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In Deutschland ist erstmals eine Infektion mit der neuen Mpox-Variante Clade Ib nachgewiesen worden (Symbolbild).

© Niaid/Niaid/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

Update

Erster Mpox-Fall mit neuer Variante in Deutschland: „Es war in gewisser Weise zu erwarten“

Das Robert-Koch-Institut hat die erste Infektion mit der neuen Mpox-Variante Clade Ib gemeldet. Die Ansteckung erfolgte demnach im Ausland. Wie wir damit umgehen sollten, erklärt die Virologin Marion Koopmans.

Stand:

In Deutschland ist erstmals eine Infektion mit der neuen Mpox-Variante Clade Ib nachgewiesen worden. Die Ansteckung sei im Ausland erfolgt und am vergangenen Freitag nachgewiesen worden, teilte das Robert-Koch-Institut (RKI) am Dienstag in Berlin mit.

Das RKI geht nach eigenen Angaben trotz des Nachweises aber „weiterhin nicht von einer erhöhten Gefährdung“ in Deutschland aus. Es beobachte die Situation „sehr genau“ und passe seine Empfehlungen bei Bedarf an, erklärte das Institut.

Nicht über die Luft übertragbar

Hauptgrund für die Risikobewertung ist, dass für eine Übertragung dieser Mpox-Variante „ein enger körperlicher Kontakt erforderlich“ sei, so das RKI. Nähere Angaben dazu, wann und bei wem die erste Infektion auftrat, machte das für die Bekämpfung ansteckender Krankheiten zuständige Bundesinstitut nicht.

Die neue Mpox-Variante Clade Ib breitet sich seit mehreren Monaten in mehreren afrikanischen Ländern aus. Nach Behördenangaben starben seit Jahresbeginn insgesamt 1100 Menschen an der Variante, insbesondere Kinder. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief Mitte August eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite aus.

Wenn es irgendwo auf der Welt einen großen Ausbruch gibt, ist es möglich, dass sich das Virus verbreitet. Es war also in gewisser Weise zu erwarten, gibt es doch auch Clade-Ib Fälle in Ländern wie Schweden und Thailand.

Marion Koopmans, Virologin und Leiterin des Instituts für Virusforschung und das Pandemie- und Katastrophenzentrum an der Erasmus-Universität in Rotterdam

Dass das Virus auch Europa erreicht, wäre nicht zu vermeiden gewesen, ordnet Marion Koopmans im Gespräch mit dem Tagesspiegel ein. Die Virologin leitet das Institut für Virusforschung und das Pandemie- und Katastrophenzentrum an der Erasmus-Universität in Rotterdam. „Wenn es irgendwo auf der Welt einen großen Ausbruch gibt, ist es möglich, dass sich das Virus verbreitet. Es war also in gewisser Weise zu erwarten, gibt es auch Clade-Ib Fälle in Ländern wie Schweden und Thailand“, so die Virologin.

1 Wie wird sich Clade Ib in Deutschland ausbreiten?

Nach RKI-Angaben erkrankten seit Mai 2022 bislang hierzulande bereits 3800 Menschen an der weniger aggressiven Variante Clade IIb. Todesfälle in Verbindung mit dieser gab es demnach bisher nicht.

Könnte sich Clade Ib hierzulande weiter verbreiten? „Die Sorge muss nicht so sehr Europa gelten, sondern mehr in den afrikanischen Regionen, insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo und den Nachbarländern, wo sich Mpox stärker ausbreitet“, sagt Koopmans.

Und fügt noch hinzu: „Die Weltgesundheitsorganisation hat eindeutig dazu aufgerufen, dass Europa helfen soll, den Ausbruch in der betroffenen afrikanischen Region einzudämmen. Das Problem muss dort angegangen werden.“

2 Wie verbreitet sich der Mpox-Erreger?

Mpox wird nachweislich über Schmierinfektionen übertragen und ist daher auf engen Kontakt zwischen Menschen und auf kleine Risse in der Haut und Schleimhäute angewiesen, um in den Körper zu gelangen. Daher werden Mpox-Infektionen meist im Zusammenhang mit bzw. nach sexuellen Kontakten festgestellt – hetero- wie homosexuellen, oralen, analen und vaginalen Berührungen und wohl auch beim Umarmen und Küssen.

