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Aus dem Urapfel Malus siversii ließe sich kein so leckerer Bratapfel machen, aus gezüchteten, also mehrfach mutierten Sorten wie Boskoop aber schon.

© PantherMedia / Ildi Papp/Ildi Papp

Mutanten an Heiligabend: Wie viel Genmanipulation im Festessen steckt

Fliegende Rentiere mit leuchtenden Nasen und ein unsterblicher Weihnachtsmann? Ist das Genmanipulation? Tatsächlich sind am Weihnachtsfest viele Mutanten beteiligt.

Sascha Karberg
Eine Kolumne von Sascha Karberg

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Kann man das „hybride Weihnachten“ nennen? In dem Jahr, in dem die Familie des Erbonkels Weihnachten in den USA verbrachte, stellte sich die Frage: Feiern wir, wie in Deutschland, am 24., also an Heiligabend? Oder verlegen wir die Bescherung auf den Morgen des 25., wie in Boston üblich?

Es wurde eine Kreuzung der beiden Traditionen: Auf die zweite Hälfte ihrer Geschenke mussten die Kids eine (sehr kurze) Nacht lang warten.

In Weihnachten stecken viele Rituale, teils uralte, sogar vorchristliche wie der Tannenbaum, teils kurzlebigere familientypische, etwa wann und von wem das nadelnde Gewächs zu organisieren, zu schmücken und schließlich zu entsorgen ist. So wie diese Traditionen zur „DNA von Weihnachten“ gehören, so spielen auch Gene eine gewisse Rolle für ein gelungenes Fest.

Nehmen wir beispielsweise den beliebten Bratapfel, diese große, mit Marzipan gefüllte und im Ofen gebackene Frucht. Alle heutigen Apfelsorten gehen auf den Asiatischen Wildapfel Malus sieversii zurück, der zwischen Kasachstan und China wächst – allerdings sind dessen Früchte maximal so groß wie eine Walnuss.

Rund 4000 Jahre gezielte Pflanzenzucht und diverse Genmutationen später können Äpfel gepflückt werden, die nicht nur groß genug für ein Weihnachtsdessert sind, sondern auch nicht mehr so sauer wie die Urform sind.

Aber bis zum Bratapfel schafft es ja der eine oder andere angesichts des üppigen Festessens davor kaum noch. Denn auch die typische Weihnachtsgans, die von der ursprünglich eher mageren Graugans Anser anser abstammt, erreicht aufgrund eifriger Genselektion seit der Bronzezeit statt vier inzwischen bis zu 20 Kilogramm Lebendgewicht.

Gleiches gilt für Kartoffeln, Rotkohl und so ziemlich alles, was an den Weihnachtstagen auf den Tisch kommt.

Es sind dann die Gene der am Festmahl Teilnehmenden, die darüber entscheiden, wie bekömmlich all das ist: die das Fassungsvermögen des jeweiligen Magen-Darmtrakts mitbestimmen, wieviel vom Nachtisch in Fettzellen eingelagert wird oder wie schnell (oder langsam) der Alkohol aus dem Aperitif, dem Rotwein und dem „Verdauungsschnaps“ aus dem Körper geschafft wird.

Mutantenbraten: Die Weihnachtsgans hat viele Jahrtausende Zucht und damit viele Genmutationen hinter sich.

© IMAGO/Shotshop/imago

Und bestimmt wird die Genforschung bald auch irgendwelche Genvarianten finden, die helfen, den Weihnachtsstress, das Geplapper der angeheirateten Schwippschwägerin und die „Witze“ des Onkels zu überstehen. Ganz bald. Bis Dienstag wäre gut...

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

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