
© David Simpson
Naturwunder im Krisengebiet: Die größte Säugetier-Wanderung der Erde
Eine Wildtierzählung in Südsudan brachte spektakuläre Ergebnisse. Für die Menschen in dem krisengeschüttelten Land könnte die Natur eine Entwicklungschance sein.

Stand:
Die Republik Südsudan wurde 2011 gegründet, nachdem die Bevölkerung für die Unabhängigkeit vom Sudan gestimmt hatte. 2013 brach in dem neuen Staat ein Bürgerkrieg aus. Bewaffnete Konflikte auch mit Sudan, Korruption und Naturkatastrophen wie Dürren und Überschwemmungen lassen das Land nicht zur Ruhe kommen. Viele Menschen hungern und die Menschenrechtslage wird als „sehr kritisch“ eingestuft.
Doch es gibt eine positive Entwicklung, die den Menschen eine Chance bietet: Eine Wildtierzählung der Naturschutzorganisation African Parks hat ergeben, dass die größte Säugetierwanderung der Erde die Krisenjahre bisher überstanden hat. Millionen von Weißohr-Moorantilopen, Mongalla-Gazellen, Tiang-Antilopen und Riedböcken durchwandern in der „Great Nile Migration“ ein Ökosystem, das sich über rund 200.000 Quadratkilometer im Osten des Südsudans und in Äthiopien erstreckt.

© Marcus Westberg/Marcus Westberg
„Während sich der Südsudan weiterentwickelt, setzen wir uns dafür ein, den Wildtiersektor in eine nachhaltige Tourismusindustrie umzuwandeln“, sagte Südsudans Präsident Salva Kiir Mayardit zur Veröffentlichung der Ergebnisse der Wildtierzählung. „Der Schutz unseres Erbes ist eine gemeinsame Verantwortung.“
Die Tierwanderung prägt die Boma Badingilo Jonglei Landscape. Im jahreszeitlichen Wechsel von Regen- und Trockenzeiten wandern viel größere Populationen von Pflanzenfressern durch das Ökosystem, als es ernähren könnte, wenn die Tiere das ganze Jahr im gleichen Gebiet blieben. Die großen Herden sind dort, wo es Wasser und neues Futter gibt, während es andernorts nachwächst. Sie ernähren ihrerseits große Populationen von Raubtieren.

© Marcus Westberg/Marcus Westberg
Mit Kameras an zwei Kleinflugzeugen wurden Luftaufnahmen entlang systematisch verteilter, gerader Flugrouten gemacht. Forschende von der Universität Juba haben fast 60.000 Bilder ausgewertet und über fünf Millionen Weißohr-Moorantilopen gezählt. Der Bestand der vier häufigsten Huftierarten im Gebiet wird auf fast sechs plus minus eine Million Tiere geschätzt.

© Marcus Westberg/Marcus Westberg
Die Bestände nicht-wandernder Arten wie Elefant, Warzenschwein und auch von Raubtieren wie dem Gepard sind seit den 1980er Jahren zurückgegangen. Auch die wandernden Tiere seien trotz ihrer großen Zahl bedroht. Wenn zu viele gewildert würden, könnte die Wanderung zusammenbrechen, was das gesamte Ökosystem einschließlich der Lebensgrundlagen der Menschen dort destabilisieren würde.
„Die Zusammenarbeit mit diesen lokalen Gemeinschaften wird dazu beitragen, dieses globale Phänomen zu bewahren“, sagt Peter Fearnhead, Geschäftsführer von African Parks zur Tierwanderung. Gleichzeitig könnten so Stabilität, Sicherheit und eine nachhaltige Zukunft für die Menschen im Gebiet geschaffen werden. „So erstaunlich das Ausmaß der Tierwanderung ist, so groß ist auch die Verantwortung, ihr Überleben in einer äußerst komplexen Landschaft zu sichern“, sagt Fearnhead.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: