
© dpa/Mark Schiefelbein
Konflikt mit Trump: Brief der US-Regierung an Uni Harvard soll nicht genehmigt gewesen sein
Die Eliteuniversität wehrt sich gegen Forderungen des US-Präsidenten. Einem Bericht zufolge kam es bei einer folgenreichen Mail des Weißen Hauses an die Hochschule zu einer Panne.
Stand:
Die renommierte US-Universität Harvard ist Donald Trump seit Längerem ein Dorn im Auge. Seine Republikaner leiteten gerade eine formale Untersuchung der Elite-Uni ein – es ist die nächste Eskalationsstufe in dem Konflikt des US-Präsidenten mit amerikanischen Universitäten.
Vorausgegangen waren Forderungen der Trump-Regierung an Harvard, ausländische Studierende bei Verstößen gegen Verhaltensregeln den Bundesbehörden zu melden. Zudem sollte die Zulassung von Studierenden und die Einstellung von Personal nach Diversitätskriterien beendet werden sowie Unterlagen über die propalästinensischen Campus-Proteste vom vergangenen Jahr offengelegt werden, hieß es in einem Schreiben vom 11. April.
Selbst wenn der Brief ein Fehler war, haben die Maßnahmen der Regierung Konsequenzen für Studierende und Mitarbeiter und das Ansehen der US-Hochschulbildung in der Welt.
Erklärung der Harvard-Universität
Trump begründet sein Vorgehen gegen die Hochschule mit einer verfehlten „Ideologie“ der Universität und angeblichem Antisemitismus. „Harvard ist ein Witz, unterrichtet Hass und Dummheit und sollte keine öffentlichen Gelder mehr erhalten“, hatte der Präsident unter anderem erklärt.
Das Schreiben vom 11. April erreichte die Universität in Cambridge im Bundesstaat Massachusetts per Mail, dabei soll es aber zu einer Panne gekommen sein. Wie jetzt die „New York Times“ („NYT“) berichtet, hätte das Schreiben nicht verschickt werden dürfen und sei nicht genehmigt gewesen, berichtet die Zeitung unter Berufung auf zwei nicht näher genannte Regierungsbeamte.
Universitätspräsident Alan Garber hatte auf den Brief reagiert und sich entschieden gegen die Forderungen der US-Regierung gestellt. Die Einrichtung werde „nicht über ihre Unabhängigkeit oder ihre verfassungsmäßigen Rechte verhandeln“.
Warum die Mail an Harvard zu dem Zeitpunkt?
Die Mail wurde dem Bericht zufolge von einem Mitglied der Taskforce des Weißen Hauses gegen Antisemitismus versandt. Unklar sei, so die „NYT“, warum das Schreiben am vergangenen Freitag verschickt worden sei. Der Inhalt sei authentisch, schreibt die Zeitung unter Berufung auf mehrere Quellen.
In der Trump-Administration gebe es zwei verschiedene Auffassungen: Eine Gruppe glaube, das Schreiben sei zu früh rausgegangen. Ein anderes Lager sei der Ansicht, die Mail sei eigentlich nur für die Taskforce bestimmt gewesen.
Dem Bericht zufolge sei aber der Zeitpunkt entscheidend gewesen. Die Mail sei zu einem Zeitpunkt eingetroffen, als die Harvard-Uni glaubte, sie könne eine Konfrontation mit Trump noch abwenden. In den vorangegangenen zwei Wochen hätten Harvard und die Taskforce Gespräche geführt. Die Forderungen in dem Brief seien jedoch so extrem gewesen, dass Harvard zu dem Schluss gekommen sei, dass eine Einigung letztlich unmöglich sein würde.
Nachdem Harvard die Forderungen öffentlich zurückgewiesen hatte, erhöhte die Trump-Administration den Druck, fror Bundesmittel in Milliardenhöhe für die Schule ein und warnte, dass ihr steuerbefreiter Status in Gefahr sei. Ein hochrangiger Beamter des Weißen Hauses sagte, die Regierung stehe zu dem Brief, nannte die Entscheidung der Universität, die Forderungen der Regierung öffentlich zurückzuweisen, übertrieben und beschuldigte Harvard, die Gespräche nicht fortzusetzen.
„Es war ein Fehlverhalten der Harvard-Anwälte, nicht zum Telefon zu greifen und die Mitglieder der Antisemitismus-Arbeitsgruppe anzurufen, mit denen sie seit Wochen im Gespräch waren“, sagte May Mailman, die leitende politische Strategin des Weißen Hauses, der „NYT“ zufolge. „Stattdessen setzte Harvard auf eine Kampagne als Opfer.“
Dennoch, so Mailman, bestehe die Möglichkeit, die Gespräche wieder aufzunehmen, wenn die Universität neben anderen Maßnahmen das umsetze, was Trump wolle, und sich bei ihren Studenten für die Förderung eines Campus entschuldige, auf dem es Antisemitismus gebe.
Harvard wehrt sich weiter gegen Trump
Harvard wehrte sich in einer Erklärung gegen die Behauptung des Weißen Hauses, es hätte sich nach Erhalt des Briefes mit den Anwälten der Verwaltung in Verbindung setzen müssen, so das Blatt. „Empfänger solcher Korrespondenz von der US-Regierung – selbst wenn sie weitreichende Forderungen enthält, die in ihrer Tragweite erstaunlich sind – stellen ihre Authentizität oder Ernsthaftigkeit nicht infrage.“
In der Erklärung heißt es demnach weiter: „Es bleibt für uns unklar, was genau von den jüngsten Worten und Taten der Regierung Fehler waren oder was die Regierung eigentlich tun und sagen wollte. Aber selbst wenn der Brief ein Fehler war, haben die Maßnahmen, die die Regierung in dieser Woche ergriffen hat, reale Konsequenzen für Studierende und Mitarbeiter und das Ansehen der amerikanischen Hochschulbildung in der Welt.“
Nach Beginn des Gaza-Kriegs hatte es Vorwürfe antisemitischer Vorfälle und Hassverbrechen bei propalästinensischen Protesten an US-Universitäten wie Harvard oder der Columbia-Universität in New York gegeben.
Der Gaza-Krieg war vom Großangriff der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Im März verkündete das US-Bildungsministerium auf dieser Grundlage die Überprüfung der staatlichen Unterstützung für insgesamt 60 Universitäten und Hochschulen.
Harvards Leitung widersetzte sich jedoch – anders als die meisten US-Universitäten – Trumps Forderungen, Diversitätsabteilungen zu schließen und die Einwanderungsbehörde beim Durchleuchten der Studenten zu unterstützen.
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