
© Will Hawkes
Schwebfliegen haben Fernweh: Insektenwanderung mit Marathon-Qualitäten
Weit weg, am besten nach Süden, ist im Winter Urlaubswunsch vieler Menschen, aber auch Überlebensstrategie vieler Tiere. Für Schwebfliegen ist es jedoch nicht vorteilhaft, mit schlanker Strandfigur loszufliegen.

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Dem Winter „einfach davon zu schweben“ ist für viele Menschen eine reizvolle Vorstellung. Zugvögel teilen sie und auch Insekten. Schwebfliegen meistern die fliegerische Herausforderung mit namengebender Bravour – aber „einfach“ ist es für sie nicht.
Menschen können sich bequem (mehr oder weniger) in Linienflugzeuge setzen und sich etwa in einen warmen Winterurlaub fliegen lassen. Sie nutzen touristische Angebote wieder so viel, wie zu Zeiten vor der Pandemie. Hainschwebfliegen der Art Episyrphus balteatus fliegen selbst, ganz ohne fossilen Brennstoff, aber die, die es schaffen, schaffen es weit.
Im Sommer berichteten Forschende um Will Hawkes von der University of Exeter über den Gebirgspass Puerto de Bujaruelo in den Pyrenäen an der französisch-spanischen Grenze. Dort wandern im Herbst nach Schätzungen mehr als 17 Millionen Insekten durch eine 30 Meter breite Lücke zwischen zwei Gipfeln – auf dem Weg in südlich gelegene Überwinterungsgebiete.

© Will Hawkes
Unter ihnen sind viele Hainschwebfliegen, die sich anders als viele ihrer Artgenossen im Herbst auf den Weg machen.
Um herauszufinden, was die Wanderlustigen unter den Schwebfliegen auszeichnet, hat ein Team um Hawkes nun einige von ihnen an die Leine genommen. Mithilfe eines Bands, an dem die Fliegen fixiert wurden, konnten die Forschenden messen, wie schnell und wie weit sie flogen, bis man sie unversehrt wieder entließ, heißt es..
Zwar fliegen größere Fliegen etwas schneller als kleinere, aber ihr Flugtempo unterscheidet sich nicht von dem nicht-wandernder Artgenossen. „Für die Fliegen ist die Wanderung ein Marathon, kein Sprint“, sagt Co-Autor Richard Massy. „Wir wissen nicht, wie weit die Individuen wandern“, sagt Hawkes. Die Forschenden vermuten, dass Wanderungen über 1000 Kilometer Distanz durchaus üblich sind.
Offenbar sind Reserven dabei von Vorteil: Gut genährte Fliegen mit einem runden Hinterleib flogen fünfmal so weit wie dünne Artgenossen. Die gespeicherte Energie ist lebenswichtig, vermuten die Forschenden. Der zuletzt beobachtete Rückgang der wandernden Schwebfliegen könnte damit zusammenhängen, dass sie auf dem Weg nicht mehr genug Nahrung finden.
Für die Fliegen, die es bis in geeignete Überwinterungsgebiete in Spanien oder vielleicht noch weiter entfernt schaffen, verlängert sich die Lebensspanne bis in den nächsten Frühling. Erst die nächste Generation tritt den langen Rückflug an.
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