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Die Baustelle der Bahn hinter dem Hauptbahnhof. Unter anderem findet hier der Neubau der S-Bahnstrecke S21 in Richtung Norden statt. Damit werden auch die S-Bahnhöfe Westhafen und Wedding an den Hauptbahnhof angeschlossen. Dafür werden drei Eisenbahnbrücken und ein 700 Meter langer Tunnel gebaut.

© Soeren Stache/dpa-Zentralbild/ZB

Update

Ausbaupläne im Berliner Nahverkehr: S-Bahn rollt erst 2026 von Westhafen zum Hauptbahnhof

S-Bahnkurve vom Westhafen zum Hauptbahnhof geht erst Ende 2026 in Betrieb. Das hat Folgen für die Siemensbahn - da sollen die Züge nämlich hin.

Fahrgäste sehen sie überall: die Bauarbeiter an der neuen S-Bahnstrecke zwischen Hauptbahnhof und dem S-Bahnring. Eine Kurve führt gen Osten (nach Wedding), eine gen Westen (nach Westhafen). Zumindest auf dem letzteren S-Bahnabschnitt können sich die Arbeiter aber Zeit lassen.

"Der S-Bahn-Linienbetrieb von Westhafen bis Hauptbahnhof soll im Dezember 2026 aufgenommen werden“, teilte die Bahn jetzt auf Anfrage des FDP-Abgeordneten Henner Schmidt mit. Diese Kurve geht also erst gemeinsam mit dem neuen, unterirdischen S-Bahnhof in Betrieb. Zuvor wird es unter der Invalidenstraße nur einen Interimsbahnsteig geben, der später zurückgebaut wird. Und von dort fahren die S-Bahnen erst einmal nur nach Wedding: "Der S-Bahn-Betrieb wird zwischen Ende 2020 und Ende 2026 mit verkürzter Zuglänge aufgenommen“, heißt es in der Übersicht. Wer aus Westen kommt, solle bis Wedding fahren und dann in die S-Bahn zum Hauptbahnhof steigen.

Dass erst 2026/2027 S-Bahnzüge von Westhafen hinab zum Hauptbahnhof rollen, könnte auch ein Signal für ein anderes S-Bahn-Großprojekt sein. Im Westen Berlins wird derzeit der Wiederaufbau der Siemensbahn geplant; diese liegt seit dem Streik 1980 brach.

Weil Siemens dort für 600 Millionen Euro seinen neuen Campus plant (und ab 2021 losbaggert), wird auch die alte Siemensbahn reaktiviert.

Diese S-Bahnlinie soll von Siemensstadt und Jungfernheide über den S-Bahnring zum Hauptbahnhof rollen - im Zehn-Minuten-Takt. Der Senat hatte die steile Zielvorgabe "2025" im Nahverkehrsplan vorgegeben - doch das ist kaum zu schaffen.

Der CDU-Chef von Siemensstadt, Matthias Brauner, hatte sich jüngst mit Berlins Bahnchef Alexander Kaczmarek getroffen – beim Bürgerabend in der Schnitzel-Kneipe „Stammhaus“.

Die Siemensbahn in Spandau.
Die Siemensbahn in Spandau.

© Tsp

Brauner sagte hinterher dem Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel: Die vom Senat erhoffte Eröffnung 2025 klinge "arg ambitioniert". Seine These: 1929 wurde die Siemensbahn in Betrieb genommen – eine Wiedereröffnung 100 Jahre danach könnte ein realistisches Datum sein. Ende 2019 sollen die ersten Prüfergebnisse vorliegen.

20 Minuten mit der neuen S-Bahn vom Hauptbahnhof bis Siemensstadt

CDU-Politiker Brauner sagt, dass die S-Bahn 20 Minuten von Siemensstadt bis zum Hauptbahnhof benötige. In Jungfernheide müsse eine neue Bahnsteigkante gebaut werden. Kniffelig wird auch der Umbau ab 2023 der Wissell-Autobahnbrücke, unter der die Siemensbahn verläuft. Das habe Kaczmarek beim Bürgerabend gesagt. Mit dem Flughafen-Express kann man ab 2025 vom Hauptbahnhof in einer halben Stunde zum BER fahren. Schnell zum Flughafen - das war auch eine der Siemens-Forderungen an den Senat, wenn man in Berlin-Spandau investieren werde.

Kniffelig wird der Aufbau der Siemensbahn. Kosten: noch unbekannt, aber mit ein paar neuen Gleisen und der Rodung des Gestrüpps ist es nicht getan.

Mehr als 10.000 neue Wohnungen am Ende der Siemensbahn

Dem S-Bahnhof Gartenfeld zum Beispiel droht der Abriss. Die Züge endeten dort bis 1980. Der alte Bahnhof (Foto) war lange eine Gärtnerei und auch so ziemlich bekannt, weil man dort von Spandau aus zum Flughafen TXL immer vorbeifuhr. Zuletzt verwilderte der S-Bahnhof aber – und jetzt droht der Abriss. Im Spandau-Newsletter 11/2018 hatten wir es so beschrieben: Wenn die S-Bahn von Gartenfeld zu den neuen Wohngebieten mit 10.000 Wohnungen auf der Insel Gartenfeld bis in die Wasserstadt Spandau verlängert wird (es geht um grob 2000 Meter S-Bahnstrecke), dann ist das nur unterirdisch erlaubt - und nicht ebenerdig mittenmang durchs Neubauviertel.

