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Das Ria- Felsdach, ein 1600 Jahre alter Wohn- und Bestattungsplatz, wird durch einen etwa 20 Meter langen und 3 Meter auskragenden Felsüberhang gebildet.

© J. Moser, KAAK-DAI).

Archäologie auf den Salomonen: Stolz auf die eigene Geschichte

Das Deutsche Archäologische Institut hilft bei der archäologischen Erforschung der Salomonen und bildet aus

Es begann mit einer Erkundungsreise in die Südsee. Der Urgeschichtler Johannes Moser von der Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen (KAAK) des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) hatte sich nach Forschungen über einen Steinzeitkomplex in Südostasien 2010 aufgemacht, die Inselstaaten des Pazifik zu bereisen. Die Besiedlungsgeschichte der Erde ist zwar weitgehend erforscht, aber hier und da lohnt es sich vielleicht, Lücken zu schließen. Nach Besuchen in Neukaledonien, Vanuatu und Papua-Neuguinea kam Moser schließlich auf die Salomonen. „Damals gab es dort einen Archäologen und einen Techniker, heute sind es drei Archäologen. Die Salomonen sind reizvoll, denn sie liegen zwischen Südostasien, Australien und der übrigen pazifischen Inselwelt.“

Archäologie kann man auf den Salomonen nicht studieren. Wer das möchte, muss nach Papua-Neuguinea, Australien, Neuseeland oder Fidschi gehen. „Es gibt den großen Wunsch, Archäologie an der Universität von Honiara, der Hauptstadt des Landes, zu etablieren“, sagt Moser. Die Geschäftswelt auf den Inseln wird von Malaien und Chinesen dominiert, Waren des täglichen Bedarfs müssen importiert werden. Mit dem ersten Survey der deutschen Archäologen und ihren Entdeckungen seit 2011 wuchs das Bedürfnis nach Identität. Australien wurde 50 000 vor Christus besiedelt, der Bismarck-Archipel vor 40 000 Jahren, Bougainville vor 30 000 Jahren. Wann waren die Salomonen dran?

Die mangelnde Infrastruktur macht es nicht einfach, in das Innere des Landes vorzudringen. Also untersuchten die Archäologen die küstennahen Regionen der Insel Malaita, wo sie mehrere Felsdächer fanden, wo eine vorgeschichtliche menschliche Präsenz nachweisbar war. Auch fanden sie viele Abschlagplätze, wo Steingeräte hergestellt wurden. Es braucht den geschulten Blick des Urgeschichtlers, um diese Plätze als die „Werkstatt“ steinzeitlicher Gerätschaften zu erkennen, denn das vorhandene Material sieht auf den ersten Blick aus wie Schotter.

Archäo-ethnologische Studien. Befragung der lokalen Bevölkerung durch Projektmitarbeiterinnen.
Archäo-ethnologische Studien. Befragung der lokalen Bevölkerung durch Projektmitarbeiterinnen.

© J. Moser, KAAK-DAI

„Unser ältester Fundplatz auf Malaita ist auf etwa 8000 vor heute datiert, und ein Felsüberhang mit nachgewiesenen Bestattungen ist etwa 1600 Jahre alt. Vermutlich finden sich darunter noch menschliche Spuren, die 1000 bis 2000 Jahre weiter zurückgehen“, erzählt Moser. Er ist so etwas wie ein Pionier auf den Salomonen, denn außer dem DAI ist archäologisch niemand auf den Inseln tätig. Er sieht ein großes Potenzial auf den Inseln, gerade wegen ihrer strategischen Lage, die bei der Besiedlungsgeschichte des Westpazifiks sicherlich eine Rolle gespielt haben muss. Dass es Handel über diese riesigen Distanzen gegeben hat, ist bereits nachgewiesen. Das setzt wieder großes handwerkliches Können im Bootsbau und nautische Kenntnisse voraus.

„Um ihre Kanus abzudichten, haben die Ureinwohner aus einer Frucht eine Art Superkleber raffiniert, der steinhart wird, Mit dieser Masse wurden vor wenigen Jahren noch urgeschichtliche Steinbeile, die man auf den Feldern findet, neu geschäftet“, erzählt Moser.

Hilfreich sei die großartige orale Tradition der Inselbewohner. Geschichten dürfen nicht ausgeschmückt werden, der Sinn muss erhalten bleiben, da es keine Schriftkultur gab. „Das gesprochene Wort ist extrem wichtig. ,Das Wort, das du sagst, das gilt’“, erzählt Moser. Und so kann man aus den Erzählungen viel lernen. Man habe ihm versichert, dass seit 13 Generationen – so weit geht die orale Tradition zurück – niemand Steinbeile produziert habe.

Urgeschichtliches Steinbeil mit 400 Jahre altem Schaft.
Urgeschichtliches Steinbeil mit 400 Jahre altem Schaft.

© Johannes Moser / DAI KAAK

Also müssen sie bedeutend älter sein. Und diese Beile erfüllen die Inselbewohner mit Stolz, denn sie sind „Made in the Solomons“. So soll auch eine erste archäologische Ausstellung im nächsten Jahr heißen, für die das Nationalmuseum der Salomonen beim Auswärtigen Amt einen Förderantrag gestellt hat. Der Chef der Archäologen und stellvertretende Direktor des Nationalmuseums Lawrence Kiko will mit dieser Ausstellung zehn Jahre Zusammenarbeit feiern und der eigenen Bevölkerung zeigen, dass man auf den Salomonen lange vor chinesischen Billigimporten eigene Artefakte von Wert hergestellt hat. Ausgestellt werden unter anderem Steinbeile, Schmuck und ein schönes Kanu.

Das Nationalmuseum braucht dringend Hilfe, denn die organischen Funde aus Bast leiden unter dem Klima. So ist auch die Digitalisierung und Restaurierung der Objekte des Nationalmuseums geplant. Lawrence Kiko hat sich gerade auf einer zweiwöchigen Reise durch Deutschland in Museen und beim DAI in Berlin informiert. „Wichtig ist es, dass wir gemeinsam die Geschichte der Salomonen ergründen“, sagt Moser, „und zwar langfristig.“

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