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ARCHIV - 30.09.2022, Berlin: Blick auf das sanierte Bettenhaus der Charite auf dem Campus Berlin-Mitte. (zu dpa «Kliniken mit hohen Personalausfällen sagen Operationen ab») Foto: Monika Skolimowska/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa / Monika Skolimowska

Schock an der Berliner Charité: Forschende ziehen Studie zu Evolution von Omikron zurück

Einer Charité-Studie zufolge war die Virus-Variante schrittweise in Ländern Afrikas entstanden. Die Forscher selbst melden jetzt „begründete Zweifel“ an.

Die Arbeit ließ die Fachwelt staunen: Über 80 Forschende hatten unter der Leitung von Jan Felix Drexler von der Charité in Berlin die Entstehung von der Corona-Variante Omikron in Afrika rekonstruiert. Das überraschende Ergebnis: Omikron und seine Vorläufer seien schrittweise in mehreren Ländern entstanden und hätten sich bereits Monate vor der Entdeckung ausgebreitet. Auch der Tagesspiegel berichtete über die Arbeit. Nun aber haben die Autoren die Studie keine drei Wochen nach der Veröffentlichung im prestigeträchtigen Fachjournal „Science“ zurückgezogen.

„Nach neuesten Erkenntnissen sind Teile der in der Studie gemachten Aussagen wegen Verunreinigungen in Untersuchungsproben nicht mehr ohne begründete Zweifel belegbar“, teilte die Charité am Dienstag mit. Am Institut für Virologie an der Charité ist man „schockiert“ von dem Vorgang, erfuhr der Tagesspiegel; der Rückzug einer Science-Veröffentlichung ist eine ungewöhnliche wissenschaftliche Schlappe. Der Leiter des Instituts, der Virologe Christian Drosten, gehört auch zu den Autoren der Studie, federführend war bei der Arbeit aber Jan Felix Drexler, der Drostens Beitrag zu der Arbeit als „nur gering“ bezeichnet.

Bereits kurz nach Veröffentlichung hatten andere Wissenschaftler Zweifel an den Genomsequenzen erhoben. Unter anderem hatte sich der ausgewiesene Fachmann für Virusmutationen, Richard Neher (Universität Basel), skeptisch dazu geäußert. „Ich bin nicht überzeugt“, schrieb er auf Twitter. Bestimmte Daten der Forscher stützten nicht ihre These der schrittweisen Entwicklung.

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In einer daraufhin erfolgten Nachanalyse von Restproben sind laut Mitteilung der Charité Verunreinigungen festgestellt worden. „Die weiter bestehende Aussage der Publikation, dass Viren mit Omikron-Sequenzmerkmalen bereits vor dem offiziellen Nachweis in Südafrika existierten, beruht auf übereinstimmenden PCR-Nachweisen aus Laboren aus verschiedenen afrikanischen Ländern“, schreibt die Charité. Allerdings könnten die einzelnen Virus-Evolutionsstufen durch die aufgetretenen Verunreinigungen nicht mehr zweifelsfrei rekonstruiert werden.

Für die „Science“-Studie untersuchten Dutzende Forschende nach eigenen Angaben insgesamt 13.000 Proben aus 22 Ländern Afrikas. Da die hohe Zahl an nachzuprüfenden Proben eine zeitnahe Korrektur unmöglich mache, sei die gesamte Publikation jetzt zurückgezogen worden, schreibt die Charité.

Omikron besitzt eine ungewöhnlich hohe Zahl von etwa 30 Aminosäure-Änderungen allein im wichtigen Spike-Protein. Die Vielzahl an Erbgutveränderungen brachte andere Experten zu der Annahme, die Variante habe sich womöglich in einem Menschen mit HIV oder einer anderen Form von Immunschwäche entwickelt. Eine weitere Hypothese geht davon aus, Omikron habe sich in Tieren entwickelt und sei dann wieder auf den Menschen übergesprungen. (mit dpa)

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