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Wirtschaft: Voll eingestiegen

Nie fuhren mehr Menschen mit Bussen und Bahnen. Auch der Berliner Hersteller Stadler spürt den Boom.

Berlin - Die Deutsche Bahn kauft neue S-Bahn-Züge – nicht für Berlin, aber immerhin aus Berlin. Bei Stadler Pankow, dem Schweizer Zughersteller mit mittlerweile vier Standorten in der Region, bestellte der Staatskonzern am Dienstag 14 Züge für rund 75 Millionen Euro. Eingesetzt werden sollen sie ab Ende 2014 auf Strecken in Nordrhein-Westfalen.

Der Auftrag zeige, dass sich die Bahn an den Erwartungen ihrer Kunden orientiere, sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube. Neben Stadler bekam auch Alstom einen Auftrag über ähnliche Züge für rund 140 Millionen Euro. Die Stadler-Bahnen werden alle in Berlin und Brandenburg gebaut. Dabei handelt es sich um Triebzüge vom Typ Flirt, von denen bereits mehr als 700 Exemplare in Europa unterwegs sind.

Den Bestellungen könnten noch Hundert weitere folgen. Im Herbst hatte die Bahn mit drei Herstellern – neben Stadler und Alstom ist das CAF aus Spanien – einen Rahmenvertrag für Regionalzüge im Wert von bis zu zwei Milliarden Euro geschlossen. Nur diese drei Firmen buhlen um den Zuschlag, eine europaweite Ausschreibung ist nicht mehr nötig. Das bedeutet auch, dass der weltgrößte Hersteller Bombardier in diesem Segment vorerst nicht zum Zuge kommt. Dies ist eine Folge der Querelen um den Nahverkehrszug vom Typ Talent 2, der wegen immenser Probleme mit Qualität und Zulassung nun mit einer Verspätung von bis zu zwei Jahren geliefert wird. Die Probleme hätten zu einer „Vertrauenskrise“ mit der Bahn geführt, die man nun beenden wolle, sagte der neue Deutschland-Chef Michael Clausecker kürzlich.

Bei Stadler-Produkten gab es Probleme dieses Ausmaßes bislang nicht. Auch deshalb will das Unternehmen, das im Jahr 2000 in Pankow begonnen hatte, bis 2013 das Personal auf 1100 Beschäftigte aufstocken. Außer in Pankow werden in Hohenschönhausen und Reinickendorf die fünf Stadler-Baureihen montiert, hinzu kommt ein Testzentrum im brandenburgischen Velten.

Der Auftrag der Bahn spiegelt auch die gewachsene Rolle des Nahverkehrs in Deutschland wider. Im vergangenen Jahr sind so viele Menschen mit Bus und Bahn gefahren wie noch nie. 10,9 Milliarden Fahrten habe es 2011 im Linienverkehr gegeben, berichtete das Statistische Bundesamt. Das waren 0,5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Das bedeutet, dass jeder Bürger im Schnitt 134 Mal mit Bussen und Bahnen unterwegs gewesen ist. Der Staat lässt sich dies auch einiges kosten: Rund sieben Milliarden Euro überweist der Bund den Ländern, diese bestellen damit auf den Strecken bei der Bahn und ihren Konkurrenten Nahverkehrszüge. Hinzu kommen die Mittel der Städte für die kommunalen Verkehrsunternehmen.

Regionalzüge, S-Bahnen sowie Straßen- und U-Bahnen zählten 2,4 Milliarden Fahrgäste, das war ein Zuwachs von 2,3 Prozent. Hier macht sich die bessere Lage auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. Daneben könnten auch die gestiegenen Benzinpreise eine Rolle spielen. Und der zunehmende Verkehr auf Bundesstraßen und Autobahnen, auch verursacht durch die bessere Wirtschaftslage.

Dagegen gab es im Fernverkehr, in dem die Bahn noch immer ein Quasi-Monopol hat, einen leichten Rückgang um 0,7 Prozent. 125 Millionen Fahrten gab es dort im vergangenen Jahr. Allerdings war das Minus vermutlich den besonders hohen Fahrgastzahlen 2010 geschuldet – damals waren wegen Pilotenstreiks, winterbedingter Flugausfälle und der Behinderungen durch isländische Vulkanasche viele Flugpassagiere auf die Schiene umgestiegen. Auch der Wegfall der Wehrpflicht hat die Bahn in beträchtlichem Maße Fahrgäste gekostet.

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