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Eingeschleppte Arten und Kulturlandschaften: Welche Natur wollen wir schützen?
Unsere Lebensgrundlage ist die Natur – doch was damit gemeint ist, ist gar nicht so klar. Ist es die unberührte Wildnis oder eher ein durch Menschen geprägter Garten, auch mit neuen Arten?

Stand:
„Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen (…)“, heißt es in Artikel 20a des Grundgesetzes. Die neue Bundesregierung wird sich daran messen lassen müssen, wie sie dieses Versprechen einlöst. Denn ohne eine intakte Natur, die uns fruchtbare Böden, saubere Luft, gutes Trinkwasser und vielseitige Nahrung beschert, die Treibhausgase wie Kohlendioxid speichert, Baustoffe wie Holz oder auch Erholung und Wohlbefinden schenkt, sind wir aufgeschmissen. Doch was sind natürliche Ökosysteme überhaupt?
Menschen verändern ihre Umwelt seit Jahrtausenden – was sind dann also unsere ‚natürlichen Lebensgrundlagen‘? Jetzt gibt es Systeme, für die es keine historischen Vorbilder gibt. Zu diesen „neuartigen Ökosystemen“ zählen völlig neue Lebensräume, wie das „Lausitzer Seenland“, das aus ehemaligen Braunkohletagebauen entsteht. Oder auch Ökosysteme, in denen Arten gut zusammenleben, die sich historisch nie begegnet sind.
Das gilt beispielsweise für die Pazifikinsel O’ahu. Auf der drittgrößten Insel Hawaiis beobachten Biologen seit mehr als 20 Jahren die Auswirkungen menschlicher Eingriffe. Die Wälder beherbergen heute Arten aus allen Teilen der Erde: Pfefferbäume aus Brasilien, Zimtstrauch aus Indonesien oder Brombeersträucher aus dem Himalaya. Auch die meisten Tiere, so berichtete der BBC kürzlich, sind importiert.
Überraschend ist, dass Pflanzen und Tieren in den Wäldern so gut wie in einem gewachsenen Ökosystem zusammenspielen. Eine Studie der Universität Aarhus kommt zu dem Schluss, dass „58 Prozent der Gesamtfläche der Insel einem hohen Maß an Neuartigkeit ausgesetzt sind“.
Diese Zahl ist zwar umstritten, doch macht klar: Wir müssen besser verstehen, wie neuartige Ökosysteme entstehen. Wir brauchen Maßstäbe, um deren Auswirkungen auf die Biosphäre einzuschätzen. Der Weltnaturrat hat festgestellt, dass Arten, die eingeschleppt werden, für 60 Prozent des weltweiten Artensterbens verantwortlich sind und jährlich Schäden in Höhe von gut 320 Milliarden Euro anrichten.
Das stellt uns vor grundlegende Fragen: Welche Natur wollen wir schützen? Was soll bleiben, was sollten wir rückgängig machen? Wissensbasierte Antworten darauf sind nicht einfach. Die Suche nach guten Antworten kann gelingen, wenn wir – Akteure aus Gesellschaft, Politik und Wissenschaft – gemeinsam daran arbeiten. Dafür muss auch die neue Regierung ihren Beitrag leisten.
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