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Gastgeber mit Maskottchen. Kai Wegner zeigt sich besorgt, ob die Kostüme nicht zu warm sind.

© imago/Stefan Zeitz/IMAGO/Stefan Zeitz Photography

Berliner Hoffest rund ums Rote Rathaus: Als Kai Wegner fast nicht mehr zu seiner eigenen Party kam

Auf Einladung des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner sind viele Prominente zum legendären Hoffest gekommen. Mit dabei waren auch 100 Unternehmen, darunter die Berliner Meisterköche.

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Berlin hat ein paar Geheimnisse, und die treten beim Hoffest des Regierenden Bürgermeisters offen zutage. Es ist also gut, dass die notorischen Lästerzungen aus anderen Bundesländern eher nicht zu den mehr als 4000 Gästen zählen, die an einem heißen Dienstagabend rund ums Rote Rathaus ihre Stadt feiern.

Die Pointen über das dysfunktionale Berlin würden vor ihren Augen zerfallen. Rhetorisch strahlt über allem die nach 26 Jahren endlich auf den Weg gebrachte Verwaltungsreform, die in keiner sommerlichen Rede von Kai Wegner fehlen darf: „Jetzt ist das Fundament gelegt, dass Berlin funktioniert. Die Reform wird über Generationen wirken.“

Ratespiel bei der Lotto-Stiftung

Beim Rundgang könnte man zu dem Schluss kommen, dass Berlin trotz allem auch jetzt schon einigermaßen läuft. Etwa 100 Unternehmen präsentieren an teils fantasievoll gestalteten Ständen, was sie draufhaben. Bei der Lotto-Stiftung darf man raten, wie viele Projekte jährlich gefördert werden.

Gerade in Zeiten großer Haushaltslöcher funktioniert die Stiftung auch als Powerbank für darbende Initiativen, und Vorständin Marion Bleß hat sich für den Andrang gut gewappnet. Nebenan wartet ein olympisches Dorf auf engagierte Sportfans.

Engagiert für Berlin. Klaus Wowereit (l) und Franziska Giffey haben das Motto des diesjährigen Hoffestes schon früh praktiziert.

© dpa/Jens Kalaene

Wegners heftiger Appell, dass Berlin bei einer Bewerbung auf keinen Fall hinter München auf Platz 2 landen dürfe, bringt die Bayern-Stadt überhaupt erst auf den Schirm vieler Gäste. Wer würde an einem wunderbaren Sommerabend unterm Fernsehturm, umgeben von den Köstlichkeiten der Berliner Meisterköche, trotz Präsenz des Hofbräuhauses, schon aktiv das Wort „München“ denken?

Zwischen Bulgur-Paprikás mit Meeresfrüchten von „Tante Fichte“, Schneekrabbe im Brioche mit Kaviar vom „Bricole“ und Erbsenkrabben auf Minzjoghurt mit Fenchel und Wildkräutersalat von Frühstück 3000, sowie den guten Getränken von Weinmichel und dem Duty-Free-Shop des BER kommt wirklich keinerlei Fernweh auf. Bei der Gasag kann man sich sogar das eigene Porträt als Eierkuchen backen lassen.

Es ist aber vor allem der Spirit der Stadt, der hier aufleuchtet. Groß wirkt er in Farbe, wenn die wunderbar kostümierten Mitglieder des Jungen Ensembles vom Friedrichstadt-Palast in einem hoch gehaltenen Bühnenrahmen posieren, aber auch bei zufälligen Begegnungen.

Da erzählt der alte Bekannte, der das Bundestagsmandat superknapp verpasst hat, vom neuen Job und breitet engagiert sein Fachwissen über Früchte aus. Gleich nebenan berichtet das Team der Berliner Wasserbetriebe von einer Studie, nach der Magermilch und Cola Light sogar noch besser gegen Dehydrierung wirken als ihr gutes altes Wasser.

Flying Steps und „Jesus Christ Superstar“

Aber das fließt nun mal kostengünstig aus dem Hahn und ist umweltfreundlich. Es gibt viel zu lernen. Viele Großstädter, die jederzeit ins Theater gehen könnten, verschieben das ständig. Hier bekommen sie eine ordentliche Dosis Appetit verpasst. „Bei mir biste scheen“, erklingt es anfangs von der Hauptbühne beim Auftritt der JazzCombo der Deutschen Oper.

Später zeigt das Ensemble des Circus Sonnenstich gut gelaunte Artistik, die Flying Steps beeindrucken mit kraftvollem Breakdance, der „Wintergarten“ folgt mit seiner urkomischen Reinigungskraft, und die Komische Oper schürt mit dem Seventies-Sound aus „Jesus Christ Superstar“ schon mal Vorfreude auf die Premiere im September.

4000
Gäste genossen eine heiße Sommernacht.

Zwischendrin Gespräche mit vielen Protagonisten der Stadthistorie. Es sind ja nicht nur aktuelle Senatoren dabei, sondern auch die früherer Regierungen. Und Wegner kann gleich fünf Vorgänger begrüßen, Eberhard Diepgen, Walter Momper, Klaus Wowereit, Michael Müller und Franziska Giffey.

Letztere trägt ein hellgelb glänzendes Kleid mit fliederfarbenen Blumen und dazu farblich passend Schuhe und Handtasche, während Müller im frisch gestärkten, offenen hellblauen Hemd parliert und Wowereit entspannt seine Golf-Bräune zur Schau trägt. Auch zwei Bundesminister, Karin Prien und Patrick Schnieder, sowie Entertainment-Unternehmer Peter Schwenkow, Israels Botschafter Ron Prosor und Schauspieler Didi Hallervorden ziehen ihre Runden.

Für den Regierenden Bürgermeister wäre nachts um 1 Uhr fast Schluss gewesen – nach einer kleinen Tanzpause wäre er beinahe nicht zurück auf seine eigene Party gekommen; der Türsteher hatte ihn nicht erkannt. Dass Gastgeber vorübergehend an ihren eigenen Sicherheitsleuten scheitern, passierte kurz nach dem Regierungsumzug, also in den Anfängen der Verwaltungsreformpläne, öfter. Insofern beschert Kai Wegners einschlägiges Erlebnis, aus dem seine Sicherheitsleute ihm heraushelfen, durchaus nostalgische Stimmung.

Die wird erst richtig angeheizt im nun „Disco“ genannten legendären Pop-up-Club im Rathauskeller, wo schon gegen 23 Uhr die Tanzfläche gefüllt ist und es bis zum frühen Morgen bleibt. „Let’s Get Loud“: Das können wir in Berlin.

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