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Stau in Berlin.

© IMAGO/Jürgen Ritter

Pendler-Frust in Nord-Berlin: Baustellenchaos macht Pankow zum Nadelöhr für Auto, Tram und S-Bahn

ÖPNV- und Autonutzer leiden in Pankow unter vielen Parallel-Baustellen. Das engste Nadelöhr ist die Brücke in der Wollankstraße. Die Durchfahrt wird nun für lange Zeit unmöglich – das ist der Plan.

Von Christian Hönicke

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Pendlerfrust im Berliner Norden: Wer sich derzeit durch Pankow, dem größten Bezirk der Stadt, bewegt, braucht starke Nerven. Denn wichtige Straßen sowie ÖPNV-Linien sind von Baustellen betroffen und teilweise oder ganz gesperrt. Hauptstaupunkt ist aktuell die Wollankstraße als wichtige Verbindung zwischen den Bezirken Pankow, Mitte und Reinickendorf. Und hier wird es bald noch heftiger.

Wegen des Neubaus der Bahnbrücke über die Wollankstraße ist sie seit Ende September nur einspurig befahrbar. Das war zwar schon länger bekannt – doch die befürchteten Staus sind nun eingetreten. „Es dauert zuweilen von der Kreuzung Grabbeallee/Wollankstraße zur S-Bahn-Brücke eine halbe Stunde“, berichtet ein Anwohner.

Und in wenigen Tagen wird die Brückendurchfahrt bis einschließlich Weihnachten sogar komplett gesperrt. Das hat die Bahn nun mitgeteilt.

Auch an anderen Stellen wird gebaut

Parallel dazu sind weitere wichtige Trassen in Pankow beeinträchtigt - Autofahrer und ÖPNV-Nutzer leiden gleichermaßen. „Wir haben derzeit Ersatzverkehre überall in unserem Bezirk zu erdulden“, kritisierte die SPD-Verordnete Katja Ahrens am Mittwoch auf der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Sie bemängelte die fehlende Koordination und listete die betroffenen Linien auf: M13, M1, M50, Bus 155, Bus 250, Bus 255, Bus 353, Bus 156, Bus 158, Bus 259, N50, N58, S2, S8 und S85.

Auf dem Straßenzug Wisbyer Straße/Bornholmer Straße/Osloer Straße/Seestraße zwischen Prenzlauer Berg und Wedding wird seit Anfang Oktober die Tramlinie M13 erneuert. Straßenbahnen fahren nicht - zum Einsatz kommen Busse, die sich trotz partiell ausgewiesener Busstreifen mit den Autos in den Stau stellen. Ein besonders enges Nadelöhr ist dabei die schmale Bösebrücke über die Bezirksgrenze.

Auch die beiden nördlichen Äste der Tramlinie M1 sind ab Pankow Kirche seit Oktober und noch bis 25. November unterbrochen. Immerhin ist die mehrwöchige Sperrung des S-Bahn-Rings und der Nord-Süd-Trasse zumindest vorerst überstanden.

Pankows Stadträtin weist Schuld von sich

Doch besonders die Baustelle an der Wollankstraße „ist ein klares Ärgernis im Bezirk und wird uns noch lange erhalten bleiben“, räumte die Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) ein. Der bis 2028 geplante Abriss und Neubau der Brücke sei aber eine „notwendige Maßnahme“.

So soll die neue Bahnbrücke über die Wollankstraße aussehen.

© Deutsche Bahn

Die Kritik an der ungenügenden Koordination mit den anderen Baustellen wies die Stadträtin zurück. Der Bezirk wolle sich nicht „verstecken“, sondern es gebe eine klare Zuständigkeit. Die liege beim Thema ÖPNV „ausschließlich“ bei der Senatsverkehrsverwaltung. Der Bezirk habe keinen wesentlichen Einfluss auf die Baustellen oder die Abstimmungen und dazu auch keinerlei Weisungsbefugnisse. Auch für die Anordnung und Koordinierung der Baustelle auf der Wollankstraße sei die Senatsverkehrsverwaltung zuständig.

Der Anwohner Christian Lange berichtete am Mittwoch über „gefährlichen Durchgangsverkehr“ rund um die Wollankstraße: „Der motorisierte Durchgangsverkehr in beiden Richtungen hat seitdem massiv zugenommen.“

Vollsperrung wird ab 26. November eingerichtet

In wenigen Tagen wird es wohl noch schlimmer: Ab dem 26. November bis zum 26. Dezember soll die Brückenunterführung sogar voll gesperrt werden, teilt die Bahn mit. Anlass seien die „Gründungsarbeiten der Hilfsbrücken“.

Laut einer Bahnsprecherin sind weitere Vollsperrungen der Wollankstraße geplant, unter anderem im März 2025. Dazwischen ist die Straße nur „eingeschränkt befahrbar“ - also einspurig.

Auch S-Bahn-Fahrgäste sind noch mehrfach von der Riesenbaustelle betroffen. Vom 29. November bis 2. Dezember wird das stadtauswärts führende S-Bahngleis gesperrt. Der Halt im S-Bahnhof Wollankstraße stadtauswärts wird ab März 2025 bis August 2028 komplett „ausgesetzt“ – Richtung Norden halten also mehr als drei Jahre lang keine Bahnen mehr. Die Bahn verspricht immerhin, „den S-Bahn-Takt stadteinwärts während der gesamten Baumaßnahme weitestgehend aufrechtzuerhalten“.

Lärmschutzmaßnahmen für Anwohner

Dazu ist ein neuer Eingang am Bahnhof Wollankstraße in Richtung Pankow geplant. Die Arbeiten daran beginnen laut der Bahn „voraussichtlich Ende November 2025“.

Als langfristige Verbesserung für die Anwohner sollen neue Lärmschutzwände entlang der Trasse auf der S- und Fernbahnseite gebaut werden. Zudem soll es „Schallschutzfenster und Lüfter an ausgewählten Standorten“ geben.

Doch vorher wird es jahrelang richtig laut. Vor allem in der Wollank- und Schulzestraße muss man sich laut der Deutschen Bahn auf „Schall- und Erschütterungsimmissionen“ auch nachts einstellen. Eventuell müssen Anwohner während unvermeidlichen Nachtbauarbeiten sogar umziehen – die Bahn will dafür jedenfalls „Ersatzschlafraum bereitstellen“. Nach Anwohner-Angaben sind dafür bereits Hotels ausgewählt worden.

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