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Fast überall wird es teurer, am teuersten bei der AOK Nordost.

© Imago/ENTERS

AOK Nordost mit bundesweit größtem Preissprung: Zusatzbeitrag steigt auf rekordträchtige 2,7 Prozent

Viele Kassen erhöhen 2024 ihre Beiträge: am stärksten die AOK Nordost, die Menschen in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern versichert. Schuld seien Politik und die Armen.

Die AOK Nordost erhöht ihre Preise im kommenden Jahr stärker als jede andere gesetzliche Krankenkasse. Der Zusatzbeitrag wird um 0,8 Prozentpunkte auf insgesamt 2,7 Prozent steigen. Hinzu kommt der allgemeine Beitragssatz von 14,6 Prozent. Das hat die Krankenkasse am Donnerstag mitgeteilt. Die AOK Nordost ist damit die mit Abstand teuerste aller Kassen.

Auch einige Mitbewerber haben ihre Beitragssätze drastisch erhöht. Die Barmer Krankenkasse mit mehr als acht Millionen Versicherten wird den Zusatzbeitrag 2024 um 0,69 Prozentpunkte auf 2,19 Prozent anheben, die AOK Rheinland-Hamburg auf 2,2 Prozent.

Aber nicht alle Versicherer machen mit: Die Techniker Krankenkasse beharrt auf einem Niveau von 1,2 Prozent, ebenso die DAK Gesundheit mit einem Zusatzbeitrag von 1,7 Prozent.

Den allgemeinen Beitragssatz teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmerin, er geht vom Bruttolohn ab. Weil den Kassen dieses Geld nicht ausreicht, verlangen sie einen Zusatzbeitrag, den Arbeitgeber und Arbeitnehmerin ebenfalls zur Hälfte bezahlen. Die Kassen können den Zusatzbeitrag individuell festlegen.

Politische Fehlplanungen sollen schuld sein

Für die steigenden Preise ihrer Kasse macht Daniela Teichert, Chefin der AOK Nordost, politische Fehlplanungen verantwortlich. „Hohe Ausgaben für die Gesundheitsversorgung, Entnahme von Finanzreserven und die fehlende Verlässlichkeit der Politik zwingen uns zu diesem Schritt“, sagte sie. „Rund 187 Millionen Euro an Finanzreserven, die Gelder unserer Mitglieder, hat uns der Gesetzgeber seit 2021 entzogen. Die Einnahmen stagnieren, während die Ausgaben weiter explodieren.“

Daniela Teichert ist Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost.
Daniela Teichert ist Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost.

© Andrea Katheder/AOK Nordost

Hinzu kämen höhere Löhne für ärztliches und pflegerisches Personal und gestiegene Kosten für Medikamente. Klinikpersonal und Arzneien bezahlen die Krankenkassen mit fixen Fallpauschalen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) weiß um die Sorgen der Kassen, er hob deshalb den durchschnittlichen Zusatzbeitrag um 0,1 Prozentpunkte auf 1,7 Prozent an und folgte damit den Empfehlungen eines Schätzerkreises. Die AOK Nordost liegt nun einen Prozentpunkt darüber, im Gegensatz zu vielen AOK-Schwesterkassen, die vor allem im Westen ihre Preise stabil halten.

AOK Nordost versicherte viele arme Menschen

Der vergleichsweise große Preissprung hänge mit der Versichertenstruktur der AOK Nordost zusammen, sagte Teichert. In Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern lebten viele, die Erwerbsminderungsrente oder Bürgergeld bezögen, und zudem mehr Pflegebedürftige als anderswo. „So weist die AOK Nordost bei den Pflegebedürftigen einen Anteil von knapp 13 Prozent auf. Der GKV-Schnitt liegt aber bei rund 6,5 Prozent.“

Teichert weist außerdem auf eine Reform des sogenannten Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (Morbi-RSA) hin. Weil in manchen Gegenden mehr Kranke wohnen als andernorts, zahlen alle Kassen in einen Geldtopf ein und erhalten je nach Versichertenstruktur einen entsprechenden Betrag X zurück. Das soll einen fairen Wettbewerb garantieren. Doch laut Teichert benachteiligt das System seit der Reform Kassen mit vielen Kranken.

So weist die AOK Nordost bei den Pflegebedürftigen einen Anteil von knapp 13 Prozent auf. Der GKV-Schnitt liegt aber bei rund 6,5 Prozent.

Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost

Darüber hinaus erhielten die Kassen nicht den versprochenen finanziellen Ausgleich für Bürgergeld-Beziehende, dieses Ziel hatte sich die Ampelregierung in ihren Koalitionsvertrag geschrieben. Der AOK fehlten aus diesem Grund 58 Millionen Euro für das Jahr 2023.

Ein Sprecher der AOK Nordost sagte, nun könnte eine Spirale in Gang gesetzt werden: „Leute, die viel Geld verdienen, die gesund sind, die also einen guten Beitrag zahlen und wenig kosten, die könnten jetzt zu einer anderen Kasse wechseln.“ Dann hätte die AOK Nordost prozentual noch mehr Menschen, die arm und krank sind.

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