Oben die ICE-Brücke, unten die S-Bahn.
Oben die ICE-Brücke, unten die S-Bahn.

© ZB

Entsteht der Endbahnhof in 18 Metern Tiefe?

Die S-Bahnstrecke müsste also in die Tiefe, um den Saatwinkler Damm und den Kanal zu unterqueren. Bahnchef Alexander Kaczmarek nannte neulich in der „Berliner Zeitung“ erstmals eine Zahl: Der vorläufige Endpunkt am S-Bahnhof Gartenfeld müsste demnach in einem 18 (!) Meter tiefen Tunnel liegen. Oder auf einem 7 Meter hohen (!) Damm, wenn die S-Bahnstrecke nicht in die Wasserstadt, sondern zum TXL-Campus verlängert wird. Diese TXL-Strecke könnte oberirdisch durch den Wald führen und den Saatwinkler Damm auf einer Brücke überqueren. So oder so: Der S-Bahnhof Gartenfeld wird nicht wieder zuerkennen sein.

Wann und ob überhaupt weitergebaut wird in die Wasserstadt Spandau? Bahnchef Kaczmarek hat es jetzt im Gespräch mit dem Tagesspiegel so formuliert: "Das überlassen wir mal der nächsten Generation."

Worüber bisher nicht groß gesprochen wurde, ist der Lärmschutz für Anwohner. „Im Moment ist die S-Bahnstrecke bewaldet, sie liegt idyllisch brach. Aber wie laut wird es, wenn dort regelmäßig S-Bahnzüge fahren? Und wie laut wird es für Anwohner, wenn dort jahrelang gebaut wird?“, fragt der CDU-Politiker Brauner im Gespräch mit dem Spandau-Newsletter.

Anwohner der Siemensbahn haben dicke Fenster wegen des TXL

Im Kiez hätten viele Häuser zwar durch den Flughafen TXL dicke Fenster. Aber was plant die Bahn, wenn dort Züge an den neuen Häusern vorbeifahren: Entstehen lange Lärmschutzwände wie in den 90ern in Staaken? Die würden Siemensstadt optisch in zwei Teile zerschneiden. „Auch möchte ich wissen, was passiert, wenn die drei alten S-Bahnbrücken abgerissen werden: Kommen dann Anwohner jahrelang trotzdem von Nord nach Süd zur U-Bahn?“ Für viele Fragen ist es noch zu früh. "Aber", sagt Brauner nach dem Gespräch mit Kaczmarek, "die Bahn versichert, dass die Kurven geschmiert werden, damit es nicht so laut wird."

Die Großbaustelle Siemensstadt verursacht im Senat (der plant da alles) offenbar in den eigenen Reihen eine gewisse Unruhe. „Die Planungen für den Siemens-Campus könnten nur realisiert werden, wenn den zuständigen Verwaltungen die erforderlichen personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden“, gab Kulturstaatssekretär Torsten Wöhlert jetzt in interner Runde zu bedenken - darüber hatte neulich der "Tagesspiegel Checkpoint" berichtet. Warum sich jemand aus der Kulturverwaltung sorgt, wenn Siemens doch kein Theater macht? Das historische Siemensgelände ist ein Fall für die Oberste Denkmalschutzbehörde und das Landesdenkmalamt. Und die gehören in Berlin nun mal zur Kultur.

Lesen Sie mehr zum Siemens-Campus

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- Das große Interview zum Nahverkehr in Spandau: "Wir müssen den Siemens-Campus, die Insel Gartenfeld und die Wasserstadt zusammendenken – und die Siemensbahn ist das verbindende Element", sagte Stadtrat Frank Bewig, CDU, im Interview mit dem Spandau-Newsletter. "Dort werden 15.000 Wohnungen, 10.000 davon durch öffentliche Wohnungsbaugesellschaften oder mit einer Mietpreisbindung gebaut. Insgesamt werden viele bezahlbare Wohnungen entstehen. Heißt: Da leben bald zusätzlich 30.000 Menschen, und die müssen irgendwie in die Stadt kommen … und vergessen Sie nicht die, die dort schon wohnen! Die können wir nicht alle zur nächsten BVG-Bushaltestelle schicken."

- TXL-Campus, Siemens-Campus, Charité-Campus: "Spandau ist der neue Hotspot für Bildung und Wissenschaft." Nicht lachen! Die steilen Pläne, die überraschende Klinik-Ideen - hier im Spandau-Newsletter.

- Siemensbahn verlängern zum TXL - und damit zum neuen Hertha-Stadion? Hier der Tagesspiegel-Text.

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