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Die Ergebnisse der Weltklimakonferenzen finden weltweit Beachtung. In Bonn erfolgt jedes Jahr wichtige Vorarbeit.

© IMAGO/ZUMA Press Wire/Let’s Go Metz

Klimaschutz ohne die USA: Darum geht es bei den Bonner Klimagesprächen

Eigentlich ist die Abkehr von fossilen Brennstoffen beschlossene Sache. Doch über die Umsetzung wollen manche Länder nun gar nicht mehr reden. In Bonn suchen Delegierte jetzt Verhandlungsspielräume.

Stand:

In Bonn kommen ab Montag Delegierte von Regierungen aus der ganzen Welt zu Klimagesprächen zusammen. Die wie die Weltklimakonferenzen jährlich stattfindenden Gespräche setzen den Ton in der internationalen Klimapolitik.

Jetzt geht es darum, die Verhandlungen auf der nächsten „COP“ im brasilianischen Belém (COP30) vorzubereiten – unter erschwerten Bedingungen.

Anders als im vergangenen Jahr wird die Stimme der größten Volkswirtschaft der Welt in Belém fehlen. Die USA haben unter Präsident Donald Trump erneut ihren Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen erklärt und damit die Klimaziele fallengelassen.

Dringender Gesprächsbedarf

Wirksam wird der Austritt zwar erst am 27. Januar 2026, doch kaum jemand erwartet, dass sich die Vereinigten Staaten bei den Bonner Klimagesprächen noch nennenswert einbringen werden. Dabei gibt es dringenden Gesprächsbedarf.

Es geht etwa um die Klimaschutzpläne einzelner Länder. Die Regierungen haben sich verpflichtet, sie alle fünf Jahre beim UN-Klimasekretariat einzureichen. Die Frist dafür verstrich im Februar, doch der Großteil der Länder hebt ihre Pläne bis zur Klimakonferenz im November auf. Auch die Europäische Union hält sich bedeckt – vor allem, weil keine innereuropäische Einigung über ein EU-Klimaziel 2040 in Sicht ist.

Je weiter die technischen Verhandlungen in Bonn kommen, desto mehr entlasten sie die Verhandlungen in Belém.

Ole Adolphsen, Stiftung Wissenschaft und Politik

Außerdem wird in Bonn diskutiert, wie die Weltgemeinschaft Investitionen und finanzielle Hilfen für Entwicklungs- und Schwellenländer mobilisieren kann, um dort Energiewende und Klimaanpassung voranzutreiben. Nach der COP30 in Belém soll ein Fahrplan stehen, wie die anvisierte Summe von 1,3 Billionen Dollar pro Jahr bis 2035 aus diversen Quellen aufgebracht werden kann.

Diese beiden „wohl wichtigsten Themen des Jahres“ werden in Bonn noch nicht bindend verhandelt, erklärt Ole Adolphsen. Bei den jährlichen Vorgesprächen geht es darum, das vorzubereiten.

Der Experte für internationale Klimapolitik und Forscher bei der Stiftung Wissenschaft und Politik verweist auf drei weitere Verhandlungsstränge, die die COP30-Präsidentschaft unter André Corrêa do Lago hervorhebt.

Fragen zu Gerechtigkeit und Klimaanpassung offen

Auf der UN-Klimakonferenz in Dubai 2023 hatte die Weltgemeinschaft wegweisende Energiewende-Beschlüsse gefasst: die Abkehr von fossilen Brennstoffen, die erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen und doppelt so schnell Fortschritte bei der Energieeffizienz zu erzielen (Tagesspiegel Background berichtete). Allerdings bremsen ölfördernde Staaten wie Saudi-Arabien weiterhin den Dialog zur Umsetzung.

Als weiteren Verhandlungsstrang nennt Adolphsen das sogenannte Just Transition Work Programme (JTWP), welches erstmals 2022 auf der Klimakonferenz in Sharm El Sheikh auf den Weg gebracht wurde.

Das Arbeitsprogramm soll einen „gerechten Übergang“ zur klimaschonenden Wirtschaft fördern und dabei auch Aspekte wie die Energieversorgung, Arbeitsplätze und den Kampf gegen Armut berücksichtigen. Konkretere Beschlüsse gibt es bislang nicht.

Drittens braucht es laut Adolphsen weitere Annäherungen hinsichtlich einheitlicher Indikatoren für das Globale Ziel bei der Klimaanpassung. Seit Ende Mai gibt es eine Liste von 490 möglichen Maßzahlen, um Fortschritte bei der Klimaanpassung zu messen. Die Indikatoren decken Bereiche ab wie Wasserknappheit, eine klimafeste Landwirtschaft oder Schutz gegen extreme Hitze.

Deutschland sollte in Bonn ein klares Bekenntnis zur Kontinuität der Klimafinanzierungsbeteiligung geben.

Liane Schalatek, Heinrich-Böll-Stiftung

„Grundsätzlich gilt: Je weiter die technischen Verhandlungen in Bonn kommen, desto mehr entlasten sie die Verhandlungen in Belém“, so der Forscher. Fortschritte in Bonn könnten „die Grundlage für eine ambitionierte Mantelerklärung in Belém sein“, so der Experte. Von einer Mantelerklärung gehen nach den Klimaverhandlungen in der Regel politische Signale in die Weltgemeinschaft und die Weltwirtschaft aus.

Der „Schmierstoff“ für sämtliche diplomatische Fortschritte ist aus Sicht von Liane Schalatek aber die internationale Klimafinanzierung – also Unterstützung für ärmere Länder.

Klimafinanzierung gefährdet

Die Expertin im Washington-Büro der Heinrich-Böll-Stiftung unterstreicht damit eine weitverbreitete Überzeugung in der Fachwelt: Entwicklungs- und Schwellenländer werden demnach nur ambitionierte Klimaziele mittragen und umsetzen, wenn sie sicher sein können, dass sie von wohlhabenden Nationen auch finanzielle Unterstützung auf dem Weg dahin erhalten, zum Beispiel für den Ausbau erneuerbarer Energien.

„Deutschland sollte in Bonn ein klares Bekenntnis zur Kontinuität der Klimafinanzierungsbeteiligung geben“, fordert Schalatek. Dies sei umso drängender, weil sich viele EU-Länder nach den USA ebenfalls zurückzögen und stattdessen die Finanzierung fürs Militär ausbauen würden.

Die deutschen Bundesregierungen unter Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD) hatten beide zugesagt, den deutschen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung bis 2025 auf jährlich sechs Milliarden Euro zu steigern.

Union und SPD haben aber im neuen Koalitionsvertrag festgehalten, die Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung abzusenken.

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