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In Katar sitzen islamische Stiftungen, offenbar profitierte davon auch eine umstrittene Moschee in Berlin.

© imago/Panthermedia, imago/Wagner

Allianz für die Muslimbrüder: Katar kofinanziert bekannte Berliner Moschee

Recherchen von „Zeit“ und RBB zeigen, dass Islamisten aus Katar auch in Berlin über Einfluss verfügen. Im Zentrum steht demnach eine Neuköllner Moschee.

Islamisten aus Katar, dem Ort der kommenden Fußball-Weltmeisterschaft, unterstützen in Deutschland problematische Moscheen mit Geldern in Millionenhöhe. Das geht aus Recherchen von „Zeit“ und RBB hervor. Demnach stärkten die Kataris auch in Berlin ihren Einfluss, wo sie ein Zentrum in Wedding und die umstrittene Dar-as-Salam-Moschee mitfinanzierten.

Die Neuköllner Moschee gilt unter Gläubigen als Treff von Anhängern der Muslimbrüder, die weltweit eine der größten islamistischen Organisation ist. Einer ihrer bedeutendsten Gelehrten, Yusuf al-Qaradawi, sitzt in Doha.

Von einer Nähe der Moschee zu den Muslimbrüdern berichteten dem Tagesspiegel schon vor Jahren einzelne Besucher, der Träger bestätigte dies nicht.

Die Moschee in der Flughafenstraße wird von der „Neuköllner Begegnungsstätte“ (NBS) getragen – ein Verein, der unter Grünen, SPD und Linkspartei gut vernetzt ist. Der örtliche Imam Mohamed Taha Sabri trat öfter mit Landespolitikern auf, 2015 erhielt er den Landesverdienstorden.

Berlins CDU fordert die Politiker der rot-grün-roten Koalition nun zu „Zurückhaltung“ mit Blick auf die Moschee auf, wie es der Neuköllner Union-Kreischef Falko Liecke ausdrückte. Man erwarte vom Senat, sich zusammen mit dem Verfassungsschutz mit Katar-Verbündeten, den Muslimbrüdern und der NBS zu befassen.

Die heutige Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) habe 2019 Sabri umarmt, schreibt der RBB. Der Sender berichtet auch davon, den Imam 2017 gefragt zu haben, ob die NBS von Spenden aus dem Ausland profitiere. Sabri habe das verneint.

CDU-Mann Liecke sprach am Sonntag von „Naivität“ im rot-grün-roten Senat. „Es gab gute Gründe dafür, dass der Moscheeverein durch den Verfassungsschutz beobachtet wurde und vermutlich weiterhin wird“, sagte Liecke, der auch CDU-Landesvize und Neuköllner Sozialstadtrat ist. „Die von Sicherheitsbehörden gesehenen Verbindungen zum politischen Islam und der Einfluss auf eine große Zahl von Muslimen in ganz Berlin sind eine Gefahr.“ Offenbar seien Auslandsfinanzierungen vertuscht worden.

Auch an der Gedenkveranstaltung für die Opfer islamistischen Terrors am Breitscheidplatz nahmen Vertreter der Dar-as-Salam-Moschee teil – obwohl es unter anderem wegen des Israel-Hasses der Muslimbrüder viel Kritik daran gab.

Die Moschee gilt als Treffpunkt der Muslimbrüder

Die CDU veröffentlichte ein Foto, das Sabri dabei zeigt, wie er mit der Rabia-Geste posiert. Rabia bedeutet „vierte“ auf Arabisch, das Symbol wird deshalb häufig als „R4bia“ dargestellt. Entstanden ist der Gruß 2013 in Kairo, als Ägyptens Armee eine Kundgebung der Muslimbrüder auf dem Rabia-al-Adawiya-Platz auflöste.

Das Areal der Neuköllner Moschee gehörte früher einer Kirche. Wie die „Zeit“ berichtet, ist es 2007 vom „Verband Interkultureller Zentren e. V.“ (VIZ) für 550.000 Euro gekauft worden. Die katarische „Eid Charity“, die laut „Zeit“ als nahezu deckungsgleich mit der weltweit etablierten „Qatar Charity“ gilt, soll dem VIZ dafür 250.000 Euro zugedacht haben. Wie der RBB berichtet, erklärte Imam Sabri in einem Video von Qatar Charity auf Arabisch: „Diese Moschee wurde im Jahr 2007 Gott sei Dank mit der Hilfe und der Übernahme des Großteils der Kosten durch Menschen aus Katar gekauft.“

RBB und „Zeit“ baten Sabri um ein Gespräch, der Imam habe krankheitsbedingt abgesagt. Eine Sprecherin erklärte, über die Finanzen des VIZ wisse man nichts. Das VIZ beantwortete der „Zeit“ zufolge keine Fragen. Der Tagesspiegel erreichte in der Moschee am Sonntag niemanden.

Spenden aus dem Ausland sind nicht per se illegal

Illegal sind Spenden aus dem Ausland nicht per se. Dennoch interessieren sich deutsche Beamte für derlei Auslandsfinanzierungen. Im Falle potenzieller Sanktionen (wie die Russland betreffenden dieser Tage) muss klar sein, welche Macht wo in Deutschland investiert ist. Zudem geht es aus Gründen der Spionageabwehr darum, die Allianzen bestimmter Regime zu beobachten.

Im Fall der Doha-Neukölln-Verbindung warnen Kritiker zudem vor dem legalistischen Islamismus. Damit sind explizit nicht die Dschihadisten von Hizbollah über Al Kaida bis zum „Islamischen Staat“ gemeint, sondern jene größeren Organisationen, die sich mindestens im Exil weitgehend unauffällig verhalten.

Die Muslimbrüder entstanden vor fast 100 Jahren in Ägypten. Sie gibt es überall in der sunnitischen Welt, nur in einigen Regionen arbeiten sie militant. So ist aus der Bewegung die Hamas hervorgegangen, die den palästinensischen Gaza-Streifen terroristisch regiert, säkulare Araber schikaniert und Israel mit Raketen angreift.

Bestimmte Netzwerke der Muslimbrüder betrachten zudem den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan als Verbündeten. Die Türkei unterhält mit den Ditib-Moscheen und Auslandsbüros der Regierungsparteien AKP und MHP wirksame Vertretungen in Deutschland.

Wie berichtet beobachtet der Verfassungsschutz (VS) der Muslimbruderschaft zugerechnete Vereine in Deutschland. Auch die „Neuköllner Begegnungsstätte“ wurde in Berlins VS-Berichten erwähnt, bis sie 2018 einen Rechtsstreit gewann. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte dem VS untersagt, die NBS zu erwähnen, solange die Funktion des Vereins im Geflecht des Islamismus nicht klargestellt werde.

Der damalige Innensenator Andreas Geisel (SPD) sagte 2018, der Verfassungsschutz beobachte die Dar-as-Salam-Moschee weiter. Die NBS war presserechtlich auch schon gegen den Tagesspiegel vorgegangen.

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