Allerdings scheint auch schon längere Interaktion, etwa Gespräche in einem Raum, zu Übertragungen geführt zu haben. Ob das jedoch zumindest in einigen Fällen über Tröpfcheninfektionen, also in winzige Wassertröpfchen des Atems eingeschlossene Viren, erfolgt, ist eher unwahrscheinlich, kann aber noch nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

Sicher ist, dass sich auch Kinder im Haushalt Infizierter anstecken – und zwar zu einem hohen Anteil: Rund zwei Drittel der Infektionen in der Republik Kongo betreffen Menschen unter 15 Jahren. Ein Grund könnte sein, dass das Virus wohl auch über kontaminierte Kleidung und Bettwäsche übertragen werden kann.

3 Wie sieht die Entwicklung in anderen Ländern aus?

Den Weg aus Afrika heraus fand das Clade Ib-Virus zum ersten Mal Mitte August. In Schweden hatten Ärzte bei einem Reisenden die neue Variante festgestellt.

Gelegentlich können sich internationale Reisende infizieren, aber Koopmans sieht im Moment kein großes Risiko für Deutschland. In Schweden, Thailand und Indien – Länder in denen Fälle von Clade Ib durch Reisende aufgetreten sind – sind nach den ersten entdeckten Fällen keine weiteren aufgetreten. Außerdem: „Clade Ib scheint derzeit nicht übertragbarer zu sein als Clade Ia oder Clade IIb, die den seit 2022 andauernden weltweiten Ausbruch verursacht haben“, erklärt die Virologin.

Das Virus habe sich insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo, Uganda und Burundi erheblich aufgrund besonderer Umstände verbreitet – wie etwa durch engen Kontakt innerhalb von sexuellen Netzwerken und in Haushalten. „Wenn sich Mpox in Deutschland in Gemeinschaften mit ähnlichen Strukturen ausbreiten würde, könnte das zu einem Problem werden. Das gilt es zu verhindern“, sagt Koopmans.

4 Wäre es sinnvoll, sich impfen zu lassen?

Mpox gehört zu den Orthopoxviren, sie sind also dem Erreger der Pocken, sehr ähnlich. Daher bieten die klassischen Pockenimpfstoffe einen gewissen Schutz. Wie groß diese Schutzwirkung im Fall der neuen Clade Ib-Variante von Mpox ist, lässt sich noch nicht abschätzen. Die Impfkampagnen in den am stärksten betroffenen Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo sind gerade erst angelaufen.

Vor der westafrikanischen Clade IIb-Variante, die sich bis nach Europa und die USA ausgebreitet hat, schützen die Pockenimpfstoffe gut. Die WHO geht davon aus, dass auch die Variante Clade Ib mithilfe der Pockenimpfung eingedämmt werden kann.

Koopmans kann als Virologin keine Empfehlung zur Impfung aussprechen, aber Massenimpfungen für Risikogruppen in Europa, wie Männer, die Sex mit Männern haben, seien derzeit nicht gerechtfertigt, weil das Gesamtrisiko in Europa immer noch als gering angesehen wird. Sollte sich das Virus jedoch in Hochrisikogruppen ausbreiten, könnte sich dies zu einem größeren Ausbruch entwickeln. „Vorsichtsmaßnahmen, Partnerwarnungen und Aufklärungskampagnen haben einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung des Mpox-Ausbruchs 2022 geleistet, noch bevor die Impfung verfügbar wurde“, erklärt die Virologin.

Experten und Expertinnen weisen immer wieder darauf hin, dass der Mpox-Erreger zoonotischen Ursprungs ist: Er ist also von Tieren auf Menschen übergegangen. „Diese zoonotische Übertragung findet weiterhin in Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo und anderen Ländern statt, in denen das Virus in der Tierwelt vorkommt. Das bleibt eine primäre Quelle für neue Infektionen“, sagt Koopmans.

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