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Schiegen, Liger und Walfine: Fortpflanzung, mal artübergreifend
Forschende wollten ein seltenes Mischwesen untersuchen, doch das Jungtier erweist sich einfach nur als Schaf. Bisweilen haben unterschiedliche Arten aber gemeinsamen Nachwuchs, nicht nur Schafe und Ziegen.

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Im Sommer waren Forschende von der Uni Göttingen noch in freudiger Erwartung. Schaf „Selma“ war trächtig und beim vermuteten Vater des heranwachsenden Jungtiers handelte es sich um den Ziegenbock „Rune“. Schaf und Ziege – geht das überhaupt?
Die Antwort lautet: Ja, es geht. „Hybridisierung“ nennen Fachleute es, wenn Schafe und Ziegen oder andere Paarungen von Tieren unterschiedlicher Arten Nachwuchs hervorbringen. Allerdings wurde das im August bei Glücksburg geborene Jungtier „Flumo“ nun genetisch als Schaf erkannt, nicht als Lamm-Zicklein, das zu einer „Schiege“ heranwachsen würde. Hybride mit einem Elternteil Schaf und dem anderen Ziege sind jedoch bekannt und es gibt weitere Beispiele, auch wild geborene.
Damit die artübergreifende Paarung lebensfähigen Nachwuchs hervorbringt, müssen gleich mehrere Hindernisse überwunden werden. Zunächst einmal müssen die Elterntiere zusammenfinden, sich verhaltenskompatibel zeigen und auch anatomisch zusammenpassen, sodass es überhaupt zur Paarung kommt.

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Auf zellulärer Ebene müssen Samenzellen eine artfremde Eizelle finden und eine von ihnen mit ihr verschmelzen. Haupthindernis ist die Organisation des Erbguts. Bei Schafen liegt es etwa aufgeteilt auf 54 Chromosomen vor, bei Ziegen auf 60 – und dennoch hat es verschiedentlich geklappt. Allerdings kann sich der hybride Nachwuchs nicht fortpflanzen und weitere gesundheitliche Probleme können seine Lebenserwartung senken.
Pferde und Esel werden aber bewusst gekreuzt, um die Eigenschaften beider Nutztiere in einem „Muli“ zu verbinden: Maulesel haben eine Eselstute zur Mutter, Maultiere eine Pferdestute (Korrektur, s.u.). Auch bei ihnen sind die Chromosomensätze nicht kompatibel, dennoch können Mulistuten fruchtbar sein.
Finden Tiere unterschiedlicher Arten auch außerhalb menschlicher Obhut zu Paarungen zusammen? Gelegentlich. Oftmals hängt es damit zusammen, dass die Tiere der einen Art in einem Gebiet selten geworden sind und schlicht keine arteigenen Fortpflanzungspartner finden. Möglicherweise hat das auch zur Geburt eines „Wholphin“ („Walfin“) in Gewässern vor Hawaii geführt. Verschiedene Arten von Zahnwalen sind aber häufig miteinander vergesellschaftet und artübergreifendes Sexualverhalten ist dabei nicht ausgeschlossen.
Die Namensbildung „Walfin“ ist allerdings nicht recht gelungen, denn Delfine gehören zur größeren Gruppe der Wale. Beide Eltern des hybriden Tiers sind beides: Wal und Delfin. Es stammt wahrscheinlich von einem Breitschnabeldelfin (Peponocephala electra) und einem Rauzahndelfin (Steno bredanensis) ab. „Breitzahn-“ oder „Rauschnabeldelfin“ würde besser passen, hat sich aber bisher nicht durchgesetzt.
KORREKTUR: Ich habe die Mutter-Vater-Paarungen von Maultieren und Mauleseln in der ursprünglichen Fassung genau falsch herum dargestellt. Vielen Dank für den Hinweis im Kommentar!
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