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Nicolas Berggruen: Sein Erbe

Er gilt als einer der erfolgreichsten Geschäftsmänner der Welt - und ist hierzulande dennoch wenig bekannt. Nun will er die insolvente Warenhauskette Karstadt kaufen. Wer ist Nicolas Berggruen?

Er wirkt gerne im Hintergrund, aber das äußerst erfolgreich. Schon 2004, als Berlin seinen damals 90-jährigen Vater Heinz Berggruen für dessen Verdienste als Kunstmäzen zum Ehrenbürger ernannte, hatte Nicolas Berggruen mit weltweiten Kapitalgeschäften ein Milliardenvermögen verdient. In Berlin war sein Name dennoch nur wenigen ein Begriff.

Erst nach dem Tode des Vaters 2007 trat der Sohn langsam in die Öffentlichkeit – vor allem durch sein Engagement für Schmuckstücke der Berliner Architekturgeschichte, die er reihenweise erwarb. Und durch seinen Einsatz für die Erweiterung des Berggruen-Museums in Charlottenburg. Seit Pfingsten ist Nicolas Berggruen nun durch sein Angebot, den Karstadt-Konzern zu übernehmen, in die Schlagzeilen geraten.

Der 49-jährige Junggeselle hat nie in Berlin gelebt. Er ist in Paris geboren und aufgewachsen, hat in den USA studiert und dort mit 25 seine erste Investmentfirma gegründet. Seither wohnt er in New York und London, pendelt rund um den Globus zwischen den Filialen seiner „Berggruen Holdings“ hin und her und versteht sich als „Weltbürger“.

Dennoch verbindet ihn mit Berlin eine besondere Zuneigung. Im Jahr 2005 hat Berggruen Junior an der Wilhelmstraße ein eigenes Büro eröffnet und seither für mehr als 225 Millionen Euro rund 60 gründerzeitliche Mietshäuser und Gewerbehöfe in Berlin und Potsdam gekauft. „Berlin ist für mich eine der faszinierendsten Städte der Welt, weil sie die Freiheit und Herausforderung der Gegenwart verkörpert“, sagt er.

Woher stammt diese Liebe zur deutschen Hauptstadt? Gewachsen ist sie durch die engen Bande des jungen „Global Players“ zu seiner Familie. Vater Heinz Berggruen wuchs in einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Berlin auf, bevor er 1936 vor den Nazis in die USA emigrieren musste und sich dort als Galerist, Kunsthändler und -sammler weltweit einen Namen machte. 60 Jahre später kehrte er nach Berlin zurück und überließ in einer „Geste der Versöhnung“ der Stadt für einen geringen Preis seine wertvolle Gemäldesammlung mit Werken von Picasso, Matisse und anderen Künstlern des 20. Jahrhunderts. Seit 1996 sind die Meisterwerke im „Berggruen-Museum“ im westlichen Stülerbau gegenüber dem Schloss Charlottenburg zu sehen.

Der Vater wurde 2007 auf dem Waldfriedhof Dahlem beerdigt. Das war ein Zeichen. Er hatte mit Berlin Frieden geschlossen und in den letzten Lebensjahren in der Heimat der Kindheit als Mäzen die intellektuelle, großbürgerliche Tradition der Familie fortgesetzt. Diesem Erbe fühlen sich Heinz Berggruens Kinder aus erster und zweiter Ehe, Nicolas, Olivier und Helen, sowie seine Witwe Bettina „eng verbunden“. Sie leben zwar allesamt in den Staaten, engagieren sich aber im Förderkreis des Museums – und Nicolas treibt zurzeit beharrlich die Erweiterung der Sammlung in einem Nachbarhaus voran. Mehr als 50 zusätzliche von seinem Vater erworbene Werke von Picasso, Matisse, Cézanne und Klee sollen Berlin als Dauerleihgabe vermacht werden und dort ihren Platz finden.

Er habe das „Kunst-Gen“ seines Vaters geerbt, sagt Nicolas Berggruen. Er selbst sammelt moderne Werke, beispielsweise von Andy Warhol oder Yves Klein. Deshalb war Berggruen Junior 2008/09 als Investor für das geplante Museum am Humboldthafen für Kunst des 21. Jahrhunderts im Gespräch – und selbst interessiert. Doch mit dem Senat konnte er sich nicht einigen.

Stattdessen habe Nicolas Berggruen in Berlin seit 2005 mit einem beispiellosen Einkauf historischer Immobilien sein „Interesse an Architektur dokumentiert“, wie sein Sprecher es ausdrückt. Auch mit dieser Anlagestrategie folge er „dem Vermächtnis“ seines Vaters, sagt Berggruen selbst – zumal sein Unternehmen bestrebt sei, „geschichtliches Ambiente durch originalgetreue Sanierung wieder erlebbar zu machen“. Eine sichere Bleibe will Berggruen in seinen Gebäuden auch kreativen Mietern wie Künstlern und Kunsthandwerkern bieten, er will die „typische Kreuzberger Mischung“ erhalten. So gehören zu Berggruens Portfolio neben zahlreichen denkmalgeschützten Mietshäusern die Kreuzberger Sarotti- Höfe, die ehemalige Weißbierbrauerei Willner in Pankow, die Schuckert-Höfe am Treptower Park oder das Café Moskau am Alexanderplatz, das er an die Betreiber des nahen E-Werks verpachtet hat. Und ein jüngstes Beispiel ist das Kreuzberger „Künstlerhaus Bethanien“. Nach den Querelen am Mariannenplatz zieht es im Juni um: in ein Gründerzeithaus der Berggruen Holdings GmbH an der Ecke Kottbusser-/Kohlfurter Straße.

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