eigentümer, der eine starke ideologische Sichtweise hat und den Willen, diese in die App einfließen zu lassen, kann durch Anpassung des Algorithmus die Gesamtzusammensetzung der Inhalte auf der Plattform gewissermaßen umgestalten“, sagte Cotter weiter. Wenn linksgerichtete Nutzer Tiktok verließen, weil die App in US-Besitz übergeht, könnten sich die Inhalte der App erheblich verändern, sagte die Expertin weiter.
„Das könnte zu einer Situation führen“, sagte Cotter, in der Tiktok „eine App wäre, die nur von Menschen mit Wohnsitz in den USA genutzt wird, aber nur von einer Teilmenge der amerikanischen Nutzer, insbesondere solchen, die vielleicht eher rechtsgerichtet sind.“ Das könnte „sehr große Auswirkungen auf die Art der Inhalte haben, die man dort sieht“.
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