zum Hauptinhalt
Schwertschwanzmolche sind bedroht, aber nicht ausgestorben.

© CreativeCommons/John J. Wiens

Hurra?: Es ist kein Massenaussterben

Forschende ordnen die Biodiversitätskrise neu ein. Das Leben auf der Erde habe schon Schlimmeres überstanden. Der Mensch stehe aber moralisch in der Pflicht zum Artenschutz.

Patrick Eickemeier
Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Stand:

Bisher ist er nicht ausgestorben: Der japanische Schwertschwanzmolch ist mit dunkler Oberseite und leuchtend orangefarbenem Bauch ein beliebtes Heimtier. In der Natur sind die Tiere „gefährdet“, weil ihr Lebensraum schwindet.

Würden sie aussterben, wie bereits vermutet worden war, könnte mit dieser Art gleich eine ganze Gattung verschwinden, die nächsthöhere Kategorie in der Zoologie. Zwar wird noch diskutiert, ob nicht noch weitere Arten in den Verwandtschaftskreis gehören, aber die Schwertschwanzmolche dürfen hier als Beispiel dienen und etwas illustrieren, das in der Erdgeschichte mindestens fünfmal vorgekommen ist: Massenaussterben.

Das sind Zeitabschnitte, in denen nicht nur sehr viele Arten aussterben, sondern ganze Gattungen von Arten – oder ganze Familien von Gattungen. Der Untergang der Dinosaurier nach dem Einschlag eines Asteroiden vor etwa 66 Millionen Jahren ist das wohl bekannteste Beispiel. Einige Forschende rechnen die aktuelle Biodiversitätskrise dazu. Doch da regt sich Widerspruch.

„Jetzt von einem sechsten Massenaussterben zu sprechen, schadet der Glaubwürdigkeit des Naturschutzes und der Wissenschaft“, sagte John Wiens von der University of Arizona dem Tagesspiegel. Gemeinsam mit seiner Kollegin Kristen Saban hatte Wiens kürzlich bereits dargestellt, warum die aktuelle Biodiversitätskrise kein Massenaussterben ist. Nun legen die beiden mit einer Analyse im Fachjournal „Plos Biology“ nach.

Seit dem Jahr 1500 seien 90 Gattungen von Tieren und zwölf Gattungen von Pflanzen ausgestorben – und mit ihnen zehn Familien und, noch eine Kategorie höher, zwei „Ordnungen“. Zu wenig für ein Massenaussterben und keine Gefahr für Dienstleistungen der Ökosysteme für den Menschen, etwa Nahrung, Wasser und Luft zum Atmen, urteilen Wiens und Saban.

„Wir behaupten nicht, dass der Verlust der biologischen Vielfalt gut für die Ökosystemleistungen ist“, sagt Wiens dazu. Aber das müsse rigoros und korrekt untersucht werden.

Und was bedeutet das für den Schwertschwanzmolch? Ist sein Verlust verschmerzbar? Wiens und Saban argumentieren, dass weiteres Artensterben nicht wegen der Ökosystemleistungen verhindert werden muss, sondern weil es moralisch falsch ist, andere Arten auszurotten. Selbst wenn dies keinerlei Folgen für den Menschen hätte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })