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Sie sind mit dem Radl da. Kann auch nicht schaden, so riesig ist das Museum.

© Thilo Rückeis

Flughafenfest: Am BER fliegt keiner? Dafür aber in Gatow!

Seit Mitte der 90er ist der alte Flugplatz der Briten in Berlin stillgelegt - eigentlich. An diesem Wochenende aber landen im Spandauer Süden wieder alte Maschinen. Im größten Museums Berlins steht nämlich ein spezielles Fest an.

Flugzeuge, überall Flugzeuge. So viele Maschinen, wie heute auf dem ehemaligen Flugplatz Gatow parken, drängten sich hier nicht mal zur Zeit der Luftbrücke. Doch kaum einer kriegt’s mit.

Leonardo-da-Vinci-Straße, Ortsteil Kladow, tief im Süden Spandaus. Links ein Sportplatz, hinten Einfamilienhäuser, vorn die alten Landebahnen, auf denen langsam Gras wächst. Von der Leonardo-da-Vinci-Straße geht es direkt zum „Luftwaffenmuseum“ auf dem Flugplatz Gatow, der sich übrigens in Kladow befindet, aber das nur am Rande.

Diese geografische Feinheit ist eigentlich zu vernachlässigen, weil ja eh nicht so viele Menschen das Museum besuchen. Nur findet an diesem Wochenende halt das „Flugplatzfest Gatow 2013“ statt – dann irrt so mancher wieder etwas verwirrt durch den Süden Spandaus.

Der Flugplatz befindet sich seit den 30ern hier, das Museum seit 18 Jahren. Nur einmal im Jahr kommen Flugzeuge runter, weil von der Landebahn nur noch 830 Meter übrig sind – auf dem Rest sind Einfamilienhäuser und Schulen entstanden. Am Wochenende dürfen Oldtimer wie eine Antonov An-2, eine Dornier Do 27 und ein Tiger-Moth-Doppeldecker nur dank der sogenannten Außenlandegenehmigung den offiziell geschlossenen Flugplatz besuchen. Na dann: Kopf hoch, Nachbarn.

Nach dem Abzug der britischen Royal Air Force wurde das zuvor in Schleswig- Holstein beheimatete Luftwaffenmuseum nach Berlin verlegt und um DDR- Bestände ergänzt. „Seit 1995 sind wir ein Provisorium“ sagt Oberstleutnant Ralf-Gunter Leonhardt, der das Museum seit 2008 leitet und jetzt die Neustrukturierung vorbereitet. Vor 46 Jahren in Johannisthal geboren, wo sich der erste Flughafen Berlins befand, war ihm die angestrebte Pilotenkarriere aus Gesundheitsgründen versagt. „Wenn ich schon nicht fliegen konnte, wollte ich wenigstens Flugzeuge bauen dürfen“, sagt Leonhardt. Er wurde Luftfahrzeugingenieur und war im Einführungsmanagement des Eurofighter aktiv.

70 000 Besucher kommen hier raus an den Stadtrand

Ausflugshafen Gatow. Chef ist hier Museumsleiter Leonhardt, hier fotografiert in einem der vielen Hangar.
Ausflugshafen Gatow. Chef ist hier Museumsleiter Leonhardt, hier fotografiert in einem der vielen Hangar.

© Thilo Rückeis

Seit 2010 ist das Luftwaffenmuseum offiziell die Außenstelle des Militärhistorischen Museums in Dresden. Mit einer Hallenfläche von 8000 Quadratmetern und einem Gesamtareal von einer Million Quadratmeter ist es das flächenmäßig größte Museum Berlins. 87 Flugzeuge sind hier ausgestellt, vom Nachbau eines Lilienthal-Gleiters bis hin zur Mig 29. Mehr als 100 weitere Maschinen befinden sich als Leihgaben in andere Museen. Insgesamt umfasst der Bestand, vom Abzeichen bis zum Transportflugzeug, rund 600 000 Exponate.

Starfighter und Alpha Jet mit dem Balkenkreuz der Bundesluftwaffe parken auf dem Freigelände neben Migs, die das DDR-Emblem tragen. Auch einige Maschinen der amerikanischen, britischen und französischen Streitkräfte gehören zu den Exponaten der wohl größten Kollektion von Flugzeugen der Nato und des Warschauer Paktes aus der Zeit des Kalten Krieges. Im Hangar 3 und im Towergebäude werden Ausstellungen zur Geschichte der militärischen Luftfahrt in Deutschland von 1884 bis 1945 gezeigt. In Halle 7 wird die Entwicklung der beiden deutschen Luftwaffen vom Kriegsende bis zur Vereinigung dargestellt. Eine Sonderschau befasst sich mit Westalliierten Fliegern in deutscher Gefangenschaft während des Zweiten Weltkrieges.

„Wir sind in den Ausstellungen kritisch, die Besucher von den Inhalten meistens überrascht“, so Leonhardt. „Sie trauen den Militärs nicht zu, die deutsche Militärgeschichte so darzustellen.“ Der Weg zum Hangar 7 ist gesäumt mit Flugabwehrraketen, links aus der DDR und rechts aus der Bundesrepublik. Vor der Halle steht ein Marschflugkörper, der zur Zeit des Kalten Krieges mit Atomsprengkopf auch in der Bundesrepublik stationiert war. „Ein Museum, das sich mit der Militärgeschichte in Deutschland befasst, kann nicht kuschelig sein“, sagt Leonhardt. „Man muss die Gefahr der Waffen erkennen und darüber reden.“

Im Zuge der Neugestaltung soll die Geschichte der Royal Air Force in Gatow – während der Berlin-Blockade war der Flugplatz zusammen mit Tempelhof der wichtigste Endpunkt der Luftbrücke – noch stärker dargestellt werden. Und bald will man sich auch um militärischen Flugplatzfeuerwehren kümmern.

70 000 Besucher zählte das Museum im vergangenen Jahr. Es ist gar nicht so leicht, hier mit dem Bus hinzukommen, die nächste Haltestelle ist fast einen Kilometer entfernt. „Hier kommt kaum jemand zufällig her“, sagt Oberstleutnant Leonhardt. Zumindest an diesem Wochenende ist es mit der Ruhe vorbei.

Wo? Wann? Für wie viel? Der Service

Gefeiert wird in Gatow am 7. und 8. September jeweils von 10 bis 18 Uhr – zugleich der Tag der Reservisten der Bundeswehr. Einige Flugzeuge können auch von innen besichtigt werden. Es gibt eine Modellflugzeugausstellung, Vorführungen von Hilfsorganisationen wie der Freiwilligen Feuerwehr und dem Technischen Hilfswerk, ein Musikprogramm und vieles mehr. Das Luftwaffenmuseum Gatow ist sonst täglich, außer Montag, von 10 bis 18 Uhr zu besichtigen. Der Eintritt ist frei. Anfahrt über die Potsdamer Chaussee und Ritterfelddamm. Oder mit dem BVG-Bus der Linie 135 bis Seekorso/Kurpromenade.

Noch ein Extra: Im Oldtimer-BVG-Bus zum Fest

Zum Fest können Besucher auch in historischen Bussen fahren. Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Traditionsbus Berlin fahren mit ihren Oldtimern im Linienverkehr von den Haltestellen Spandau Wasserwerk, Spandau Friedhof und Spandau Rathaus als Linie 34E durch das gesamte Kasernengelände bis zum Festgelände. Aus- und Einsteigen ist auf dem Kasernengelände nicht erlaubt. Für die Fahrt gelten die normalen VBB-Fahrscheine. (mit kt)

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